Heute schauen wir mit unserer Kräuterfrau Monika Wurft, Schwarzwald- Guide und Kräuterpädagogin aus Schiltach, eine „exotische“ Pflanze mit außergewöhnlichem „Verhalten“ an: den Efeu. Wenn wir dazu nur in den Wald müssen, umso besser! Auch diesmal könnt ihr das Wildkräuterbuch von Monika Wurft gewinnen! (Siehe unten.)
Inzwischen hat der Winter mit Minusgraden und den Schneefällen Einzug gehalten. Die bunten Blätter sind endgültig von den Laubbäumen gefallen und das vielgelobte „Grün“ der Natur ist, außer dem Tannengrün der Nadelwälder für diesen Winter verloren. Gäbe es da nicht noch die anderen Immergrünen, vorneweg den Efeu, der sich darüber hinaus auch noch ziemlich azyklisch verhält. Ganz und gar außergewöhnlich!
Blütezeit im Herbst
Nicht nur, dass uns seine immergrünen Blätter selbst im Winter unterm Schnee grün entgegenleuchten. Zu blühen beginnt der Efeu mit seiner gelblichen, kugeligen „Halbdolde“ gar erst ab September. Das ist gänzlich entgegen dem Rhythmus der Sonne, wenn andere Pflanzen in unseren Breiten ihren Rückzug vor dem Winter vollziehen. Für Bienen, Wespen und Schmetterlinge bietet er damit im Herbst eine wichtige, späte Nahrungsquelle. Und wenn ihr an einem sonnigen Herbsttag an einem blühenden Efeu vorbeikommt, könnt ihr es lautstark Brummen und Summen hören.
Früchte im Winter
Genauso außer der Norm ist somit auch die Reifezeit seiner Früchte. Denn die erbsengroßen, schwarzblauen Beeren des Efeus reifen im Winter und stehen so der Vogelwelt als willkommene Nahrung in der kargen Jahreszeit zur Verfügung.
So kommt Efeu zum Licht
Außergewöhnlich ist auch, wie der Efeu in Höhen bis zu 30 Metern kommt, ohne sich selbst einen Stamm zuzulegen. Nach Licht strebend klammert er sich mit bürstenartigen Haftwurzeln an Bäumen fest, nimmt Felsen, Mauern, Hauswände oder Zäune als Kletterunterlage, überwächst sie und verwandelt sie gleichzeitig in lebendige Kunstwerke. Wenn jedoch die Möglichkeit nach oben zu kommen nicht gegeben ist, kann Efeu sehr genügsam sein und sich rein als Bodendecker präsentieren.
Kein Schmarotzer
Ganz gegen seinen Ruf ist der auch als Baumwürger bezeichnete Efeu kein Schmarotzer, sondern versorgt sich selbst mit Nährstoffen und Wasser. Auch wird er gerne als Lichtkonkurrent der Bäume bezeichnet, was neue Forschungsergebnisse widerlegen. In den meisten Fällen verbleibt der Efeuzuwachs im Inneren der Baumkrone und stört somit den direkten Lichteinfall auf das Blätterdach des Baumes nicht. Höchstens sein Gewicht kann im fortgeschrittenen Alter einen ebenfalls in die Jahre gekommenem Baum das Stehvermögen kosten: Immerhin wird Efeu zwischen 200 und 400 Jahre alt und dann natürlich auch entsprechend schwer.
Zwei unterschiedliche Blattformen
Ausgefallen sind auch die unterschiedlichen Blattformen des Efeus. Schaut sie euch einmal an einzelnen Standorten in Ruhe an: Die als typisch bezeichneten Efeublätter wachsen nur an den Kriech- und Klettersprossen. Sie sind dunkelgrün und drei- bis fünfeckig. An den Blühsprossen sind sie hellgrün, ganzrandig, ja beinahe herzförmig. Da Efeu aber erst so ab dem achten Lebensjahr blüht, bildet er diese entsprechenden Blätter erst dann aus. Übrigens: An extremen schattigen Standorten verzichtet er aus Lichtmangel sogar gänzlich aufs Blühen.
Efeu: ewig grün
Auch sein deutscher Name „Efeu“ ist ein Hinweis auf seine Besonderheiten. Seine Bezeichnung lässt sich sowohl auf seine immergrünen Blätter zurückführen, aus dem Germanischen „iwe“, was „ewig“ bedeutet, als auch auf das Wort „ed-heu“ – an Säulen wachsend. Sein botanischer Name Hedera helix stellt einen Bezug zum griechischen Wort „hedra“ für festsitzen, umklammern, und damit zu seinen Haftwurzeln her. Das Wort helix kommt vom griechischen Wort „helissein“ – windend, drehend – und passt somit zur Eigenschaft des Efeus, sich um einen Baum herum zu winden.
Tropische Verwandte
Efeu kann also absolut als Exot in unseren Wäldern, an unseren Häusern und Zäunen bezeichnet werden! Dazu kommt noch, dass nicht nur seine Blüh- und Reifezeit exotisch ist, sondern auch seine Verwandtschaft. Als Araliengewächs (Araliaceae) gehört er zu einer Pflanzenfamilie, die vorwiegend in den Tropen vorkommt. Zu seinen illustren Verwandten gehören Ginseng und Taigawurzel.
