Ein Gastbeitrag von Konstantin Völker, Familienvater von zwei Kindern, Diplomingenieur und leidensachftlicher Naturfotograf. Seit etwa fünf Jahren haben Eulen es ihm angetan und er versucht deshalb so viel wie möglich in der Natur unterwegs zu sein um die Schönheit und Besonderheiten dieser einzigartigen Tiere, egal ob Uhu oder Sperlingskauz mit seiner Kamera einzufangen. Gerne ist er dafür in seiner Heimat dem Kraichgau, aber vor allem auch im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord unterwegs. Alle Fotos in diesem Beitrag wurden von Konstantin Völker im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord aufgenommen.
Der Spauz, bürgerlich Sperlingskauz
Hallo, darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Spauz oder bürgerlich Sperlingskauz. Aber Spauz passt – finde ich – besser zu mir. Denn ich bin der Kobold unter den Eulen und gleichzeitig die kleinste Eulenart in Europa. Mein englischer Name gefällt mir tatsächlich besser: Pygmy Owl. Direkt übersetzt würde das Zwergeule heißen. Aber dieser Name ist schon durch die Zwergohreule belegt. Diese ist allerdings größer als ich. Muss man auch nicht verstehen. Wenn Menschen mich tatsächlich mal im Wald finden, höre ich immer wieder so Kommentare wie: „Mein Gott ist der süß.“ Aber nein, süß bin ich nicht, sondern sehr wehrhaft, aber davon werde ich dir später noch mehr erzählen. Vermutlich meinen die Menschen das, weil an mir halt alles sehr klein ist, die Augen, die Federn, einfach alles.
Sperling? Weder verwandt noch verschwägert!
Mein Name Sperlingskauz kommt wohl daher, dass ich ungefähr so groß oder leicht größer als ein Sperling bin. Ansonsten habe ich mit Sperlingen wenig zu tun, denn mein Lieblingshabitat ist ein wilder Wald, ein Mischwald oder ein Nadelwald mit viel Totholz. Dort beziehe ich mit meiner Frau gerne die Höhle von Buntspechten und finde meine Lieblingsnahrung, Mäuse und kleine Singvögel wie Meisen, Baumläufer, Buchfinken oder so. Dafür benötige ich Ansitzwarten in Form kleiner Bäume, auf deren Spitze ich gerne sitze und von dort aus ich meine Überraschungsangriffe starte. Wenn du meine Flügelspannweite sehen könntest, würdest du dich auch wundern, dass man mit so wenig Spannweite fliegen kann, aber so bin ich sehr wendig und kann zwischen den Bäumen wie ein kleiner Düsenjäger durchschießen.
Aber wahrscheinlich hast du mich in der Natur noch nie gesehen, denn tagsüber sitze ich meistens gut getarnt auf einem Baum und werde da in der Regel übersehen. Am ehesten hast du mich schon auf den Bildern im Nationalpark Schwarzwald gesehen. Denn dort bin ich fast immer auf den Schildern abgebildet und so etwas wie das Maskottchen. Allerdings lebe ich nicht nur im Nationalpark, sondern auch auf vielen Flächen im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord.
Der Ruf des Sperlingskauzes
Womit ich mich in der Regel verrate, ist mein Ruf. Das klingt erst mal, als würde man einem Kind eine Blockflöte in die Hand drücken, ihm erklären, wie man genau einen Ton spielt und den wiederholt es ständig. Das hört man im Wald richtig weit. Meine Frau hingegen ziept nur sehr hochfrequent, dass man es mit einem Singvogel verwechseln kann. So richtig laut werde ich im Herbst, wenn ich mich mit meinen Kontrahenten um die besten Reviere streite. Dann kannst du von mir auch ganze Tonleitern hören und mich durch die Rufe finden. Denn die Revierabgrenzung ist ein so wichtiges Thema, das tags nicht ruhen darf. Mit ein wenig Glück findest du mich dann auf der Spitze von hohen Tannen oder Fichten sitzen. Oder du siehst mich auf der Verfolgung von meinen Nebenbuhlern. Da geht es schon wild umher. Über Winter kehrt dann bei uns Ruhe ein.
