Humus speichert CO2 im Boden und hält es von unserer aufgeheizten Atmosphäre fern. Viele Landwirtinnen und Landwirte erkennen ihre Chance, einerseits zum Klimaschutz beizutragen und andererseits ihre Böden und Erträge zu verbessern. Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord unterstützt mit seinem Humusprojekt die Landwirtschaft beim Aufbau von Humus.
Ende Oktober haben wir mit einem Naturpark-Team eine Tour über die Höfe unserer landwirtschaftlichen Humus-Partnerbetriebe gemacht. Mit dabei waren Paul Hofmann (einer unserer zwei Humusprojekt-Manager), unsere Naturpark-Praktikantin Hannah Robertz und unser ehrenamtlicher Fotograf Michael Keppler. Die Eindrücke, die wir von den einzelnen Betrieben mitgenommen haben, wollen wir hier gerne mit Euch teilen.

Auf Hofbesuchen zeigt sich der Erfolg
Ziel der Hofbesuche war es, von den Landwirten aus erster Hand zu erfahren, wie der Humusaufbau auf ihren Betrieben voranschreitet. Bei dieser Gelegenheit haben wir ihnen dann auch gleich die frischgedruckten Humus-Schilder überreicht, die ihr Engagement für Bodenfruchtbarkeit und Klimaschutz nun direkt auf den Flächen für die Öffentlichkeit sichtbar machen. Die neuen Infotafeln erläutern das Humusprojekt des Naturparks und weisen auf das Engagement der Landwirtinnen und Landwirte und der unterstützenden Unternehmen für den Klimaschutz hin. Zudem erhalten Interessierte anhand eines kurzen Informationstextes mit Bildern und einer anschaulichen Grafik einen schnellen Überblick zu den Fragen, was Humus ist und welchen Beitrag er für das Klima leistet.
Aber immer schön der Reihe nach:
Worum geht es beim Humusprojekt?
Humus ist die organische Masse im Boden. Das Zusammenspiel vielfältiger Organismen, die im Boden leben, sorgt dafür, dass fortwährend organische Masse aufgebaut und wieder zersetzt wird. Damit diese Organismen ernährt werden, braucht es möglichst übers das ganze Jahr hinweg artenreiche, grüne Pflanzengemeinschaften, die auf den Böden wachsen. Wer im Chemieunterricht gut aufgepasst hat, erinnert sich vielleicht noch daran, dass alle organischen Verbindungen Kohlenstoff enthalten. Und diese organischen Stoffe entstehen am Anfang fast immer durch Photosynthese: Jene wunderbare Eigenschaft, mit deren Hilfe Pflanzen das Sonnenlicht mit ausreichend Wasser sowie CO2 aus der Atmosphäre in Zucker verwandeln. Einen beachtlichen Teil dieser Zuckerverbindungen geben die Pflanzen direkt über die Wurzelspitzen an den Boden ab. Dieser Prozess ebenso wie abgestorbene Überreste der Pflanzen ernähren die Bodenorganismen. Im Gegenzug unterstützen diese Organismen die Pflanzen in vielfältiger Weise: Zum Beispiel lösen sie Nährstoffe aus dem Boden und Gestein oder produzieren Abwehrstoffe gegen Schädlinge für die Pflanze.

Mehr Humus – weniger CO2 in der Atmosphäre
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Mehr Humus bedeutet also mehr gespeicherter Kohlenstoff. Das heißt: weniger CO2 in der Atmosphäre, sprich geringerer Treibhauseffekt. Humusaufbau ist also gut fürs Klima. Aber Humus kann noch mehr, zum Beispiel Wasser und Nährstoffe speichern. Außerdem verleiht er den Böden Struktur und Stabilität. All diese Eigenschaften tragen dazu bei, dass humusreiche Böden besonders fruchtbar sind.
Humusprojekt fördert regenerative Landwirtschaft
Im Rahmen des Humusprojekts unterstützt der Naturpark Landwirtinnen und Landwirte dabei, ihre Betriebe auf eine regenerative Bewirtschaftung umzustellen, damit sich wieder mehr Humus auf ihren Flächen anreichert. Indem Unternehmen Humusprämien erwerben, tragen sie zur Finanzierung des Projekts bei und können gleichzeitig ihre nicht vermeidbaren Treibhausgas-Emissionen ausgleichen. Wie das Projekt genau funktioniert, könnt ihr HIER nachlesen.
Duravit ist starker Naturpark-Partner beim Humusprojekt
Der international führende Hersteller von Designbädern Duravit mit Sitz in Hornberg ist Anfang des Jahres als erster Emittent in das Humusprojekt eingestiegen. Duravit unterstützt derzeit acht landwirtschaftliche Betriebe bei der Umstellung auf eine humusfördernde Bewirtschaftung. „Bei unseren Produkten arbeiten wir ständig an der Frage, wie wir den Wasserverbrauch möglichst geringhalten können“, sagt Marcus Staudt, HSE-Manager bei Duravit. Und Thomas Stammel, Technik-Vorstand bei Duravit, ergänzt: „Humus als Wasserspeicher ist deshalb eine tolle Idee, für die wir uns einsetzen.“

