Jedes Jahr veranstalten wir mit Partnern rund sechs Aktionstage in unserem Projekt „Herzenssache Natur“. Hier geht es darum, unsere schöne Schwarzwälder Kulturlandschaft offen zu halten. Viele Freiwillige Helferinnen und Helfer bewahren Wiesen, Lichtungen, Auen oder Biotope vor Verbuschung und Verwaldung. Denn dort haben sich viele Tier- und Pflanzenarten etabliert, die im Wald nicht vorkommen würden. In der vergangen Woche haben die beiden letzten Herzenssache-Aktionen des Jahres stattgefunden: in Schuttertal und in Bühlertal.
Die abgemähten Hochstauden auf der Nasswiese im Regelsbach abräumen sowie Gestrüpp und einige Bäume auf einer Wiese am Kapellenberg entfernen. Das waren die Aufgaben der rund 30 freiwilligen Helferinnen und Helfer von lokalen Vereinen bei der Herzenssache Natur des Naturparks in Kooperation mit dem Landschaftserhaltungsverband Ortenaukreis (LEV) und der Gemeinde am Samstag (15. Oktober 2022) in Schuttertal (Ortenaukreis). Sieben Stunden pflegten die Freiwilligen in Handarbeit die beiden Biotope.
Die Gemeinde Schuttertal, der LEV und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord organisierten gemeinsam den „15. Ortenauer Landschaftspflegetag“. Ziel ist es, Freiwillige für den Schutz von Natur und Umwelt zu begeistern. Der LEV und der Naturpark arbeiten in Kooperation mit wechselnden Gemeinden in der Region bei der Herzenssache Natur bereits seit zehn Jahren zusammen. Mit der gemeinschaftlichen Aktion erhalten sie die heimische Artenvielfalt auf den beiden Flächen.
Kulturlandschaft erhalten, Naturschutz stärken
Mitangepackt hat auch die Stellvertretende Geschäftsführerin des LEV Ortenaukreis, Anne-Marie Jarry. „Beim diesjährigen Landschaftspflegetag stehen gleich zwei typische, aber ganz unterschiedliche Biotope unserer Kulturlandschaft im Fokus“, sagt Jarry beim Arbeitseinsatz. „Einerseits pflegen wir ein Nasswiesenbiotop, das ohne regelmäßiges Zutun des Menschen verbuschen würde. Dies hätte zur Folge hätte, dass weniger Tier- und Pflanzenarten dort vorkommen würden. Und andererseits schaffen wir am Kapellenberg Voraussetzungen, damit sich auf einer ehemaligen Weide die Artenvielfalt weiter positiv entwickeln kann.“
Mit dabei war zudem der Bürgermeister der Gemeinde Schuttertal, Matthias Litterst. Für ihn ergänzen sich hauptamtliches und ehrenamtliches Engagement bei der „Herzenssache Natur“-Aktion ideal. „Dieser Einsatz hilft nicht nur dem Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft in unserer Gemeinde, sondern stärkt auch die Verbundenheit der Menschen mit ihrer Heimat“, sagt Litterst.
So sieht das auch Christian Schütt vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. „Das sichtbare Ergebnis unserer Arbeit motiviert und soll zum Nachahmen anregen“, erklärt Schütt.
Deshalb gibt es den Ortenauer Landschaftspflegetag
Die Kulturlandschaft im Schwarzwald ist durch Jahrhunderte lange Bewirtschaftung entstanden: Tiere auf den Weiden, Weinberge, Streuobstwiesen und kleine Gärten zur Eigenversorgung prägten die offenen Bereiche außerhalb des Waldes. Aber immer öfter werden diese steilen und heute unrentablen Standorte aufgegeben. In der Folge breiten sich Pflanzen wie der Adlerfarn und Brombeerhecken ungehindert aus. Diese Flächen entwickeln sich nach und nach wieder zu Wald. Auch gewinnen Neophyten wie der Japanische Staudenknöterich oder das Indische Springkraut immer mehr an Boden und verdrängen heimische Pflanzen. Eine erneute Bewirtschaftung solcher Flächen wird immer schwieriger.
