Sie kommt im Schwarzwald vor, zum Beispiel auf dem Kaltenbronn. Sie gilt als nördlichste Baumart Europas und hält Temperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius aus. Aber sie ist auch auf sonnige Standorte angewiesen. Die Moorbirke ist ein Pionierbaum, der neu entstandene Lebensräume erobert, zum Beispiel nach einem Orkan wie Lothar oder nach Borkenkäfer-Schäden. Gleichzeitig sind Moorwälder gefährdet. Deshalb stehen sie unter Naturschutz und deshalb hat die Dr.-Silvius-Wodarz-Stiftung die Moorbirke zum Baum des Jahres 2023 erkoren.
„Und gewiss, wer sein Leben lang von hohen ernsten Eichen umgeben wäre, müsste ein anderer Mensch werden, als wer täglich unter luftigen Birken sich erginge.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Moor-Birken sind typische Pionierbäume und wachsen gern auf freien Flächen oder auf Rohböden. Dank ihrer hohen Samenproduktion erschließt diese Birkenart auch Kahlflächen in vergleichsweise kurzen Zeiträumen. Beheimatet in den gemäßigten Breiten Mitteleuropas, in Skandinavien, Island und Asien kommt sie mit Kälte und Nährstoffarmut gut zurecht. Bei uns in Deutschland sind Moor-Birkenwälder jedoch stark gefährdet. Daher ist der Baum des Jahres 2023 eher vereinzelt anzutreffen – meist am Rand von Mooren wie im Nordschwarzwald auf dem Kaltenbronn. Hier ist sie ein wichtiger Bestandteil typischer Pflanzengesellschaften und bietet verschiedenen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum.
Die Moorbirke als Symbol für den Moorschutz
Die Moor-Birke steht als Symbol für den Moorschutz. Gerade Moore spielen eine wichtige Rolle beim Abpuffern von Klimawandelfolgen. Intakte Moore stellen nicht nur eine wichtige Kohlenstoffsenke dar, sie speichern auch Wasser, was insbesondere vor dem Hintergrund der trocken-heißen Sommer der letzten Jahre von Bedeutung ist. Allerdings sind 90 Prozent der Moore in Deutschland entwässert. Das Problem: Trockene Moore setzen das in ihnen gebundene Kohlendioxid wieder frei, werden also von einer Senke zu einer Quelle. Das macht aus Sicht des Kuratoriums Baum des Jahres die Wahl der Moorbirke so symbolträchtig.
Ein Garant für Artenvielfalt
In den Mooren trägt sie zur Artenvielfalt bei. Gegenden mit vielen Moorbirken sind ökologisch äußerst wertvoll. Nicht umsonst tragen sie extrem seltene und streng geschützte Tierarten sie im Namen wie das Birkhuhn oder die Birkenmaus. Der Große Birkenprachtkäfer kommt gar nur an der Moorbirke vor. Außerdem belegt sie mit 164 Arten Platz drei bei der Vielfalt der Insekten, die an ihr gezählt wurden. Nur an der Eiche (298 Insektenarten) und der Weide (218) kommen mehr vor.
Die Moorbirke treibt sehr früh im Jahr aus. Sie steht als Symbol für den Frühling, das Leben, die Fruchtbarkeit und die Zähigkeit. Deshalb sieht man sie auch oft an den Feiertagen des Frühlings als Dekoration, von Ostern über Himmelfahrt bis Fronleichnam. In manchen Gegenden wird sie als Maibaum verwendet.
Die Moorbirke in der Heilkunde
In den Blättern der Moorbirke sind viel Vitamin C und ätherische Öle gespeichert, die sich vielseitig einsetzen lassen. Ein Tee aus Birkenblättern führt zu einer stärkeren Ausscheidung von Salzen und Wasser. Deshalb soll er bei Entzündungen der Harnwege oder der Nieren helfen. Durch die Harnsäure senkende Wirkung soll er auch bei Gicht und Rheuma gut sein. Seit vielen Jahrhunderten wird auch das Birkenwasser genutzt, denn der Saft ist frei von Nebenwirkungen. Man kann ihn pur trinken; er soll entzündungshemmend und cholesterinsenkend wirken. Nach altem Glauben stärkt Birkenwasser das Immunsystem und hilft gegen Haarausfall. Als Haarwasser verwendet soll der Sud von Birkenblättern, aber auch das Birkenwasser gegen Schuppen und trockene Kopfhaut wirken.
Die Moorbirke kann bis zu 150 Jahre alt und 30 Meter hoch werden. Die Rinde ist in jungen Jahren rötlich-braun und wird erst später gräulich-weiß. Die Rinde der straff aufrecht beziehungsweise waagerecht abstehend wachsenden Zweige ist anfangs flaumig behaart, später rötlich braun. Junge Laubblätter duften aromatisch und sind ebenfalls flaumig behaart, besonders entlang der Blattadern. Wie alle Birken ist die Moor-Birke einhäusig getrenntgeschlechtig. Die männlichen Blütenstände (Kätzchen) sind länglich walzenförmig. Die weiblichen Blütenstände sind etwa zwei bis vier Zentimeter lang, zylindrisch, später hängend. Die etwa drei Millimeter großen Samen (Nussfrüchte oder Nüsschen) sind breit geflügelt zur besseren Verbreitung durch den Wind. Ein Kätzchen enthält etwa 450 Samen. Die Moor-Birke blüht von April bis Mai und die Früchte reifen ab August.
(Fotos: Julita, Tom, Manfred Richter, Annette Meyer, Peggy Choucair, Manfred Antranias Zimmer, Ben Kerckx, Anna – alle pixabay; Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord)
12.4.2023