Den Flößerpfad im Kinzigtal einmal anders erleben: Schwarzwald-Guide Matthias Kober führt durch eine der reizvollsten Naturpark-Landschaften der jungen Kinzig entlang – von der Quelle bis nach Alpirsbach. Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord lädt euch gemeinsam mit Alpirsbacher Klosterbräu seit Frühjahr 2017 zum „Glücks- und Genusswandern“ ein. Ihr erlebt die wohltuende Wirkung der Natur und lasst euch unterwegs ein Bier – oder ein alkoholfreies Getränk – der Brauerei mit dem berühmten Brauwasser schmecken. Wir waren auf einer der ersten Touren dabei.
Schwarzwald-Guide Matthias Kober ist prädestiniert für diese Führung. Denn seine Vorfahren waren Flößer. Auf den Spuren dieser kernigen Kerle wandern wir an der rauschenden Kinzig entlang und erfahren viel Interessantes über die Flößerei, die hier bis vor rund hundert Jahren noch ausgeübt wurde. Am 22. Juli 2017 könnt ihr selbst die Tour auf dem Flößerpfad mitmachen. Näheres dazu am Ende des Beitrags.
Kinzigwasser umgab die „Loseburch“
Die Glücks- und Genusswanderung geht los am KinzigHaus in der Ortsmitte von Loßburg. Der Ortsrand ist nicht weit und vor uns öffnet sich der Anblick saftig grüner Wiesen und Wälder an diesem sonnigen Maientag. Wir passieren einen kleinen Stauteich – erste Anzeichen der Kinzig, die schon die ehemaligen Herren von Geroldseck zu ihrer Wasserburg „Loseburch“ geleitet haben, die dem Ort seinen Namen gab. Später wurde hier eine Lohmühle betrieben, die getrocknete Fichtenrinde zu Gerberlohe zerrieb.
Die Kinzig teilt sich gleich nach der Quelle
Wir wundern uns, dass uns das Kinzigwasser hier in Richtung Nordosten nach Loßburg entgegenfließt, aber unser Schwarzwald-Guide klärt auf: „Die Kinzig teilt sich kurz nach der Quelle. Das Kinzigwasser hier fließt in die Glatt und dann in den Neckar, der andere, größere Arm fließt das Kinzigtal hinunter und mündet bei Straßburg in den Rhein.“ Und er fügt lächelnd hinzu: „Bei Mannheim treffen sich die beiden Kinzigs dann wieder.“
Längster Schwarzwaldfluss zum Rhein
Wir tauchen ein in den schattigen Wald. Bevor wir uns auf den Flößerpfad begeben, führt uns Kober zur Kinzigquelle, die von einer runden Steinmauer eingefasst ist. Er zeigt uns, nur 100 Meter danach, wo die Kinzig sich teilt. Ein kleiner Kanal führt das Wasser Richtung Loßburg zurück, der andere Teil plätschert als munterer Gebirgsbach das Tal hinab. „Die Kinzig ist mit 93 Kilometern einer der längsten Flüsse im Schwarzwald“, erklärt der Guide, „und war lange Zeit auch der wildeste.“
Einstieg zum Flößerpfad: der Kinzigsee
Wir wollen dem schattigen oberen Tal folgen, vorher führt uns Kober noch zum 1978 angelegten Kinzigsee – einem idyllischen Weiher mit grünem Ufer und einem einladenden Kiosk, von hohen Nadelbäumen umgeben. Über diesen Weiher führt ein Steg, unter dem unter Wasser große Schwarzwaldtannen wie ein Floß angeordnet sind. „Normalerweise würden sie schwimmen, sie sind verschraubt“, erläutert Kober. „Die Flößer transportierten nicht nur die Tannen, sondern auf ihren Flößen auch alle Arten von Lasten. So auch Laubholz, das sonst sinken würde.“
Natur macht glücklich
Nun geht es in herrlicher Natur auf dem Flößerpfad dem rauschenden Gebirgsbach entlang. Es ist Ende Mai, ein warmer Tag, überall leuchtet es in allen Grünschattierungen, Vögel singen, der Wald duftet und wir verstehen, warum es hier um „Glückswandern“ geht. Für uns Laien ist es schwer vorstellbar, dass es auf diesem munteren Bächlein Flöße gegeben haben soll. „Zum einen führte die Kinzig damals sehr viel mehr Wasser“, klärt uns der Schwarzwald-Guide auf. „So gab es viel mehr Schnee im Winter, entsprechend viel Wasser bei der Schneeschmelze. Vor allem aber wurde der Fluss an vielen Stellen aufgestaut.“
Ein Floß wächst mit der Strecke
Und er schildert, dass die Flöße am Oberlauf der Kinzig zuerst schmaler waren. Wenn der Fluss breiter wurde, konnte man mehr Stämme nebeneinander binden. Es gab einen Mann, der immer vorauseilte und zur rechten Zeit die Stauwehre öffnete. Der „Ritt“ durch die Stauwehre war ein riskantes Manöver, bei dem mehrere Flößer mit Stangen das schwimmende Holzlager manövrierten. Am wichtigsten war der Chef des Floßes: der Steuermann oder Obmann, der sehr erfahren und entscheidungsfreudig sein musste. Das Ruder auf einem Floß befand sich im Gegensatz zu einem Schiff vorn. Kober zeigt uns Überreste von Staumauern, die in der Mitte einen Durchlass in Floßbreite hatten. Im Verlauf des Flusses kam immer mehr Holz dazu, auch von Stämmen, die aus den Seitentälern herangeflößt wurden.