Frühjahr – Balzzeit des Sperlingkauzs
Im zeitigen Frühjahr beginne ich, um eine Partnerin zu balzen. Manchmal ist es die gleiche Spauzfrau wie im Vorjahr, manchmal finde ich eine andere Frau. In dieser Zeit solltest du mir nicht in die Quere kommen, auch nicht als Mensch. Da steigen mir die Hormone in den Kopf und ich gehe auf alles los. Wenn du mir da zu nah kommst, ziehe ich dir gerne nen Scheitel, so wahr ich ein Spauz bin. Schließlich will meine Partnerin ja auch einen Mann mit Durchsetzungsvermögen. Wir rufen dann gerne zusammen oder ich bringe meiner Partnerin einen leckeren Singvogel zum Fressen. Manchmal kannst du uns auch bei der Paarung sehen, dann solltest du dich aber aus Respekt rumdrehen, denn da schaut man eigentlich nicht zu. Wenn meine Frau dann mal am Brüten ist, sind mir auch Menschen wieder völlig egal. Dann kannst du vor mir Handstände machen, ich beachte dich nicht mehr. In dieser Zeit muss ich auch Kraft tanken, denn wenn unser Nachwuchs geschlüpft ist, bin ich ständig am Jagen. Tatsächlich mache ich das dann auch den ganzen Tag über. Ich fliege dazu weg von unserem Brutbaum und zu einer entfernt liegenden Fläche, auf der ich jage. Das kannst du dir wie die Form eines Löffels vorstellen. Die Löffelfläche ist mein Jagdrevier und an der Spitze des Griffs steht der Brutbaum. Ablenkungsmanöver könnte man das nennen. Die Beute übergebe ich direkt meiner Partnerin, die das Fressen entweder zu unseren Jungtieren bringt oder in ein Beutedepot steckt.
Den Sperlingskauz in freier Wildbahn erleben
Wenn unser Jungvolk ausgeflogen ist, sind wir noch kurze Zeit zusammen unterwegs, aber bald muss unser Nachwuchs aus eigener Kraft jagen und sich ein eigenes Revier suchen. Meine Partnerin und ich gehen dann auch getrennte Wege, vielleicht sehen wir uns ja im Frühjahr wieder.
Vielleicht hast du jetzt ein wenig Interesse an mir gefunden und würdest mich gerne mal live in der Natur sehen. Probier es einfach mal im Frühjahr. Suche dir eine Stelle, die dir sehr wild erscheint, bleib dort eine Weile ruhig stehen und lausche mal den Geräuschen, die du hörst. Und dann denk an das Kind mit der Blockflöte, das immer nur den gleichen Ton spielt. Wenn du das hörst, hast du großes Glück und ich bin in der Nähe, denn viele finden mich nicht. Viel Glück.
Aufgeschrieben von Konstantin Völker für seinen besonderen Freund den Spauz!
Fakten zum Sperlingskauz
Der Sperlingskauz (Glaucidium passerinum), Europas kleinste Eule, beeindruckt trotz seiner geringen Größe von nur 16 bis 19 cm mit erstaunlichen Fähigkeiten. Er lebt bevorzugt in alten Nadel- und Mischwäldern mit Baumhöhlen und Totholz, die ihm als Brutplätze dienen, und jagt in der Dämmerung wie auch tagsüber. Zu seiner Beute gehören kleine Säugetiere, Vögel und Insekten. Obwohl er oft unauffällig ist, kann man seinen hohen, pfeifenden Ruf hören, der vor allem in der Paarungszeit durch den Wald schallt. Der Sperlingskauz ist ein Standvogel, der das ganze Jahr über in kühleren, waldreichen Regionen wie dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord anzutreffen ist.
Gastbeitrag?
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Text: Konstantin Völker/ Johannes Nickel Fotos: Konstantin Völker
JN/ 10.12.2024