Naturpark-Schule bietet weiterhin Projekte zu Natur und Kultur der Region mit lokalen Kooperationspartnern an.
Wie wird aus einem Baum ein Gartenmöbel? Was hat es mit der Tradition der Heuhütten im Murgtal auf sich? Und warum sind Streuobstwiesen so bedeutsam für unser Ökosystem? All das und vieles mehr haben die Schüler der Realschule Gaggenau bei ihren Naturpark-Projekten mit Partnern aus der Region gelernt. Damit hat die Schule die Voraussetzungen erfüllt, um für weitere fünf Jahre das Prädikat „Naturpark-Schule“ tragen zu dürfen. Am Dienstag (26. November) überreichte der Geschäftsführer des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, Karl-Heinz Dunker, im Rahmen der Feierlichkeiten die offizielle Urkunde an den Schulleiter der Realschule Gaggenau, Axel Zerrer.
Naturpark-Schule: Eine Mannschaftsleistung
„Es ist eine Mannschaftsleistung, die wir als Naturpark-Schule erbringen mit dem Naturpark, dem Schulteam, der Schülerschaft, unseren Kooperationspartnern und dem Förderverein“, sagt Zerrer. „Das Kollegium ist eng mit der Heimat verbunden, wir haben Freude an und mit der Kulturlandschaft im Murgtal. Das wollen wir unseren Schülerinnen und Schülern weitergeben.“ Hinter dem Konzept der Naturpark-Schule stehen auch die Stadträte. „Im Gemeinderat gibt es einhellig Begeisterung darüber, dass die Realschule Gaggenau Naturpark-Schule ist und dies so aktiv lebt“, sagt der Bürgermeister der Stadt Gaggenau, Andreas Paul. „Hier ist nichts abstrakt. Hier ist Naturpark-Schule greifbar.“
Realschule Gaggenau – erste weiterführende Naturpark-Schule
Derzeit gibt es 25 Naturpark-Schulen im nördlichen und mittleren Schwarzwald. Im Landkreis Rastatt gibt es insgesamt Neun. Die Realschule Gaggenau war die erste weiterführende Schule im Netzwerk der Naturpark-Schulen im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. „Ihr seid beispielhaft vorangegangen und habt den Grundstein für die nachfolgenden weiterführenden Schulen gelegt“, sagt Dunker an das Schul-Team und die Schülerschaft gewandt. „So können wir ausgehend von unseren Naturpark-Kindergärten über die Grundschulen bis hin zu den weiterführenden Schulen ein ganzheitliches Konzept einer Bildung für nachhaltige Entwicklung bieten – und das ganz praxisnah mit Kooperationspartnern aus dem Naturpark. Indem die Jugendlichen selbst mitanpacken dürfen, verinnerlichen sie das Gelernte und das Wissen bleibt nachhaltig im Gedächtnis.“
Das untermauern auch die regionalen Leckerbissen, die die Schülerschaft bei der Rezertifizierungsfeier ihren Gästen anbieten. Sie sind aus regionalen Produkten hergestellt und haben jeweils eine Verbindung zu verschiedenen Naturpark-Projekten. „Selbst aktiv etwas machen zu können wie bei den Naturpark-Projekten, das ist einfach lebendiger als der normale Unterricht im Klassenzimmer“, bestätigt die Schülersprecherin Ajlina Redzepovic.
Bei der Feier zur Rezertifizierung der Realschule Gaggenau als Naturpark-Schule war auch der Landtagsabgeordnete des Wahlkreises Rastatt Dr. Alexander Becker (CDU) dabei.
Die Naturpark-Projekte der Realschule Gaggenau
Die 18 verschiedenen Naturpark-Projekte der Realschule Gaggenau erstrecken sich von Klasse fünf bis zehn. Sie umfassen die Bereiche „Natur und Umwelt“, „Regionale Geschichte und Kultur“ sowie „Praxisorientiertes Lernen“. Durch die Naturpark-Projekte erlangen die Schülerinnen und Schüler praktische Gestaltungskompetenzen. Damit geben wir ihnen Fähigkeiten mit auf den Weg, anhand derer sie ihre Umgebung aktiv gestalten können“, beschreibt Christine Lutz, Naturpark-Projektleiterin an der Realschule Gaggenau, das Konzept.