Was genau ist ein „Floß“?
Wir Laien verstehen unter einem Floß einige nebeneinander zusammengebundene Stämme. Fertig. Für Flößer ist das lediglich eines der „Gestöre“, von denen fünf, sechs oder mehr hintereinander beweglich miteinander vertäut wurden – wie ein schwimmender Zug. Erst dann spricht man von einem Floß. Die schmalen Enden der Stämme waren am Gestör immer vorn zusammengebunden, damit das Floß sich nicht irgendwo verhakte. Auf großen Flüssen konnten solche Flöße bis zu 600 Meter lang sein, mit bis zu 500 Mann Besatzung. Ein Gestör ist rund 30 Meter lang – Gardemaß der „Holländertannen“. Denn nach Holland zum Schiffs- und Städtebau verkaufte man damals über den Rhein den größten Teil des Holzes aus dem Schwarzwald.
Die Erfrischung auf dem Flößerpfad
Wandern macht auch durstig und nach rund eineinhalb Stunden Fußweg und vielen interessanten Geschichten über die Flößerei und den Holztransport hält unser Guide eine kleine Überraschung für uns bereit. Unter einer kleinen Brücke hat er im kühlen Kinzigwasser Bier und alkoholfreie Getränke gelagert – gesponsert von Alpirsbacher Klosterbräu. Jetzt wird die Tour noch mehr zum „Genusswandern“. Denn ein Genuss ist schon die reine Wandertour in dieser wunderschönen Landschaft.
Anschauliche Schilderung am Schaufloß
Erfrischt wandern wir weiter und gelangen zu einem Schaufloß, das die Bürger von Alpirsbach-Ehlenbogen in ehrenamtlicher Arbeit hier aufgestellt haben – mit einer Überdachung, um es vor der Witterung zu schützen. Matthias Kober erklärt, wie die einzelnen Gestöre oder Floßtafeln miteinander verbunden wurden. Fährt das Floß auf dem Fluss, wirken unglaublich große Kräfte. Normale Hanfseile hätten nie ausgereicht, die schweren Holzstämme zusammenzuhalten. Deshalb nahm man „Holzseile“, so genannte Wieden. Man wässerte frische kleine Hasel-, Tannen- oder Fichtenstämme für einige Tage und legte die nassen Stämmchen dann in einen langen Ofen.
Schwere Handarbeit
Nachdem das Wasser im Holz gekocht hatte, wand man die Stämmchen mit viel Muskelkraft um eine Stange, um die Fasern zu brechen und die Rinde zu lösen. Man bohrte Löcher in die Stämme oder schlug große eiserne Ösen hinein und vertäute sie – „Einbinden“ nannte man das. Die Wieden blieben im Wasser auf dem Fluss relativ weich und biegsam, hielten aber große Zugkräfte aus. Und so waren die Floßtafeln beweglich miteinander verbunden. Das war wichtig fürs Manövrieren in den Flussbiegungen. Ebenso wichtig war das Bremsen. Auf dem vorletzten Gestör war ein senkrechter Stamm installiert, den zwei kräftige Männer bei Bedarf in den Flussboden rammten. So wurde das Floß langsamer oder es streckte sich wieder, wenn die hinteren Floßtafeln zum Beispiel in Kurven schneller wurden als die vorderen.
Schöner und genussvoller Abschluss
Nach dem Schaufloß weitet sich das Kinzigtal. Wir wandern an saftig grünen Wiesen mit Kühen und an historischen Gehöften vorbei, passieren nochmals alte Stauwehre und einen Seerosenteich. Nach insgesamt rund acht Kilometern und rund drei Stunden erreichen wir den Endpunkt der heutigen Wanderung: den Landgasthof Untere Mühle in Alpirsbach-Ehlenbogen. Wer möchte, kann hier einkehren. Ein kräftiges Mittagessen und ein Alpirsbacher auf der Terrasse erinnern uns nochmals daran, dass wir eine wunderschöne Glücks- und Genusswanderung erlebt haben!
(Fotos: Museum für Stadtgeschichte Alpirsbach, Stefan Dangel; Video: Stefan Dangel, Musik im Video: Free Music Archive)
Nächster Termin: 22. Juli 2017
Diese geführte Wanderung mit unserem Schwarzwald-Guide Matthias Kober findet am 22. Juli 2017 nochmals statt und führt dann weiter bis zum Kloster Alpirsbach (insgesamt ca. elf Kilometer)
Anmeldung erbeten direkt bei Matthias Kober unter 07446 2397 oder kober_matthias@gmx.de
Der Flößerpfad kann aber auch sehr gut auf eigene Faust erkundet werden. An vielen Flößer-Stationen mit Informationstafeln, Exponaten und einem online abrufbaren Geschichtenbuch wird das Leben und Arbeiten der Flößer sehr anschaulich erklärt. Für Kinder gibt es die Mitmachgeschichte „Felix und sein Hut“. Auf 13 Tafeln ist das gleichnamige Buch von Else Schwenk-Anger nachempfunden. Kinder können hier anhand der Geschichte verschiedene Aufgaben und Rätsel lösen.
Mehr Infos:
www.floesserpfad.de
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