Freiwillige des Bergwaldprojekts helfen auf Agroforst-Betrieben des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord mit.
Rund 20 Freiwillige aus ganz Deutschland haben vom 26. bis zum 30. Mai im Rahmen des Bergwaldprojekts auf drei Agroforst-Betrieben des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord bei Pflegeeinsätzen mitgeholfen. Es ist der erste Einsatz des deutschlandweit aktiven Bergwaldprojekt-Vereins in Kooperation mit dem Naturpark. Gearbeitet wurde auf Flächen der SoLaVie e. V. in Offenburg, der Lorenz.Farm in Achern (Ortenaukreis) und dem Hof Sonnenwald in Seewald (Landkreis Freudenstadt). Dabei wurden Agroforstflächen gepflegt (Mahd, Hacken und Mulchen, Rückschnitt) und Lebensräume angelegt (Ansitzstangen, Wildbienenhabitat, Mauswieselhabitate, etc.). Bei der Aktionswoche ging es auch darum, die Naturpark-Agroforstbetriebe kennenzulernen und einen Beitrag zum Naturschutz zu leisten.
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„Die Pflegeeinsätze des Naturparks mit den Freiwilligen des Bergwaldprojekts sind ein gutes Beispiel dafür, wie praktischer Naturschutz, Umweltbildung und klimafreundliche Landwirtschaft Hand in Hand gehen können“, sagt der Agroforst-Projektmanager des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, Niklas Kullik. „Die Begegnungen stärken sowohl das Bewusstsein für nachhaltige Landnutzung als auch das Miteinander von Zivilgesellschaft und Landwirtschaft.“
Die Aktionswoche des Bergwaldprojekt leitete Christopher Thiel. „Mit unseren Einsätzen schaffen wir es, viele Freiwillige zu motivieren“, sagt Thiel. „Die Kooperation mit dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord ist für uns auch inhaltlich eine Première: Mit Agroforst erschließt das Bergwaldprojekt einen ganz neuen Bereich. Bislang waren wir in Wäldern, Mooren und Freilandbiotopen unterwegs. Agroforst ist für uns ein vielversprechender Ansatz, den wir mit dieser Aktionswoche und der Multiplikatoren-Funktion unserer Teilnehmenden unterstützen wollen.“
Sinnstiftendes Engagement auf Naturpark-Agroforstbetrieben
Für die tatkräftige Unterstützung der Bergwaldprojekt-Freiwilligen ist Landwirt Johannes Lorenz von der Lorenz.Farm in Achern-Fautenbach sehr dankbar. Denn mit der Hilfe der rund 20 Freiwilligen am 28. und 29. Mai konnte er Arbeiten angehen, für die er als Nebenerwerbs-Landwirt im Alltag nur selten Zeit findet: einen Teich nachverdichten, ein Mauswieselhabitat anlegen, Ansitzstangen für Greifvögel bauen und bei den Beeren- und Kräuterbeeten aufstellen, Nützlingsverstecke anlegen sowie Vorbereitungen für die Anlage des mit dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord geplanten Agroforstsystems treffen.
„All die Dinge aus eigener Kraft zu leisten, ist unmöglich. Es ist einfach toll, dass der Naturpark die Aktion mit dem Bergwaldprojekt initiiert hat. Die Unterstützung so vieler Freiwilliger ist ein Traum!“, sagt Johannes Lorenz während er von einer Arbeitsgruppe über den Hof zur nächsten bei den Apfelbäumen läuft. Dort bringt Jule Petzold gerade ein Vogelhäuschen an. Sie ist zum zweiten Mal bei einem Einsatz des Bergwaldprojekts dabei. „Ich möchte in meiner Freizeit etwas Sinnvolles und Sinnstiftendes machen. Mit meinem Engagement möchte ich der Natur etwas zurückgeben, aktiv das Klima schützen und mich für Biodiversität einsetzen. Mit den Arbeiten auf den Naturpark-Agroforstbetrieben kann ich genau das umsetzen“, berichtet die junge Frau aus Würzburg.
Das bietet das Agroforst-Projekt des Naturparks
Auf landwirtschaftlichen Flächen Sträucher und Bäume zu integrieren und sie auf diese Weise an die neuen Klimabedingungen anzupassen – darum geht es beim Agroforst-Projekt des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord. Agroforst-Strukturen tragen dazu bei, Wasser länger in den Flächen zu halten. Sowohl in Dürrephasen als auch bei Starkregen-Ereignissen. Mit seinem Agroforst-Projekt unterstützt der Naturpark 15 Pilotbetriebe dabei, auf ihre Flächen zugeschnittene Agroforst-Systeme anzulegen.
