Es wuselt. In den Teichen der Forellenzucht Calmbach schwimmen viele Tausende munterer Forellen. Und zwar die unterschiedlichsten: Regenbogenforellen, Lachsforellen, Bachforellen, Seeforellen und Goldforellen. Und Saiblinge. Und ein paar Störe. So schön es ist, diese lebendigen Teich- und Bachbewohner zu beobachten – mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Die Fische von Gerhard Kelp werden für die gehobene Gastronomie gezüchtet. Seine Forellen aus dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord sind eine echte Spezialität – und heiß begehrt.
Der Hausherr verspätet sich. Denn Gerhard Kelp muss ein Problem lösen. Neben der Forellenzucht besitzt der passionierte Jäger ein Damwildgehege. „Als Hobby“, wie er sagt. Ein Hirsch hat ein Knäuel Maschendrahtzaun ins Geweih bekommen und muss unter Betäubung davon befreit werden. Ich nutze die Zeit, um übers Gelände zu schlendern. Allein schon die Lage am idyllischen Würzbach, der an dieser Stelle aus dem Wald plätschert, spricht die Sinne an. Dieser Bach speist zusammen mit zwei Quellen die Forellenzuchtanlage mit klarem, sauberem Schwarzwaldwasser. Immer wieder springt ein Fisch in die Höhe. Kleine Springbrunnen oder Wasserräder quirlen Sauerstoff in die Teiche.
Leckeres vom Grill
Zum Gelände gehört auch der „Forellengrill“, ein Imbiss in einem Glaspavillon, in dem von Ostern bis Ende Oktober die Fische und andere Schwarzwälder Spezialitäten für Gäste frisch zubereitet werden. Ich verkürze mir das Warten mit einem köstlichen gegrillten Saibling mit Kartoffelsalat. Es wird sowohl drinnen wie auch im Freien bewirtet.
Als ich mir anschließend im Hofladen überlege, welche geräucherten Forellen ich mir für zu Hause gönne, steht auf einmal Gerhard Kelp vor mir. Das Hirsch-Problem ist gelöst und gerne erzählt er mir alles über seine Forellenzucht hier in Bad Wildbad-Calmbach, wo er zwei Anlagen betreibt. Eine weitere befindet sich bei Seewald an der Völmlesmühle.
Gerhard Kelp ist studierter Förster und kam nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aus Rumänien nach Deutschland. Siebenbürger Sachsen wie er sind als fleißige Leute bekannt. Kelp hat nicht nur 1991 seine erste Fischzucht in Calmbach gekauft, er betreibt heute neben den beiden weiteren Forellenzuchten eine internationale Messebaufirma als Dienstleister und ein Unternehmen, das Großzelte verleiht. Zudem führt er auch noch einen langjährigen traditionellen Forstbetrieb.
Preisgekrönte heimische Forellen
Die zweite Calmbacher Anlage, auf der ich mich hier befinde, erwarb er 2014 von Alexander Berger, der aus gesundheitlichen Gründen aufhörte. „Von seinen Methoden haben wir viel übernommen“, erzählt Kelp, „denn auch wir liefern seit dem nahtlosen Übergang höchste Qualität.“ Das scheint zu gelingen, denn seine Forellenzucht Calmbach hat 2016 zwei DLG-Preise gewonnen. Und die dritte Fischzucht an der Völmlesmühle gehört Kelp seit Sommer 2016. Sie ist eine der ältesten Forellenzuchten des Schwarzwalds. Der Vorbesitzer Kurt Englerth verkaufte den elterlichen Betrieb nach fast 40 Jahren, als er in den Ruhestand ging.
Spitzenfisch für Spitzenköche
Nicht umsonst zählt die gehobene Gastronomie zu Kelps Hauptkunden – etwa die Naturparkwirte vom Berghotel Mummelsee, vom Hotel Therme in Bad Teinach und von Berlins Hotel KroneLamm in Zavelstein, vom Schwarzwaldhotel Sonnenhof in Langenbrand oder von der Eyachmühle im Eyachtal, aber auch der Sternekoch Vincent Klink von der Wielandshöhe in Stuttgart – um nur einige zu nennen. Der Marktführer des Fischgroßhandels „Deutsche See“ holt Forellen mit eigenen Kühlwagen bei Kelp im Würzbachtal ab. „Etwa fünf Prozent unserer Fische verkaufen wir in unserem Imbiss und unser Hofladen läuft auch sehr zufriedenstellend“, berichtet der Fischzüchter.
Mehr Platz und weniger Stress für die Fische
Hier an der Würzbachtalstraße befinden sich 28 Teiche, weiter unten in Calmbach zwölf Teiche und an der Völmlesmühle ebenfalls 28 Teiche. „Wir könnten pro Jahr 500 Tonnen Forellen züchten“, sagt der 55-jährige Forellenzüchter. „Aber wir reizen die Kapazitäten nie aus, sondern besetzen die Teiche nie mehr als bis zur Hälfte. Wir wollen, dass die Fische genug Platz haben.“ So bleiben sie gesünder, nagen nicht gegenseitig an den Flossen und wachsen besser.