Regionalität und umweltbewusstes Handeln
Ein besonderes Augenmerkt legt die Schule auf Regionalität und ein umweltbewusstes Handeln der Schülerinnen und Schüler. Die Naturpark-Projekte im „Natur und Umwelt“-Bereich widmen sich der Heuhütten-Tradition im Murgtal, den Schultieren und ihrer Pflege. Es gibt einen Schulgarten, den die Schülerschaft bewirtschaftet. Dort lernen sie die Vielfalt heimischer Kräuter und ihren Nutzen kennen. Zudem lernen die Jugendlichen, welche Bedeutung Streuobstwiesen beim Erhalt des Ökosystems zukommt. Weitere Themen sind Müllvermeidung, Mikroplastik und Waldforschung. Mit dem mobilen Sägewerk des Fördervereins der Schule verarbeiten die Schülerinnen und Schüler Holz aus den heimischen Wäldern zu Kunstwerken und Gebrauchsgegenständen wie Gartenmöbeln. „Wenn da gesägt wird, ist das immer ein Riesenspektakel. Da stehen alle drum herum und schauen zu“, berichtet Nicolai Szymanski, Lehrer an der Naturpark-Schule. Schülersprecherin Ajlina Redzepovic ergänzt: „Vor allem die Jungs lieben das Sägewerk und gehen ganz in der Arbeit mit dem Holz auf.“ Den Stall für die Schulziegen haben die Schüler mit selbst gesägten Holzlatten neu verkleidet.
Regionale Partner der Naturpark-Schule für praxisnahe Umsetzung
Im geschichtlichen Bereich blicken die Klassen auf die Zeit des Nationalsozialismus zurück und begeben sich im Murgtal auf Spurensuche. Im Rahmen des Projekts besuchen sie auch den jüdischen Friedhof in Kuppenheim. Als Kulturgut beschäftigt sich die Schülerschaft mit der regionalen Küche und der Bierbrauerei.
Für eine praxisnahe Umsetzung der einzelnen Naturpark-Projekte hat die Schule ein breites Netzwerk an regionalen Partnern aufgestellt. Dazu gehören: Bauernhof Merkel aus Bad Rotenfels, Imkerverein Gaggenau, Ziegenfreunde Bermersbach e. V. und Forstrevierleiter Andreas Bach aus Bad Rotenfels. Außerdem der Kindgenau e. V., Obst- und Gartenbauverein Bad Rotenfels e.V., Tandem Naturzeit Baden-Baden, Forstamt Stadt Gaggenau, H2Org. For living waters Haslach, AK Stolpersteine Kuppenheim, Restaurant Vinophil Gaggenau und Hausbrauerei Christophbräu Gaggenau.
Hintergrund: Das Konzept der Naturpark-Schulen
Kennzeichnend für eine Naturpark-Schule ist eine dauerhafte und intensive Zusammenarbeit zwischen dem Naturpark und den Schulen. Das Konzept ist als Schul-Entwicklungsprogramm angelegt und trägt zur Profilschärfung der Schule bei. In Form moderner Heimatkunde werden die Schüler für die Besonderheiten ihrer lokalen und regionalen Umgebung sensibilisiert. Die Themen Natur und Kultur werden in der Schule nachhaltig verankert.
Gemäß dem Leitbild einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) werden den Kindern dabei Gestaltungskompetenzen vermittelt. So können sie ihre Zukunft im Naturpark aktiv und eigenverantwortlich mitgestalten. Zentrales Anliegen ist es, den Schülern unterschiedliche Perspektiven auf lokale Themen wie Landschaft, Land- und Forstwirtschaft, Kultur sowie Brauchtum und Handwerk zu geben. Experten aus der Region (Förster, Landwirte, Imker, Kräuterpädagogen, Vertreter von Vereinen oder Privatpersonen) bringen ihre Erfahrungen und ihr Wissen in den Unterricht ein und arbeiten eng mit den Lehrkräften zusammen.
Text/Fotos: Gundi Woll
JN/ 27.11.2024