Jeder Betrieb erhält eine kostenlose, betriebsspezifische Beratung und eine Anlagenförderung von bis zu 7.000 Euro. Zudem veranstaltet der Naturpark vielfältige Weiterbildungsangebote wie Feldtage auf Modellbetrieben. Er vernetzt Wissenschaftler und Praktiker und organisiert Pflanzaktionen. Die Systeme und Ziele der Höfe sind so vielfältig, wie die Betriebe selbst: Wertholzbäume, Biomasseproduktion, Wind- und Erosionsschutz, Schatten für Weidetiere oder weitere Fruchtproduktion mit Kastanien oder Obst.
Das Projekt wird über einen Zeitraum von zwei Jahren durch die Deutsche Postcode Lotterie gefördert.
Hintergrund: Das Bergwaldprojekt
Der Bergwaldprojekt e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Würzburg. Er setzt sich seit 1991 für den Schutz, den Erhalt und die Wiederherstellung von Ökosystemen in Deutschland ein. Der Verein organisiert bundesweit Arbeitseinsätze für Freiwillige in Wäldern, Mooren und Freilandbiotopen. Mit den Pflegeeinsätzen auf Agroforst-Betrieben wie im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord erschließt das Bergwaldprojekt einen neuen Arbeitsbereich.
Ziel dieser Einsätze ist es, die Biodiversität zu fördern, die vielfältigen Funktionen der Ökosysteme zu erhalten und den Teilnehmenden die Bedeutung sowie die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen.
Dieses Jahr bringt der Verein mit seinen Einsatz-Wochen deutschlandweit mehr als 5.000 Freiwillige in die Natur. Dazu finden 190 Projekt-Wochen an gut 100 verschiedenen Standorten in Deutschland statt.
So sehen die Agroforstsysteme auf dem Hof Sonnenwald in Seewald von oben aus. Foto: Olef Koch/Universität Hohenheim
Hintergrund Wissen 1: Was ist Agroforst?
Bei Agroforstsystemen handelt es sich um bewirtschaftete Flächen, auf denen Acker- oder Grünland-Flächen und Gehölzstrukturen gemeinsam angebaut werden. Dabei gehören die Bäume und Sträucher zur landwirtschaftlichen Nutzfläche. Zumeist sind sie in Streifen angeordnetund auf Maschinenbreiten angepasst. Auf diese Weise können sie auch mit größeren landwirtschaftlichen Maschinen gut umfahren werden. Der Anteil an Gehölzen auf der Fläche beträgt in der Regel zwischen fünf und 20 Prozent.
Hintergrund Wissen 2: Warum ist Agroforst gut fürs Klima?
Agroforstsysteme schützen vor Bodenerosion, haben eine hohe Kapazität an Wasserspeicherung und Kohlenstoff-Bindung. Sie erhöhen die Biodiversität und weisen eine Vielfalt an Produkten auf. Damit sind sie resilienter gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels wie etwa längeren Trockenperioden oder Starkregen-Ereignissen. Die Gehölze binden klimaschädlichen Kohlenstoff, mindern die Windgeschwindigkeit oder reduzieren bei Starkregen die Wassermengen und schützen so den Boden vor Erosion. Stehen Gehölze am Wasser, fangen sie Nähr- und Schadstoffe ab und tragen zum Erhalt der Wasserqualität bei. Da die Gehölzflächen nicht gedüngt werden, gelangen zudem weniger Stoffe wie etwa Nitrat ins Grundwasser und es entstehen weniger Treibhausgase.
Durch die besser geschlossenen Nährstoffkreisläufe und den Aufbau von Humus wird der Boden fruchtbarer und damit ertragreicher. Der Humus sorgt zudem dafür, dass mehr Kohlenstoff gebunden und Wasser im Boden gespeichert werden kann. Agroforstsysteme bieten außerdem einer Vielzahl an Vögeln und Insekten einen attraktiven Lebensraum. Sie eignen sich auch für die Haltung von Nutztieren wie Rindern, Schafen oder Ziegen, die die Grünland-Flächen beweiden könnenund vom Schatten der Bäume profitieren. Auch Hühner oder Gänse können diese Flächen nutzen. Agroforstsysteme liefern durch die Ergänzung der Ackerfrüchte um Holz und Früchte der gepflanzten Bäume oder Sträucher letztlich auch ein vielseitigeres Produktangebot.
Text: Gundi Woll/ Fotos: Gundi Woll & Eduard Fischer/Bergwaldprojekt e. V.