Aspichhof: Grün trotz Dürre
Erste Station auf unserer „Humus-Tour“ war einer der Partnerbetriebe, mit denen wir im Humusprojekt zusammenarbeiten: der Aspichhof in Ottersweier. Der vielseitige Betrieb baut Gemüse, Getreide, Wein und Obst an, hält Kühe und Schweine und betreibt auch eine eigene Molkerei und Metzgerei. Vor dem Hofladen werden wir von Betriebsleiter-Senior Dr. Ewald Glaser begrüßt. Er nimmt uns mit zu einem Feld, auf dem Methoden für den Humusaufbau getestet wurden. „Es war schon erstaunlich“, berichtet der Ewald Glaser auf der Fahrt: „Obwohl dieser Sommer so trocken war, sahen die Maispflanzen auf unseren Humusflächen viel länger grün, kräftig und gesund aus“. Dort wurde eine artenreiche Zwischenfrucht, welche über den Winter gewachsen ist, mit einer Fräse flach eingearbeitet. Dabei werden Fermente eingesprüht, diese verstoffwechseln die frei werdenden Pflanzensäfte organisch und verringern so Nährstoffverluste. Das Verfahren heißt Flächenrotte und war die erste Humus-Maßnahme, die die Glasers auf ihrem Betrieb ausprobiert haben. Aufgrund der positiven Erfahrungen haben sie sich gemeinsam mit dem Naturpark dafür stark gemacht, dass eine solche Humus-Fräse über den Maschinenring Ortenau bald für viele Landwirte zugänglich wird.

Mechanische Schädlingsbekämpfung – und gleichzeitig Bodennahrung
Auf dem Feld, das wir uns nun anschauen, werden gerade die stehengebliebenen Stängel mit dem Häcksler zerkleinert. „Maßnahme gegen den Maiszünsler“ erklärt Glaser, der Schädling könne sonst in den Stängeln überwintern. Die Decke aus zerkleinerten Maisstängeln bedeckt und ernährt ebenfalls den Boden. Auf dem Acker nimmt Glaser ein Stück Erde in die Hand: „Schön rund-krümelig, und mit waldigem Duft – genau so sollte es aussehen!“ Kürzlich haben Glasers auch eine weitere Maßnahme mustergültig umgesetzt. So wurde der Stallmist gemeinsam mit Holzkohle und Hackschnitzelresten zu einem reduktiven Kompost angesetzt, der im kommenden Frühjahr auf die Felder ausgebracht wird. So bleiben die Nährstoffe konserviert und es bildet sich keine schädliche Fäulnisbiologie im Haufen. „Die fäulnis-vorbeugende Wirtschaftsdünger-Aufbereitung“ ist eine der wichtigsten Humus aufbauenden Maßnahmen für viehaltende Betriebe!“, kommentiert Paul Hofmann anerkennend.
Sonnenhof: Kombination von Landmaschinen für weniger Bodenverdichtung
Der nächste Landwirt, den wir besuchen, ist Alois Huschle vom Sonnenhof in Renchen. Er ist gerade auf seinem Traktor unterwegs, an dem er verschiedene Maschinen für den Humusaufbau so miteinander kombiniert hat, dass er nun mehrere Arbeitsgänge auf einmal erledigen kann. Der Vorteil für den Boden ist dabei, dass nicht mehr so häufig darübergefahren wird. Bei der Befahrung mit schweren Maschinen besteht nämlich die Gefahr, den Untergrund zu verdichten. In der Erde gibt es dann weniger Hohlräume, die mit Luft gefüllt sind, was schlecht für Bodenlebewesen ist, die Sauerstoff brauchen. Ein gut durchlüfteter, lockerer Boden kann außerdem schneller Wasser aufnehmen und größere Mengen davon speichern als einer, der festgefahren ist. Huschle ist davon überzeugt, dass die Umstellung seines Betriebs auf regenerative Landwirtschaft bereits Wirkung zeigt: Er habe dieses Jahr etwa 50 Prozent weniger Dünger eingesetzt als zuvor und trotzdem die gleichen Erträge erzielt. Auch den Einsatz von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten konnte er reduzieren.

HOFbauernHOF: Demeter-Wirtschaft achtet schon immer auf Bodenqualität
Auf dem 600 Jahre alten Schwarzwaldhof in Loßburg achtet man schon lange darauf, die Böden so zu bewirtschaften, dass sie möglichst gesund und fruchtbar bleiben. Seit 25 Jahren ist die Hofgemeinschaft Mitglied beim Demeter-Bioverband und arbeitet nach den Regeln der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. „In dem Sinne hat die Teilnahme am Humusprojekt gar keine große Umstellung für uns mit sich gebracht.“, erklärt Andreas Hofstätter.