Der LEV Ortenaukreis richtet seit seiner Gründung Landschaftspflegetage in seinen Mitgliedsgemeinden aus. Ziel ist es, verwilderte Flächen wieder einer nachhaltigen Nutzung zuzuführen. Dies hat nicht nur einen positiven Effekt für die Bevölkerung vor Ort, sondern auch für den Tourismus.
Trockenmauerpflege an einer der steilsten Weinlagen Europas
Um etwas ganz Anderes beim Tun ging es am Dienstag (18. Oktober 2022) am Engelsberg in Bühlertal (Landkreis Rastatt), aber im Prinzip um dasselbe: den Erhalt schützenswerten Lebensraums. Die historischen Trockenmauern sind ein wichtiges Habitat für eine Vielzahl seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Deshalb haben sich über 50 Ehrenamtliche um die Pflege der Mauern gekümmert. Dabei entfernten sie Brombeerhecken, Sträucher, Bäume und Efeu. Diese Pflanzen schaden den Trockenmauern, da sie das Gemäuer durch das Dickenwachstum ihrer Wurzeln zerstören. Die Pflegeaktion findet jährlich in Kooperation mit dem Förderverein Engelsberg statt. Dieser war auch für die fachliche Anleitung verantwortlich.
Mitgeholfen neben den Mitgliedern des Fördervereins Engelsberg auch Mitarbeitende der AOK Mittlerer Oberrhein sowie zwei Klassen der Naturpark-Schule Dr.-Josef-Schofer-Schule in Bühlertal und Auszubildende der Stadtwerke Rastatt.
Historische Trockenmauern prägen das Ortsbild
„Es freut mich jedes Mal aufs Neue, dass so viele Kinder, Jugendliche und weitere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bei der Herzenssache Natur in unserer Gemeinde dabei sind. Die historischen Weingärten mit ihren vielen Trockenmauern prägen unser Landschafts- und Ortsbild“, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Bühlertal, Hans-Peter Braun, bei der Begrüßung der Freiwilligen. „Nach der Pflegeaktion sind sie wieder ein echter Hingucker für Besucher“, sagt Braun. Und Christian Schütt vom Naturpark ergänzt: „Wer bei der Herzenssache Natur mitmacht, setzt sich für seine Region und Heimat ein.“
Der Konrektor der Naturpark-Schule Dr. Josef-Schofer-Schule, Karl Linz, erklärt mit Blick auf den Bildungsaspekt: „Bei der Pflegeaktion lernen die Kinder ganz praktisch, dass unsere schöne Kulturlandschaft und damit auch der Lebensraum für viele heimische Tier- und Pflanzenarten nur mithilfe des Menschen erhalten bleiben kann.“
Für ihre Arbeit bedankten sich der Naturpark und der BGV Badische Versicherungen bei allen Helfer/innen mit einem Präsent. Der Naturpark-Partner unterstützte die Herzenssache Natur in Bühlertal zudem mit einem Abschlussvesper für alle Engagierten.
Deshalb ist sind die Trockenmauern so wichtig
Trockenmauern sind geschützte Lebensräume mit einer Fülle an Tier- und Pflanzenarten. Sie stützen den Untergrund an besonders steilen Weinberghängen, bewahren vor Erosion und machen somit den Weinbau in Steillagen möglich. Die Mauern speichern die Sonnenwärme des Tages und verringern dadurch die nächtliche Auskühlung in den Rebhängen.
Der Engelsberg in Bühlertal ist wegen seiner noch vorhandenen historischen Weingärten und der vielen Trockenmauern und offenen Felsbildungen für das Landschafts- und Ortsbild sehr bedeutend. Als Biotop ist er geschützt. „Der Engelsberg besitzt eine artenreiche Flora und ist Lebensraum mehrerer seltener und gefährdeter Tierarten. Ziel des Fördervereins Engelsberg ist es deshalb, diesen Lebensraum zu erhalten“, sagt Rudi Karcher vom Förderverein.
(Fotos: Christian Schütt, Gundi Woll – beide Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord)
22.10.2022