Sagenumwobener Efeu
Wohl deshalb ranken sich auch zahlreiche Sagen und Mythen um den Efeu, denn der Baumwürger, Eppich, Wintergrün, Hühneraugenkraut oder Mauerwurz – wie er auch genannt wird- regte die Fantasie der Menschen durch sein auffallendes Auftreten schon immer an. Efeu war im Altertum und in der Antike in vielen Völkern eine heilige Pflanze. Der Brauch zur Wintersonnwende, die Häuser mit Efeu, Stechpalmen und Misteln zu schmücken, hat sich bis in die heutige Zeit gehalten.
Sinnbild für das ewige Leben
Im alten Ägypten stand die Pflanze als Symbol für das ewige Leben. Die Kelten widmeten den Monat Oktober dem Efeu. Im alten Rom dagegen stand die Verehrung des Efeus in Verbindung mit der Verehrung des Bacchus, dem Gott des Weines. Wein und Efeu wurden in ihrem Wesen als unterschiedliche Geschwister betrachtet. Die Weinrebe als Sommerpflanze, die im Winter wie abgestorben wirkt, und der Efeu als Winterpflanze, die sich auch in der Kälte üppig grün zeigt, standen als Symbol für Leben und Tod.
Symbol der Liebe über den Tod hinaus
Griechen und Römer trugen bei Festen einen Kranz aus Efeu um den Kopf, auch als Mittel gegen Trunkenheit. Die ersten Christen betteten ihre Toten auf Efeu als Symbol des ewigen Lebens sowie der Liebe über den Tod hinaus. So wird auch von Tristan und Isolde berichtet, dass sie an zwei verschiedenen Seiten einer Kirche beerdigt wurden, um sie selbst im Tod zu trennen, worauf Efeustöcke aus ihren Gräbern rankten, um sich über dem Dach der Kirche zu begegnen und zu vereinigen.
Angesehene Heilpflanze
Auch als Heilpflanze wurde Efeu bereits im Altertum eingesetzt. Bis in die heutige Zeit ist das Efeublätterextrakt als schleimlösendes, entzündungshemmendes und auswurfförderndes Mittel bei hartnäckigem Husten sehr beliebt. Verantwortlich für diese Wirkung sind die Seifenstoffe der Efeublätter, die Saponine (lat. sapor = Seife), deren Wirksamkeit durch klinische Studien belegt ist.
Mit Vorsicht zu genießen
Aber Achtung, der Efeu hat auch eine gefährliche Wirkung: Die frischen Blätter können bei direktem Hautkontakt Hautreizungen und allergische Reaktionen hervorrufen. Deshalb macht bitte keinen Tee aus Efeublättern, sondern greift auf Fertigpräparate zurück. Zumal die Beeren des Efeus als stark giftig gelten, da das darin enthaltene Hederin Kopfschmerzen, Durchfall und Erbrechen auslöst.
Tipps für die Praxis
Trotzdem gibt es tolle Möglichkeiten, den Efeu für sich zu nutzen. Hier einige Tipps für euch:
- Efeublätter mit ihren Saponinen könnt ihr als Waschmittel zum Beispiel für Feinwäsche nutzen. Besonders Seide gibt das seinen feinen Glanz zurück. Entweder kocht ihr die Blätter in Wasser auf, lasst sie wieder abkühlen und wascht dann die Wäsche damit. Oder ihr gebt kleingeschnittene Efeublätter in eine Flasche mit kaltem Wasser (diese nicht ganz vollfüllen) und schüttelt sie, bis sich die Seifenstoffe lösen und sich auf dem Wasser Schaum bildet. Mit diesem Wasser könnt ihr Feinwäsche waschen, entweder von Hand oder in der Waschmaschine. Die Blätterreste werden jeweils vorher abgesiebt.
- Ebenfalls einen Versuch wert ist die Behandlung von Hühneraugen mit zwei Tage in Essig eingelegten Efeublättern. Die Hühneraugen werden einige Nächte damit belegt und sollen sich danach ablösen lassen.
- Efeu eignet sich auch als wunderschöner Schmuck, ob als Tischschmuck, Türkranz oder als Gartendekoration. Kränze und Gebinde können aus den biegsamen Ranken ganz leicht gewunden werden. Je nach Jahreszeit und Anlass lassen sich diese mit anderen Naturmaterialien schmücken.
- Ableger können ebenfalls leicht selber gezogen werden. Dazu topft ihr Stecklinge, die ihr im Juli schneidet, in ein Sand-Erde-Gemisch ein. Einen Abnehmer aus dem Familien- und Freundeskreis findet ihr mit Sicherheit und die Vogelwelt wird es dankbar als Futter im Winter und sommerliches Versteck für ihren Nachwuchs annehmen.
Viel Freude mit dem bemerkenswerten Efeu!
(Text: Monika Wurft, Fotos: Monika Wurft, fietzfotos/pixabay, MichaelGaida/pixabay, Capri23auto/pixabay)
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5.1.2021