Heute geht es mit unserer Kräuterfrau Monika Wurft, Schwarzwald- Guide und Kräuterpädagogin aus Schiltach, um die Brennnessel und ihre besonderen Früchte. Und ihr könnt wieder ihr Wildkräuterbuch gewinnen! Siehe weiter unten.
Ab dem zeitigen Frühling preisen sich die zarten Triebspitzen der Brennnessel zur Ernte an. Die Liebe zu ihr entwickelt sich bei den meisten allerdings erst auf den zweiten Blick, denn sie weiß sich zu wehren! Wenn ihr sie richtig anzupacken wisst, ohne euch die Finger zu „verbrennen“, werdet ihr sie schätzen, denn ihre Blätter und Triebspitzen könnt ihr wunderbar zu Brennnesselspinat, Suppen, Pfannkuchen, Omelettes, einer Wildkräuter-Pizza oder einer Quiche verarbeiten. Zum jetzigen Zeitpunkt lege ich euch allerdings die Früchte der Brennnessel ans Herz, sie sind lecker und gesund und jetzt ist Erntezeit!
Die Brennnessel wehrt sich
Doch zunächst schauen wir uns Urtica dioica – die Große Brennnessel, aus der Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae), genauer an. Wenn sie im Februar bis März aus dem Boden lugt, ist sie meist rötlich überlaufen und wirkt erstaunlich zart. Im Laufe ihrer Vegetationsperiode entwickelt sie allerdings markante, kantige Stängel mit spitzen, dunkelgrünen, grob gezähnten Blättern und wird im Laufe des Sommers je nach Standort bis zu 150 Zentimeter hoch.
Ihre „Brenntechnik“ setzt sie erfolgreich als Fraßschutz ein. Verantwortlich sind die langen spitzen Brennhaare an Stängeln und Blättern. Diese sind hart und spröde wie Glas und brechen schon bei leichtem Berühren ab. So entsteht an der Spitze eine scharfe Bruchstelle, die die Haut anritzt. Das darin enthaltene „Nesselgift“, eine Mischung aus Histamin und Ameisensäure, führt zu den juckenden und brennenden Quaddeln und schreckt Freßfeinde wie Reh und Hase nachhaltig ab. Wichtiger Tipp: Bei „Verbrennung“ durch die Nesseln hilft der Saft des Spitzwegerichs. Einfach ein sauberes Blatt zwischen den Fingern zerreiben und den austretenden Saft auf die Quaddeln tupfen.
Superfood aus dem Garten der Natur, lecker und total gesund!
Brennnesseln enthalten zehnmal so viel Vitamin C wie Kopfsalat, außerdem Vitamin A, B2, B5, E und K, zahlreiche Mineralstoffe, Spurenelemente, Flavonoide, Kieselsäure und Gerbstoffe. Wir haben es hier mit einer alten und hochgeschätzten Heilpflanze zu tun und tun gut daran, sie für unsere Gesundheit zu nutzen. Durch ihre Vielfalt an Inhaltstoffen ist sie in der Lage, den gesamten Stoffwechsel anzuregen und das Immunsystem zu stärken. Sie wirkt darüber hinaus entzündungshemmend, harntreibend, blutbildend, schmerzlindernd und wird bei rheumatischen Beschwerden, Arthrose, Hauterkrankungen und Harnwegsinfekten eingesetzt. In der Volksheilkunde kommt sie als Tee, Tinktur oder Frischpflanzenpresssaft zum Einsatz. Für die klassische Brennnesselteekur im Frühling übergießt ihr zwei gehäufte Teelöffel frische Brennnesselblätter mit einem Viertelliter kochendem Wasser und lasst den Auszug fünf Minuten ziehen. Dann seiht ihr den fertigen Tee ab und trinkt dreimal täglich eine Tasse, jedoch nicht länger als drei Wochen lang, da die Nieren stark angeregt werden.
So findet ihr die leckeren Nussfrüchte der Brennnessel
Die Große Brennnessel ist zweihäusig, das heißt es gibt männliche und weibliche Brennnesselpflanzen. Zur Ernte der Blätter und Triebspitzen spielt diese Tatsache keine Rolle und vor der Blüte könnt ihr den Unterschied auch nicht erkennen. Doch mit der Blüte ändert sich das. Wenn sie, je nach Höhenlage ab Juli oder August, zu blühen beginnt, dann zeigt sich der Unterschied deutlich. Die männlichen Brennnesselpflanzen haben abstehende Blütenrispen mit weißen kugeligen Blüten, die bei Reife ihre Pollen weit in die Luft schleudern.
