Immer wieder werden einzelne Luchse im Schwarzwald gesichtet. Meist streifen sie aus der Schweiz oder aus den Vogesen herüber, aber wieder angesiedelt haben sie sich – noch? – nicht. Wildtier-Manager Peter Sürth aus Forbach-Herrenwies ist Experte für große Beutegreifer und hält den Schwarzwald für einen guten Lebensraum für Luchse.
“Luchsjagd“ per Sender
Das unsichtbare Pinselohr ist ein Einzelgänger, der aber nicht sofort flieht, wenn man ihm – äußerst selten – begegnet. Vor einiger Zeit wusste man von zwei Katern, die durch den Schwarzwald wanderten. Einem der beiden „Kuder“ – so der Fachbegriff für männliche Luchse – konnte man ein Senderhalsband anlegen und ihn ein Jahr lang telemetrisch verfolgen, bis er es planmäßig verlor. Das war allerdings im oberen Donautal. „Friedl“ ist also abgewandert und der andere Luchs ist in die Schweiz zurückgekehrt. Mittlerweile ist aber wieder ein Luchs im Südschwarzwald unterwegs.
Die größte europäische Raubkatze
Der eurasische Luchs ist ungefähr so groß wie ein Schäferhund, aber leichter. Er kann in freier Wildbahn 14 bis 15 Jahre alt werden, in Gefangenschaft über 20 Jahre. Der Luchs jagt am liebsten Rehwild und alles, was kleiner ist, also auch Frischlinge. Aber ein großer Kuder kann durchaus ein Hirschkalb oder eine kleine Hirschkuh reißen. Die Luchsin bringt nach 70 Tagen Tragzeit im Schnitt zwei bis drei Junge zur Welt, die sie in einer Höhle oder einem ähnlichen trockenen Unterschlupf großzieht. Nach zehn bis elf Monaten verlassen die Jungluchse die Mutter.
Luchse würden den Schwarzwald wählen
„Der Schwarzwald wäre für die europäische Luchspopulation sehr wichtig“, erklärt Wildtierexperte Peter Sürth. „Die beiden angrenzenden Luchspopulationen in der Schweiz und die paar Luchse in den Vogesen stellen eine Art Inselpopulation dar, die insgesamt viel mehr Fläche benötigt, um langfristig zu einer stabilen Population heranwachsen zu können.“ Der Luchs brauche quer durch die Alpen und durch Deutschland ein verbindendes Netzwerk, um Inzucht zu vermeiden und langfristig auch eigenständig überleben zu können.
Optimaler Lebensraum
„Der Schwarzwald als sehr großes zusammenhängendes Waldgebiet ist da ein wichtiger Baustein und ein mehr als ausreichend guter Lebensraum für den Luchs“, sagt Sürth. „Wichtig ist aber, die Akzeptanz und das Wissen über den Luchs zu verbessern und die möglichen Wanderkorridore zu erhalten und zu verbessern. Deswegen bemühe ich mich besonders um die Bildungsarbeit und Projekte an Schulen.“
Natürliche Rückkehr einer Luchspopulation unwahrscheinlich
Seit etwa 30 Jahren gibt es Diskussionen darüber, ob Luchse im Schwarzwald wieder angesiedelt werden sollen. „Eine natürliche selbständige Rückkehr einer Luchspopulation in den Schwarzwald in den nächsten zehn bis 20 Jahren ist eher unwahrscheinlich“ meint Sürth. „Einzelne Luchse ja, eine stabile Population nein. Alle Luchspopulationen in und um Deutschland herum basieren auf Ansiedlungsprojekten der letzten vier bis fünf Jahrzehnte. Trotzdem sprechen wir von nur maximal 100 Luchsen in ganz Deutschland. Das hat nichts damit zu tun, dass der Lebensraum für den Luchs ungeeignet ist, sondern dass die Sterblichkeitsrate zu hoch ist. Der Luchs ist streng geschützt, aber er stirbt durch Verkehrsunfälle – und Wilderei.“
Unterschiedliches Engagement für die große Katze
Der Wildtierpädagoge wünscht sich auf politischer Seite den Mut, das Thema konsequent anzupacken. In den Forstverwaltungen und Jagdverbänden steht man den Luchsen positiv gegenüber, wenn sie auf eigenen Pfoten zurückkehren. Die Landwirtschaft wiederum mag keine großen Beutegreifer und fürchtet Verluste bei den Weidetieren. Die Bürger sehen den Luchs neutral bis sehr positiv. „Viele gehen eh davon aus, dass der Luchs schon längst heimisch ist“, so Sürths Erfahrung. „Die Kinder und Jugendlichen, mit denen ich sehr viel zu tun habe, haben zu über 90 Prozent kein Verständnis für eine ablehnende Haltung gegenüber den Luchs.“
Mensch-Wildtier-Management
Bis auf weiteres bleibt es also bei durchwandernden Einzelexemplaren und von einer Rückkehr des Luchses in den Schwarzwald kann man noch nicht sprechen. Trotzdem wird Peter Sürth nicht müde, Schulklassen und auch Erwachsene über den Luchs aufzuklären und ebenso über Wolf und Bär. Der 52-Jährige ist selbstständig und neben seiner pädagogischen Tätigkeit berät er in Sachen „Mensch-Wildtier-Management“. Mehrmals jährlich geht er auf Expeditionen und Exkursionen. „Ich will neue Regionen mit den lokalen Problemen für Mensch und Wolf, Bär, Luchs, Wildtier kennen lernen“, erzählt er.
Peter Sürth erleben
Jedes Jahr bietet er auch geführte Wanderexkursionen in den rumänischen Karpaten an. „Geplante Begegnungen mit Wildtieren lehne ich ab, aber ungeplante Begegnungen kommen vor“, stellt der Experte in Aussicht. Er ist immer wieder bei Vorträgen über Luchs, Wolf und Bär im Naturpark unterwegs, seine Termine findet ihr auf seiner Homepage www.derwegderwoelfe.de. Einer seiner Luchsvorträge fand bereits im Frühjahr in unserem Infozentrum Kaltenbronn statt, am 24. November ist er dort zum Thema Wölfe zu erleben.
(Fotos: Peter Sürth, pixabay)