Die fünfte GeoTour im Kinzigtal führt nach Hausach. Wie auf allen GeoTouren könnt ihr hier auf eigene Faust die typischen Gesteine des Mittleren Schwarzwalds suchen, finden und bestimmen. Und wie an vielen Stellen im Kinzigtal hat auch hier der historische Bergbau seine Spuren hinterlassen. Immer wieder interessant: Bestimmte Pflanzen und Tiere sind typisch für bestimmte Gesteinsarten im Untergrund.

Holt euch die kostenlose 36-seitige Broschüre zur GeoTour direkt in der Tourist-Information in Hausach (Hauptstraße 34, 77756 Hausach, tourist-info@hausach.de, www.hausach.de) und macht euch auf den Weg! Die Broschüre führt euch auf den richtigen Weg und beschreibt jede Abbiegung. Sie leitet euch zu den Fundstellen unterschiedlicher Steine und Mineralien und erklärt, was ihr da findet. Die Tour ist nicht ausgeschildert, also verlasst euch auf die handliche Broschüre.
Euch erwartet eine keine aber feine, auch im Sommer kühl-schattige und quellenreiche GeoTour mit vielen Stationen. Die Tour in großer Stille und mit wunderbarem Tannenduft verläuft in einer Höhe von bis zu 800 Metern am Brandenkopf, aber ohne größere Steigungen. Ideal für den Sommer und ideal für Kinder und Senioren, auch für Bollerwagen geeignet.
Typisch Mittlerer Schwarzwald: Badischer Bausandstein
Ausgangspunkt der GeoTour liegt auf der Passhöhe am Wegweiser „Bettelfrau“ mit Parkgelegenheit. Von dort aus über die Passstraße gehen. Dort ist ein alter Grenzstein aus Badischen Bausandstein aus dem Jahr 1738 zu entdecken. Auf seiner Oberseite befindet sich eine Rille, die den Grenzverlauf anzeigt. Die eingemeißelten Buchstaben FH bedeuten „Freies Harmersbachtal“. Das Tal war von 1718 bis 1806 reichsfrei, unterstand also keinem Regionalfürsten, sondern direkt dem Kaiser.
Die Buchstaben FH auf dem alten Grenzstein bedeuten „Freies Harmersbachtal“. Die Rille auf der Oberseite zeigt den Grenzverlauf. Auf der Rückseite bezeichnen die Buchstaben GE „Gemeinde Einbach“, das heutige Hausach.
Weiter geht es nicht über einen der ausgeschilderten Wanderwege, sondern über den leicht bergab führenden „Christesweg“ mit Schranke. Nach rund 150 Metern sind große Gesteinsblöcke rechts am Weg zu erkennen. Auch hier handelt es sich um Badischen Bausandstein. Am Ende der letzten Kaltzeit taute der Permafrost-Boden auf und die Erd- und Gesteinsmassen an den Hängen kamen ins Rutschen. Die größere Blöcke haben sich hier angehäuft. Viele der Steinblöcke sind bewachsen mit spezialiserten Pflanzen, beispielsweise die Farnart „Engelsüß“ und viele Moosarten. Sie zeigen einen sauren untergrund an. Auf dem Waldboden würden sie von anderen Pflanzen wie Sträucher und Bäume verdrängt, die wiederum nicht auf Felsblöcken wachsen können.
Bewachsene Steinblöcke haben sich hier versammelt. Engelsüß, auch Gewöhnlicher Tüpfelfarn (Polypodium vulgare) genannt.
Immer wieder Quellen am Wegesrand
Weiter unten am Weg erscheint rechts ein Aufschluss in der Böschung, also ein „Fenster in die Erdgeschichte. Dort finden sich Brocken von Para-Gneis, erkennbar an den langen Bänderungen. Nach 100 Meten biegt ihr scharf rechts auf einen grasige Waldweg ab und folgt ihm bergab rund 200 Meter. Dort entspringt eine Quelle in der Böschung. Darauf deuten auch Zeigerpflanzen wie die Steifblättrige Knäuel-Binse oder das Wechselblättrige Milzkraut hin. Quellen haben eine wichtige Funktion als Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere wie Amphibien. 50 Meter weiter findet ihr schon die nächste Quelle. Der Weg führt fast genau an einem Quellhorizont entlang, der die Grenze zwischen dem kristallinen Grundgebirge (hier Para-Gneis) und dem Deckgebirge (Sandsteinschichten des Buntsandsteins) markiert: Das Wasser sickert durch den relativ wasserdurchlässigen Sandstein, bis es auf die relativ dichten und daher wasserundurchlässigen Kristallin-Gesteine trifft. An diesen fließt das Wasser entlang, bis es, wie hier, an Hängen als Quelle zutage tritt.