Der Naturpark bewirbt den Humusaufbau auf den neuen Feldschildern als Beitrag zum Klimaschutz. Als Landwirt gehe es ihm beim Humusausbau natürlich auch um Klimaanpassung, so Hofstätter: Auf dem gut gepflegten Boden sei ihr Gemüse auch in diesem trockenen Sommer etwas geworden, ohne dass sie es bewässern mussten.
Hof Sonnenwald: solidarische Landwirtschaft
Vom HOFbauernHOF geht es weiter zum Hof Sonnenwald in, der ebenfalls gemeinschaftlich geführt wird. Nach dem Modell der solidarischen Landwirtschaft kaufen die Menschen hier nicht nur einzelne Produkte, sondern ermöglichen die Produktion ihrer Lebensmittel auf eine regenerative Art und Weise gemeinsam. Sie erhalten Milchprodukte, Fleisch, Gemüse, Getreide, Linsen, Öle, Obst und Säfte nach Bedarf direkt vom Hof. Dafür tragen sie einen solidarischen Anteil der bei der Produktion anfallenden Kosten gemeinsam. Dadurch hat der Hof Abnahmesicherheit für einen Großteil seiner Produkte und kann sich voll auf die regenerative Produktion von Lebensmitteln und den Humusaufbau konzentrieren. Dabei erprobt der Hof verschiedene miteinander kombinierte Ansätze.

Holistisches Weidemanagement
Einer davon ist das holistische Weidemanagement. Wie das funktioniert, lernen wir beim Besuch der Sonnenwälder Rinderherde kennen. Bei der Weide angekommen, fällt als erstes der ungewöhnliche Weidezaun auf: Der Elektrodraht verläuft durch das Zentrum von sechs Metallstäben, die strahlenförmig auseinandergehen. Durch diesen besonderen Aufbau kann man den Zaun sehr schnell einfach weiterrollen. Das ist für das holistische Weidemanagement sehr praktisch, denn um den Boden und den Bewuchs zu schonen, bleibt die Herde dabei nur für kurze Zeit auf einer Fläche. Sobald das üppige Grün abgegrast ist, lässt man die Tiere weiterziehen, so wie es auch wildlebende Herden in der freien Natur tun würden.

Zusätzlicher Nutzen durch Gehölze
Ein weiterer Ansatz der regenerativen Landwirtschaft sind so genannte Agroforstsysteme. Auf einer Fläche von 15 Hektar hat der Hof bereits 20.000 Gehölze gepflanzt. Sie werden in Äcker und Wiesen integriert, um die Flächen besser auszunutzen und positive Synergien zu erzielen. Die Gehölze sorgen zum Beispiel für eine bessere Durchwurzelung des Bodens, spenden Schatten, helfen Wasser zu speichern und binden zusätzlichen Kohlenstoff.
Biolandhof Nesch: Zwischenfrüchte nähren den Boden
Den Abschluss unserer Tour bildet ein Besuch bei Rudi Nesch in Vollmaringen. Gemeinsam mit interessierten Landwirtinnen und Landwirten stiefeln wir auf eines seiner Felder. Die eigentliche Ernte ist bereits eingefahren, trotzdem sprießt hier üppiges Grün. Es ist eine bunte Mischung aus Buchweizen, Gräsern, Senf, Luzerne, Klee und anderen Pflanzen, die allesamt als Bodenbedecker und Gründüngung dienen. Bei Zwischenfrüchten gehe es weniger darum, was auf dem Feld wächst, sondern vielmehr darum, dass etwas wächst, am Besten möglichst viel, erklärt Nesch: „Jede Pflanze, die hier steht, hat ihre Berechtigung. Sie alle betreiben Photosynthese und nähren den Boden.“ Er erzählt auch, dass er seinen Pflug inzwischen verkauft habe. Anstatt den Boden damit zu wenden, lockert er ihn nur noch mit einem Tiefenlockerer, das schont das Bodenleben. Nesch gehört zu den Landwirten, die schon länger am Humusprojekt teilnehmen. Für den Humuszuwachs, der auf seinen Feldern gemessen wurde, hat er im Rahmen eines Humusprämien-Programms in den letzten drei Jahren bereits 4000 Euro erhalten.

Im Anschluss an die Feld-Tour bei Rudi Nesch treffen sich die etwa 20 Landwirtinnen und Landwirte zu einem regelmäßig stattfindenden Humus-Praxis-Austausch-Abend. Hier tauschen sie ihre Erfahrungen aus, beraten sich gegenseitig und schmieden Pläne für Kooperationen untereinander.
Vom Humus begeistert
Unser Fazit am Ende der Tour: So unterschiedlich die Betriebe – ob biologisch oder konventionell – und die von ihnen angewendeten Methoden auch sind, die Begeisterung für den Humusaufbau haben alle gemeinsam! In Form von vitaleren Pflanzen, der Einsparung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln und dem Verzicht auf Bewässerung werden die positiven Effekte humusreicher Böden bei unseren Partnerbetrieben bereits sichtbar. Für uns als Projektträger ist die positive Rückmeldung auch ein Ansporn weiterzumachen. Wir hoffen, dass es uns gelingt, in Zukunft noch mehr Landwirtinnen und Landwirte für das Humusprojekt zu gewinnen!
(Fotos: Michael Keppler/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord)
16.11.2022