Geist, Wasser, Brand – um es gleich zu sagen: Es geht um Spirituosen. Wir besuchen die hochmoderne und gleichzeitig traditionelle Brennerei von Franz Wild in Gengenbach-Strohbach. Schon als wir den Verkaufsraum betreten, sind wir überwältigt von der ungeheuren Vielfalt der gehaltvollen Getränke. Und nicht zuletzt von dem betörenden „geistreichen“ Duft, der in der Luft liegt.
Wunderschön präsentiert ruhen die schlanken Flaschen mit den elegant gestalteten Etiketten auf den langen Ausstellungstheken. Oder stehen auf Augenhöhe in Holzregalen. Fast wie Museumsstücke ziehen sie unsere Blicke an. Gerne würden wir etwas verkosten. Und hier würde man uns auch gerne Probeschlückchen einschenken. Aber wir sind mit dem Auto gekommen. So begnügen wir uns mit dem anregenden Bukett, das den Raum erfüllt. Und nehmen natürlich am Ende etwas mit nach Hause.
Die nächste Generation bereitet sich vor
Die Brennerei Franz Wild kann auf eine lange Familientradition stolz sein. 1855 begann der Urahn Bernhard Bruder mit der Herstellung von Obstbränden und Likören. Seitdem hat der Familienbetrieb sein Können und sein Angebot immer weiter vermehrt und entwickelt. „Wir bieten heute rund 85 verschiedene Produkte an“, erklärt uns Maximilian Wild, einer von drei Söhnen des Inhabers Franz Wild. Der 22-Jährige studiert Getränketechnologie mit den Schwerpunkten Spirituosen und Weinbau. Er kennt sich seit seiner Jugend bestens aus und vertritt seinen Vater kompetent beim Brennen, wenn der wie heute im Außendienst ist. Franz Wild ist seit 1998 einer von nur 170 speziell ausgebildeten Destillationsmeistern in ganz Deutschland. Mit dieser Qualifikation hat er sein Know-how vervollkommnet, um die Qualität seiner Brände zu perfektionieren.
Die Destillationsanlage der Brennerei
Beim Brennen gibt es bekanntlich Vorlauf, Mittellauf und Nachlauf. Maximilian Wild erklärt den Zusammenhang:
Über beachtliche 30 Brennrechte in eigenen und in Lohnbrennereien verfügt die Brennerei Wild. Das erlaubt es der Familie, jeweils 300 Liter 100-prozentigen Alkohol zu brennen. Bei einem Alkoholgehalt der Endprodukte von 40 Prozent in 0,7-Liter-Flaschen bedeutet das rechnerisch rund 1000 Flaschen pro Brennrecht.
Die Qual der Wahl
Die Wilds haben sich die Vielfalt auf die Fahnen geschrieben. Und spätestens seit den Zeiten von Maximilians Großvater stellt die Familie in größerem Stil, auch mit ausgefallenen Früchten, Edelbrände her. Natürlich – wir sind im Schwarzwald – gehört Kirschwasser zu den wichtigsten Erzeugnissen. Ebenso Apfel- und Birnenbrände, Williams, Mirabellen- oder Zwetschgenwasser. „Wir bieten aber auch besondere Spirituosen, etwa aus Topinambur, Vogelbeeren, Mispel, Schlehen, Haselnuss, Johannisbeeren, Nägelesbirnen oder Steinpilzen“, zählt Maximilian auf. Hinzu kommen Whisky und Gin sowie zahlreiche Liköre wie Brombeer-, Heidelbeer-, Quitten- oder Eierlikör und viele mehr.
Die Früchte und sonstigen Zutaten stammen zum allergrößten Teil aus eigenem Anbau. „Wir bauen auf zehn Hektar Obst an und auf 2,5 Hektar Topinambur“, erläutert der junge Destillateur. Und seit 2015 gehört auch ein 2,5 Hektar großer Weinberg zum Gut der Familie Wild. „Noch ist es mehr ein Hobby. Aber da mein Bruder Manuel Weinbau studiert und ich Getränketechnologie, haben wir das Weingut gegründet und wollen es später ausbauen“, so Maximilian.
Höchste Sorgfalt für höchste Qualität
Edelbrände sind das Markenzeichen der Brennerei Wild. Was macht sie so edel? „Grundsätzlich ist alles entscheidend“, sagt Wild Junior. „Von der Bewirtschaftung der Streuobstwiesen, der Pflege der Bäume und des Grases darunter über die optimale Reife und die Auswahl des Obstes bei der Ernte bis zum sorgfältigen Brennvorgang und der richtigen Lagerung. Ein kleiner Fehler, und die ganze Charge erfüllt unsere hohen Ansprüche nicht mehr.“ Bei Wild werden die hochgeistigen Getränke zweimal gebrannt. Dabei spielen die schönen kupfernen Brennkessel eine entscheidende Rolle. „Es gibt keinen Brennkessel, der nicht mit Kupfer ausgekleidet ist“, erklärt Maximilian. „Kupfer macht das Destillat schön rund und mild im Geschmack.“ Damit nicht genug der Veredelung. Die Destillate werden in Tongefäßen gelagert. Die Spirituosen aus Steinobst drei Jahre, die aus Kernobst zwei Jahre. „Ton ist atmungsaktiv. Es kommt genug Sauerstoff durch die Poren, ohne dass der Alkohol verdunstet. Auch das macht den Geschmack noch runder“, ergänzt Maximilian.
Das aufwändigste Produkt ist der „Wild Gin“. Maximilian erklärt, warum: „Unser Gin hat über 60 Zutaten. Diese werden über Wochen in neutralem Alkohol eingelagert. Wir gliedern in vier Fraktionen auf. Und dann destillieren einzeln jeweils den Wachholder, Zitrusaromen, florale Aromen und Gewürzkomponenten. Schließlich fügen wir alles zusammen. Anschließend folgt die Lagerung. Der Wacholder muss deutlich herauszuschmecken sein.“
Die Goldlinie
Besonders beliebt bei den Kunden ist die „Goldlinie“ von Wild. Das Destillat verlässt mit einem Alkoholgehalt von 80 Prozent den Brennkessel. Bei den Produkten der Goldlinie wird es mit vollreifen Früchten für mehrere Wochen angesetzt. Anschließend wird es abgepresst und filtriert. Das gibt dem Getränk eine goldgelbe Farbe. Und – zum Beispiel beim „Williams Gold“ – ein sehr intensives Birnenaroma. Alle Brände werden mit frischem Schwarzwald-Quellwasser auf den gewünschten Alkoholgehalt verdünnt. Ein Großteil der vielfach prämierten Produkte geht in den Direktverkauf in Gengenbach. Wild ist aber natürlich auch auf den Naturpark-Märkten im ganzen Schwarzwald präsent. Und ebenso auf acht Weihnachtsmärkten zwischen Freiburg und Berlin. Zusätzlich sind die edlen Spirituosen im Online-Shop der Brennerei, in der regionalen Gastronomie und in regionalen Weinfachhandlungen erhältlich.
Im schön dekorierten Verkaufsraum stehen gemütliche rustikale Holztische und –stühle. Hier können Gruppen ab 15 Personen nach einer hochinteressanten Betriebsführung eine Destillat- und Likörprobe genießen, auf Wunsch mit traditionellem Schwarzwälder Bauernvesper. Wir kommen wieder!
Brennerei Wild
Streuobstgarten 1, 77723 Gengenbach
Telefon: 07803 5555, Telefax: 07803 601535
E-Mail: info@wild-brennerei.de
(Fotos und Video: Elke Cosmo)