Para-Gneis. Steifblättriges Knäuel-Binse (Juncus conglomeratus Wechselblättriges Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium)
Geht weiter bis zu vorspringenen Felsen rehts und Halden links vom Weg. Hier finden sich milchig-weiße und fettglänzende Gang-Quarze, aber auch vor allem ein graugelbliches, ungebändertes, sehr hartes und feinkörniges Gestein mit kleinen Kristallsprengseln: Granophyr. Zum Teil weisen die
Quarze dunkel-schwarze oder rot-gelbe Eisenmineralisierungen, manchmal sogar grau-silbrig glänzende Blei-Silber-Mineralisierungen auf.
Was eigentlich ein „Gang“? Als Gang im geologischen Sinne bezeichnet man ein Gestein, das im Laufe der Jahrmillionen eine Spalte in einem anderen Gestein aufgefüllt hat. Das kann durch zu Tage tretende Lava bzw. Magma geschehen sein, die in Spalten geflossen ist, oder durch Minerale, die aus wässrigen Lösungen ausgefällt worden sind.
Was ist eigentlich ein „Gang“?
Im Spätsommer oder Herbst zeigen sich in dem quellig-feuchten Gelände auch Pilze wie der giftige Fliegenpilz, die saure Böden anzeigen. Das ist kein Wunder, da die meist sauren Ausgangsgesteine und hohe Niederschlagsmengen die Böden hier sauer werden lassen. Die geheimnisvolle Gelbe Hexenbutter wächst zwar nicht nur auf sauren Böden, besiedelt aber gerne deren streureiche Auflage. Die Wissenschaft ist sich uneins, ob Pilze nun Pflanzen, Tiere oder eine dritte Art sind. Jedenfalls ähnelt dieser Pilz zu Beginn eines Lebens einer Amöbe, die sich mit Scheinfüßchen sogar fortbewegen kann!
Der Fliegenpilz (Amanita muscaria) zeigt saure Böden an. Gelbe Hexenbutter, auch Gelbe Lohblütte genannt (Fuligo septica).
Der Kleine Waldweg mündet in einen breiten Fahrweg. Dort rechts abbiegen. Gleich an der Abbiegung ist Ortho-Gneis zu sehen, der teilweise von Quarzgängen durchzogen ist. Vereinzelt sind Brocken it rosa und weißem Schwerspat zu finden, die man schon allein an ihrem hohen Gewicht erkennen. In ihren Klüften finden sich teilweise unke Eisen- und Manganineralisierungen. Hier verläuft also ein Mineraliengang.
Spuren des historischen Bergbaus
Im Bereich solcher Mineraliengänge haben die Bergleute von Hausach früher nach Kupfer, Silber und Eisen gesucht. Die Calwer Gewergschaft betrieb hier von 1770 bis 1773 ein „Minibergwerk“ mit einem Stollen namens „Martin im Einbach“, um den ebenfalls hier vorkommenden Kupferkies abzubauen. Das ist im Wald oberhalb der Böschung an kleinen Gruben zu erkennen, Pingen genannt. Hier gruben die Bergleute auf der Suche nach Erzen.
Schwerspat mit eisen und Manganmineralisierungen. Solche Gruben oder Pingen deuten auf bergbauliche Aktivitäten hin.
Weiter auf dem breiten Fahrweg begegnet euch wieder der Granophyr, ein hartes, hellgraues Gesein mit Mineraliensprenkeln. Er war als Wegschotter sehr beliebt und wurde hier auch abgebaut. Das sieht man an runden „Buchten“, Reste kleiner Abbaugruben. Auf dem Granophyrgestein müssen Bäume und Sträucher regelrecht kämpfen und schlagen Haken.
Hier ist die Form des granophyr-Gangs deutlich zu sehen. Bäume und Sträucher „kämpfen“ sich auf dem Gestein durch.
Felsblöcke auf Wanderschaft
Folgt dem Fahrweg bis zu einer letzten Linkskurve. Rund 200 Meter vor einer am Ende eines Aufschlusses sichtbar werdenden Hütte seht ihr unter anderem rötlich gefärbte Fließerden und einzelne Wanderblöcke der roten Sandsteine. Da manche Gesteinsblöcke mehrere Hundert Meter Rutschungsstrecke hinter sich haben, wurden ihre Kanten zum Teil abgeschliffen. Im Aufschluss rechts an der Wegeböschung wittert ein hartes, ungebändertes kristallines Gestein heraus. Zum dritten Mal begegnet ihr dem Granophyr-Gang.
Geht weiter bis zu der Hütte. Sie ist offen und ihr könnt sie als Rastplatz oder Schutzhütte nutzen. Bitte nach dem Verlassen die Türe wieder schließen! An ihrer Längsseite gibt es einen Futtertrog, der zur Fütterung von Rückepferden diente. Ihr Fundament besteht aus schön behauenem Badischen Bausandstein. Ein Stück weiter rechts am Weg entdeckt ihr einen Baumstammbrunnen. Auf eigene Verantwortung könnt ihr das natürliche, aber nicht kontrollierte Quellwasser trinken. Da es in Buntsandsteinschichten mineralisiert wurde, handelt es sich um echtes „Wüstenwasser“. Geht den Fahrweg wieder zurück und folgt links an der Hütte vorbei der linken Wegegaben auf dem „Kaltbrunnenweg“.