„Wir kaufen keine fremden Regenbogenforellen“, beteuert Kelp. „Alle Forellen züchten wir vom Ei bis zur Speisereife, wenn sie etwa 350 Gramm wiegen. Das dauert bei Forellen rund 22 Monate, bei Saiblingen bis zu 28 Monate.“ Die hochwertigen Eier allerdings bezieht Kelp wie die meisten Forellenzüchter aus Dänemark vom weltweit bekannten Unternehmen „AquaSearch ova“. Und zwar alle drei Monate, damit es keine Umsatzlücken gibt. „Die Eier kommen innerhalb weniger Stunden mitten in der Nacht bei uns an. Wir setzen sie sofort in die Brutwannen in unserem zentralen Bruthaus, bei sieben bis neun Grad Celsius Wassertemperatur. Das ist die optimale Temperatur“, erklärt der Forellenzüchter. „Dann beginnt das Leben des Fisches. Die Wannen werden ständig mit fließendem Quellwasser versorgt. Wenn die Tiere schlüpfen, haben sie noch einen Dottersack am Hals und liegen am Boden der Brutwannen. Wenn er aufgebraucht ist, steigen sie an die Wasseroberfläche.“
Die Qualität wird genau überwacht
Und Kelp erzählt weiter vom Lebenszyklus der Forellen und Saiblinge. Die noch winzigen Fischlein werden mit einem feinen Kescher abgefischt und kommen in ein Futterbecken, in dem sie mit ganz feinem Futter aufgepäppelt werden. Wenn sie sechs bis acht Zentimeter groß sind und acht bis 15 Gramm wiegen, kommen sie in die Teichanlage. „Und dann geht es richtig los mit dem Füttern“, sagt Kelp. „EU-Vorschriften verpflichten uns, vorbereitetes Standard-Futter von drei bestimmten zertifizierten Betrieben zu verwenden. Es besteht aus Fett und Proteinen und hat eine hohe Qualität. Früher haben die Fischzüchter alles in den Teich geschmissen: tote Tiere, gemahlen und gekocht – das ist vorbei.“ Alle drei Monate prüft der Fischgesundheitsdienst aus Stuttgart den Fischbestand. „Die können dann genau sagen, was die Forellen in den letzten drei Monaten gefressen haben.“
Traditionelle „Fischmanufaktur“ im Idyll
Die Fische müssen zwei- bis dreimal in den nächsten Teich umziehen, denn die Anlage muss immer wieder gesäubert und desinfiziert werden. In Kelps drei Forellenbetrieben gibt es keine Betonbecken, sondern ausschließlich natürliche Erd- und Sandsteinteiche, die unter Wasser – so paradox es klingt – von Trockenmauern eingefasst sind. Die Naturteiche werden alle paar Monate abgelassen, gereinigt, repariert und mit verdünnter Essigsäure desinfiziert. „Wir wollen unsere drei Anlagen sanieren und wieder top herrichten, aber auch traditionell bleiben und das Alte bewahren“, betont Kelp. „All das soll nicht sein Flair verlieren. Es soll ins Tal passen.“
Täglich entnehmen und verarbeiten Kelps Mitarbeiter rund 80 bis 100 Kilogramm Fische. Etwa 15 Prozent davon werden geräuchert. „Wir machen alles von Hand“, betont der Unternehmer. Weil die Forellen und Saiblinge unter so guten Bedingungen gezüchtet werden, haben sie eine hohe Qualität, einen besonders guten Geschmack – und natürlich auch ihren Preis. „Mit den Forellen für 1,90 Euro in den Supermärkten können wir preislich nicht mithalten“, verdeutlicht Kelp. „Die stammen aus der Massenproduktion und werden oft schon in zehn bis elf Monaten speisereif gemästet.“
Kampf gegen tierische Fischdiebe
Probleme gibt es natürlich auch: Durch den Import lebender Fische in die Region werden Krankheiten eingeschleppt, diese werden dann zum Beispiel von Reihern und Kormoranen weiter verbreitet. Diese Vögel sind natürlich auch als Fressfeinde ein Problem. „Kormorane darf man schießen, Reiher stehen aber unter Naturschutz“, erklärt der Siebenbürger, dessen Familie seit drei Generationen auf die Jagd geht, und fügt lächelnd hinzu: „Doch wir haben einen kleinen wachsamen Hund namens Max, der sofort mit viel Radau auf die Vögel losgeht.“ Auch zu wenig Wasser, zu warmes Wetter oder Geröll und Schlamm nach Unwettern können den Teichen und ihren Bewohnern zusetzen.
Gerhard Kelp und sein Team lassen sich davon nicht beirren. Sie züchten ihre begehrten heimischen Forellen, Bachforellen, Seeforellen, Lachsforellen, Saiblinge und die besonderen Goldforellen für die Gaumenfreuden von Feinschmeckern und Fischessern. Zu den letzteren gehört Kelp allerdings nicht unbedingt, wie er gesteht. „Früher habe ich nur an Silvester Fisch gegessen. Seit ich züchte, esse ich etwas mehr. Aber ich bin eher ein Wildesser.“ Das dürfte den heute Morgen befreiten Hirsch nicht freuen.
(Fotos und Video: Stefan Dangel)
5.12.2016