Unsere ehrenamtlichen Helfer hatten in der letzten Woche alle Hände voll zu tun, denn zwischen dem 19. und dem 26. Oktober gab es gleich drei Landschaftspflege-Aktionen in unserem Projekt „Herzenssache Natur„. Immer geht es um die Offenhaltung unserer schönen Schwarzwälder Kulturlandschaft und gleichzeitig um den Schutz der Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren.
Unser Naturpark beherbergt zwar das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Das soll auch so bleiben und schließlich macht das den Schwarzwald aus. Doch seit vielen Jahrhunderten leben hier Menschen, die das Landschaftsbild auch mit Wiesen, Feldern, Obstplantagen oder Weinbergen geprägt haben. Diese offenen Landschaften gilt es zu erhalten, denn hier haben sich viele schützenswerte Pflanzen und Tiere angesiedelt, die es im Wald nicht gibt. Viele Freiflächen werden aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr bewirtschaftet. Würde man sie sich selbst überlassen, würde sich der Wald das Terrain zurückerobern und viele heimische Tier- und Pflanzenarten würden zurückgedrängt. Deshalb organisiert der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord jährlich meist sechs Landschaftspflegeaktionen unter dem Motto „Herzenssache Natur“ an unterschiedlichen Orten. Über die ersten drei im Frühsommer haben wir berichtet, nun fanden die Herbstaktionen statt.
Oppenau: Gleitschirmflieger helfen anderen Fliegern…
…nämlich den Auerhühnern. Die sind aber keine sehr geschickten Flieger, deshalb brauchen sie Landeplätze und Einflugschneisen. Damit kennen sich die Mitglieder des Vereins Oppenauer Gleitschirmflieger aus. Rund 20 Freiwillige aus dem Verein waren deshalb bereit, am 26. Oktober unweit der Schwarzwaldhochstraße auf Oppenauer Gemarkung den Lebensraum der Schwarzwälder Charaktervögel zu pflegen. Mit einer Flügelspannweite von rund 90 Zentimetern, einer stolzen Größe von bis zu einem Meter und knapp vier bis fünf Kilogramm Gewicht sind diese die größten Hühnervögel Europas. Ihre Population steht im Schwarzwald kurz vor dem Aussterben. Ziel des Pflegeeinsatzes war es daher, die Lebensbedingungen der scheuen Tiere zu verbessern. Die Helfer entfernten zahlreiche Fichten und Birken und machten die Fläche wieder „auerhuhntauglich“.
Lücken für Küken
Es ging nicht nur darum, einen „Auerhahnflugplatz“ zu schaffen, sondern auch darum, den Küken Unterschlupf und Nahrungsangebot zu schaffen, denn auf den Lichtungen gedeihen Heidelbeersträucher, zwischen denen sie Deckung finden. Beeren, Blätter und Zweige sind in der wärmeren Jahreszeit die wichtigste Nahrung der erwachsenen Vögel. Die Küken finden außerdem Proteine in Form von Insekten, Larven und Maden, die sie dringend für ihr schnelles Wachstum brauchen. Die Aktion fand im Rahmen des Projekts „Lücken für Küken“ statt, das durch das Sonderprogramm des Landes Baden-Württemberg zur Förderung der biologischen Vielfalt gefördert wird. Es ist ein Kooperationsprojekt der beiden Schwarzwälder Naturparke und der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA).
Bühlertal: Auch Mauern sind Naturraum
Gegenüber unserer Geschäftsstelle befindet sich unser Hausberg, der Engelsberg. Er ist eine der steilsten Weinlagen Europas. Deshalb wird der Wein in Terrassen angebaut, die von historischen Trockenmauern aus dem 19. Jahrhundert abgestützt werden. Diese Trockenmauern sind Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen geworden. Bereits zum fünften Mal in Folge haben sich am 22. Oktober rund 20 freiwillige Helfer vor der Tourist-Information Bühlertal eingefunden, um im Rahmen der „Herzenssache Natur“-Aktion auf dem Engelsberg tatkräftig mit anzupacken. Eingeladen hatten wie in den Vorjahren der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, die Gemeinde Bühlertal und der Förderverein Engelsberg. Ziel war es, die ‚verbuschten‘ Trockenmauern unterhalb des Naturpark-AugenBlickes freizulegen und so einen wichtigen Beitrag für den Erhalt dieses einmaligen Biotops zu leisten.
Jedes Jahr von Neuem: Efeu und Brombeerranken
Angeleitet durch Mitglieder des Fördervereins Engelsberg ging es in kleinen Gruppen an die Arbeit: Mit Handschuhen und Heckenscheren rückten die freiwilligen Helfer Brombeersträuchern und Efeuranken zu Leibe – nimmt der Bewuchs Überhand, sprengen die Wurzeln nach und nach das Mauerwerk und einzelne Steine könnten herausbrechen. „Deshalb ist es für uns sehr wichtig, alle Abschnitte der Mauer regelmäßig zu überprüfen und in Handarbeit zu pflegen. Dabei sind wir auf ehrenamtliche Helfer angewiesen“, erklärte Rudi Karcher vom Förderverein Engelsberg. Die Trockenmauern sind außerdem ein schützenswertes Biotop: Sie speichern am Tag die Sonnenwärme und verringern die Auskühlung in den Rebhängen bei Nacht – und sind so idealer Lebensraum für Gottesanbeterinnen, Schlingnattern, Mispeln und kleinblättrige Farne.