Vom Wind verweht bestäuben diese Blütenpollen die weiblichen Pflanzen, die wiederum gut an ihren hängenden, pinselartigen Blütenrispen zu erkennen sind. Ganz wichtig: Nur die weiblichen Brennnesselpflanzen entwickeln nach der Bestäubung die begehrten Früchte, mit denen sie voll bepackt ab August in der Natur zur Ernte bereitstehen. Diese kleinen eiförmigen Früchte werden als Nüsschen oder Nussfrüchte bezeichnet und schmecken auch tatsächlich richtig nussig. Ihr müsst sie nur von der Brennnessel herunterstreifen und könnt sie euch schmecken lassen Oder ihr legt einen Wintervorrat an, indem ihr sie trocknet.
Brennnessel-Ernte mit Handschuhen
Zur Ernte verwendet ihr am besten dicke Wollhandschuhe oder gefütterte Gartenhandschuhe und schneidet mit einer Schere die weiblichen Brennnesseln mit den Fruchtständen komplett ab. Zuhause lasst ihr sie auf einem alten Leintuch ausgelegt über Nacht antrocknen, um dann die Früchte am Tag darauf, auch wieder mit Handschuhen ausgestattet, abzurebeln. Die Blätter und Stängel müsst ihr entfernen, übrig bleiben die Nussfrüchte. Einige Tage auf einem Backblech offen stehen gelassen, trocknen sie gut und können aufbewahrt werden.
Brennessel weckt Lebensgeister
Mit ihren essentiellen Fett- und Aminosäuren galten die Früchte früher als Aphrodisiakum, dessen Verwendung in Klöstern untersagt war. Heutzutage sind sie zum vitalisierenden Superfood ernannt worden, das sich auf vielfältige Weise in der Kräuterküche verwenden lässt. Ob frisch oder geröstet, als Brotbelag oder übers Müsli gestreut, ob als Würze an Ofenkartoffeln, Nudel- und Gemüsegerichten, ob in Würzmischungen mit anderen Kräutern, Nüssen und Samen – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Gut zu wissen: Brennnesseln findet ihr überall in der Natur, im Wald, an Wegrändern, entlang von Zäunen und Hecken, auf Brachflächen und Schuttplätzen und mit Vorliebe in Gärten. Viele Schmetterlinge legen ihre Eier auf Brennnesseln ab und die Raupen ernähren sich von ihnen. Also auch ein Aspekt, Brennnesseln einfach wachsen zu lassen. Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, und Landkärtchen segeln dann irgendwann zu unserer Freude durch die Lüfte.
Rezepte mit Brennnesselfrüchten
Ganz besonders schmackhaft ist der so genannte Brennnesselkaviar. Dazu werden je nach Bedarf zwei bis drei Hand voll Brennnesselfrüchte in etwas Öl kross angebraten und mit Kräutersalz und Knoblauch abgeschmeckt. Ein Vorrat davon im Kühlschrank hält sich lange und kann immer wieder neu variiert werden – vom Brotbelag bis zur Salatbeigabe.
Auch eine Brennnesselbutter ist ganz schnell hergestellt. Dazu werden die gemörserten Früchte unter weiche Butter gerührt und diese mit Salz, Chili und einigen Spritzern Zitronensaft abgeschmeckt. Auch Variationen mit den Samen von Knoblauchsrauke und Giersch schmecken sehr gut!
Brennnesselfladenbrot: 3 EL Brennnesselfrüchte leicht anmörsern und mit 500 g Mehl, ½ Würfel Hefe, 2 TL Kräutersalz und zirka 360 ml lauwarmem Wasser zu einem Teig verkneten. Diesen Brotteig ein bis zwei Stunden an einem warmen Ort gehen lassen. Dann nochmals kurz durchkneten und auf einem gefetteten Backblech auswellen. Wer Brennnesselblätter hat, kann den Fladen mit Öl bepinseln und mit den Blättern dekorieren. Den Fladen weitere 30 Minuten gehen lassen und dann rund 25 Minuten bei 200°C im Backofen ausbacken.
Viel Freude mit den Brennnesseln und guten Appetit!
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(Text: Monika Wurft, Fotos: Monika Wurft, pixabay)