Das Gelände „quillt über“
Am linken Wegrand befindet sich ein wasserführender Graben. Warum? Der Weg führt entlang dem Grenzbereich zwischen dem dichten, kristallinen Grundgebirge und dem sandig-porösen Gesteinen des Buntsandsteins. Aufgrund der relativen Wasserundurchlässigkeit der Gneise und Granophyre des Grundgebirges kann das Wasser nicht mehr weiter versickern und tritt an Talflanken als Quellen aus. Da die beteiligten geologischen Schichten über längere Strecken durch das Einbachtal angeschnitten sind, spricht man hier auch von einem Quellhorizont. Das Quellwasser kommt mit etwa 8 Grad Celsius an die Oberfläche. Der Name „Kaltbrunnenbach“ für den Weg passt also. Hier lassen sich typische Pflanzen entdecken wie der auf dem Wasser schwimmende Wasserstern oder Lebermoose, die kühlfeuchte Standorte anzeigen. Der Grasfrosch lebt hier und seine Kaulquappen kann man bis in den Sommer hinein sehen.
Wer genau hinschaut, entdeckt auch vieles. Wasserstern (Callitriche spec.) Moospflanze der Gattung Sphagum. Gut getarnte Kaulquappen des Grasfroschs
Der „Schweizer-Käse-Stein“
Bis in den Herbst hinein sind im Wasser die Larven des Bergmolchs zu beobachten, wenn auch nicht leicht zu entdecken. Die erwachsenen Tiere sind am ehesten im Frühjahr zu sehen. Links oben auf der Wegeböschung befinden sich große Gesteinsblöcke. Mit ein wenig Suchen entdeckt ihr den „Schweizer-Käse-Stein“, einen Felsblock mit kreisrunden Löchern, als ob sie von Menschenhand hineingebohrt worden seien. Doch weit gefehlt. Die Löcher rühren von Kugeln her, krustigne Gebilden mit einem hohen Eisen-, Mangan- und Tonanteil, Reste früherer Krustenböden in der Buntsandstein-Wüste. Irgendwann wurden sie vom Wasser mitgerissen, dabei zu Kugeln geformt und im „normalen“ Wüstensand eingebettet, der später zum Buntsandstein wurde. Da die Kugeln anders beschaffen sind als der sie umgebende Sandstein, wittern sie leicht heraus, oft sogar als ganze Kugeln. Zurück bleiben kreisrunde Löcher. Fertig ist der „Kugelsandstein“ genannte „Schweizer-Käse-Stein“.
Nach der GeoTour ins Bergbau-Freilichtmuseum
Rund um das Städtchen Hausach sind über 60 Gruben, Stollen und Schächte nachgewiesen, in denen Bergleute früher vor allem Silber und Blei abgebaut haben. Im Ortsteil Hauserbach existiert aus diesem Grund ein kleines Freilichtmuseum, in dem gezeigt wird, unter welch schwierigen Umständen man früher das geförderte Erz weiterverarbeitete. Den Besucher erwartet eine Poche, ein Schmelzofen, eine Erzwäsche sowie eine Bergschmiede. Die Dorfer Erzbrüder, eine im Jahr 1957 gegründete Vereinigung zur Bewahrung des bergmännischen Erbes, lässt die Bergbaugeschichte wieder lebendig werden. Das liebevoll gepflegte Parkgelände ist frei zugänglich, die Exponate sind beschriftet. Führungen nur für Gruppen auf Anfrage Tel. 07831 7975, ab Kreisverkehr Ortseingang
West ausgeschildert, www.dorfer-erzbrueder-hausach.de.
(Fotos: Dr. Andreas Megerle, Gundula Marks, Naturpark, Stadt Hausach, Kathy Büscher/pixabay, Stefan Dangel)
13.12.2019
Hier findet ihr Links zu den anderen Geotouren im Kinzigtal:
Für alle fünf GeoTouren zusammen gibt es eine GeoBox mit neun beispielhaften Gesteinen aus dem Mittleren Schwarzwald, den fünf Tourbroschüren und einem Begleitbüchlein „GeoKompakt“ mit viel Hintergrundwissen. Die Geobox bekommt ihr in den Tourist-Informationen der jeweiligen Orte, in unserem Info-Shop in Bühlertal und in unserem Online-Shop.
Autor der Broschüren und des Begleitbüchleins ist Dr. Andreas Megerle, der zusammen mit Bernd Schuler auch die GeoBox entwickelt hat. Herausgeber der beiden Medien ist das Landratsamt Ortenaukreis.