Treue Ehrenamtliche
Unter den tatkräftigen Helfern waren Schüler der Franziska-Höll-Schule Bühlertal und Mitarbeiter der AOK Mittlerer Oberrhein. Viele der Helfer und Mitarbeiter sind bereits „alte Hasen“ und seit Jahren mit dabei. Bühlertals Bürgermeister Hans-Peter Braun lobte das Engagement der ‚Landschaftspfleger auf Zeit‘ und den sichtbaren Erfolg der jährlichen Aktion: „Sie alle haben mitgeholfen, dass unser Bühlertäler Hausberg ein positives Beispiel ist und bleibt. Hier sieht man, was mit aktiver Landschaftspflege alles erreicht werden kann. Dieses Engagement kommt sowohl Einheimischen als auch Gästen zugute. Dafür ein herzliches Dankeschön!“ Für das leibliche Wohl der Helfer sorgte das AXA-Versicherungsbüro Christoph Kohler, für Getränke der langjährige Naturpark-Partner Mineralbrunnen Teinach.
Ottenhöfen: Nasswiesenbiotop gepflegt
Mit Motorsensen, Heugabeln und großen Harken machten sich am Samstag, 19. Oktober, zahlreiche Helferinnen und Helfer in Ottenhöfen im Schwarzwald tatkräftig an die Arbeit: Im Bereich des Unterwasserbachs pflegten die rund 15 Männer und Frauen das geschützte Nassbiotop „Kriesenhof“. Eingeladen zu diesem 12. Ortenauer Landschaftspflegetag hatten die Gemeinde Ottenhöfen im Schwarzwald, der Landschaftserhaltungsverband Ortenaukreis (LEV) und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord.
Bevor es an die Arbeit ging, teilte Revierleiter Theo Blaich vom Forstrevier Achertal die Teams ein und unterwies sie hinsichtlich des Ablaufs der Pflegemaßnahme und der Arbeitssicherheit. Passend zum Einsatzort hatten die Teilnehmer Gummistiefel, wetterfeste Kleidung und Handschuhe im Gepäck. „Der Erhalt unserer Kulturlandschaft und die Unterstützung und Förderung unserer Landwirte, nicht zuletzt bei der Offenhaltung der Landschaft, ist uns als Gemeinde ein wichtiges Anliegen. Mit dem Landschaftspflegetag wollen wir als Gemeinde hier ein weiteres positives Zeichen setzen“, begrüßte Bürgermeister Hans-Jürgen Decker alle Helfer. Besonders freute ihn, dass sich mit der Deutschen Waldjugend Kappelrodeck, begleitet durch ihren Leiter Andreas Jakesch, auch Jugendliche in der praktischen Naturschutzarbeit engagierten.
Naturschutz in Handarbeit
In Handarbeit mähten die Helfer im Anschluss die rund 3.000 Quadratmeter große Fläche und räumten das Material für den Abtransport zusammen. Anne-Marie Jarry, stellvertretende LEV-Geschäftsführerin, freute sich über das Engagement der Helfer: „Beim diesjährigen Landschaftspflegetag steht nicht nur die Offenhaltung im Blickpunkt. Wir pflegen ein Nasswiesenbiotop. Der Aktionstag ist also stärker am Naturschutz orientiert. Gerade Biotoppflege gehört zur Aufgabe des LEV, sind doch unsere natürlichen Biotope ein wertvoller Teil unserer Kulturlandschaft.“
Für Christian Schütt vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord ergänzen sich hauptamtliches und ehrenamtliches Engagement bei den „Herzenssache Natur“-Aktionen ideal. „Ich bin mir sicher, dass diese Einsätze nicht nur der Natur helfen, sondern auch die Verbundenheit der Menschen mit ihrer Heimat stärken. Das sichtbare Ergebnis soll motivieren und zum Nachahmen anregen“, so Schütt. Einen besonderen Dank sprach Schütt den beiden Naturpark-Partnern Mineralbrunnen Teinach und Alpirsbacher Klosterbräu aus, die sich an der Verpflegung der Teilnehmer beteiligten. Langfristig suchen die Gemeinde und der LEV für das Nassbiotop „Kriesenhof“ nach geeigneten Lösungen – beispielsweise im Rahmen von Folgeprojekten oder Aktionen gemeinsam mit Vereinen.
(Fotos: Jochen Denker, Christian Schütt, Matthias Mohaupt, alle Naturpark; Markus Varesvuo)
30.10.2019