Welche Spuren hinterlässt der Klimawandel im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord? Und welche Möglichkeiten gibt es, um die Region an die neuen Klimabedingungen anzupassen? Um diese beiden Fragen drehte sich die diesjährige Klimabotschafter-Ausbildung des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord. Am 9. November hat der Naturpark 19 weitere Naturpark-Klimabotschafterinnen und Klimabotschafter ausgezeichnet. An insgesamt acht Seminartagen von Juli bis November wurden mit Blick auf den Klimawandel die Themenbereiche Landwirtschaft, Gewässer, Moore, Wald, Biodiversität und regenerative Energie behandelt.
„Wir haben jetzt nach vier Ausbildungsgängen insgesamt mehr als 60 Naturpark-Klimabotschafterinnen und -Klimabotschafter“, berichtet der Geschäftsführer des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord. „Sie geben im gesamten Gebiet des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord ihr Wissen weiter, informieren und sensibilisieren. In den verschiedensten Bereichen wie Bildung, Tourismus oder Energieberatung klären unsere Naturpark-Klimabotschafterinnen und -Klimabotschafter auf und sorgen damit für eine konstruktive Herangehensweise an die Klimawandel-Thematik.“ Auch im kommenden Jahr bietet der Naturpark wieder die Naturpark-Klimabotschafter-Ausbildung an. Die Ausschreibung wird im Frühjahr 2025 publiziert. Dann können sich Interessierte um einen Platz bewerben.
Ausbildung zum Multiplikator für Klimawandel im Naturpark
„Bei der Ausbildung an sich geht es nicht nur um reine Wissensvermittlung“, betont Helena Böddeker, Bereichsleiterin Klimaschutz und Klimaanpassung beim Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. „Uns ist es wichtig, dass die Teilnehmenden einen persönlichen und lösungsorientierten Bezug zum Thema herstellen. Das funktioniert zum einen über unsere Expertinnen und Experten, die die Seminare und Exkursionen leiten. Zum anderen wird anschließend jeder als Multiplikator das Gelernte auf den jeweiligen Fachbereich übertragen und dort weitergeben. Auch um diesen individuellen Transfer geht es in der Ausbildung.“
Naturpark-Klimabotschafter bringen Wissen in die Fläche
Dass das Interesse an Fachwissen rund um den Klimawandel sowie für konkrete Klimaschutzmaßnahmen in der Naturpark-Region groß ist, zeigen auch die privaten und beruflichen Hintergründe der diesjährigen Teilnehmenden. Sie bringen Fachwissen und Erfahrungen aus den Bereichen Wald-, Forst- und Landwirtschaft, Naturschutz, Bildung, Tourismus, Verwaltung und Energieberatung mit. Die frisch ausgebildeten Naturpark-Klimabotschafterinnen und -Klimabotschafter repräsentieren mit ihren Wohnorten zudem die Größe des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord und können damit ihr Wissen in die Fläche bringen. Sie kommen aus Karlsruhe, Straubenhardt, Bad Herrenalb, Gaggenau, Baden-Baden, Calw, Wildberg, Freudenstadt, Dornstetten, Bad Rippoldsau-Schapbach, Wolfach und Hornberg.
Das sagen die -Naturpark-Klimabotschafter über die Ausbildung
Amelie Marie Heusel aus Karlsruhe ist eine der 19 frisch ausgebildeten Naturpark-Klimabotschafterinnen. Die 28-Jährige arbeitet als Grundschullehrerin und absolviert parallel einen Studiengang, der sich mit der Psychologie, Kommunikation und Ökonomie von „Mensch und Umwelt“ befasst. „Ich möchte Kindern und Jugendlichen Fachwissen, Handlungsmöglichkeiten und ein Bewusstsein für eine nachhaltige Lebensweise vermitteln“, beschreibt sie ihre Motivation. Das neu erworbene Wissen und die Praktiken aus der Ausbildung will Hessel bei Projekt- und Thementagen in Schulen einbringen. Zudem will sie sich für eine schnellere Digitalisierung an Schulen stark machen und so den Einsatz von Papier reduzieren.
Jonas Dehmel aus Wildberg absolviert derzeit ein duales Studium zu Klimawandel und Ingenieurswissenschaften. Später wird der 20-Jährige im Landratsamt Calw als Klimaschutzbeauftragter tätig sein. Als Naturpark-Klimabotschafter will er die Brücke zwischen theoretischem Fachwissen und angewandter Praxis durch themenspezifische Informationsveranstaltungen sowohl für unterschiedliche Interessensgruppen wie Landwirte aber auch für die breite Öffentlichkeit schlagen.
Nachhaltigkeit als Tourismus-Strategie will Isabella Schmider aus Wolfach etablieren. Die 39-Jährige ist Geschäftsführerin von Schwarzwald Tourismus Kinzigtal und sieht die Herausforderung durch den Klimawandel als Chance. „Der ‚neue Winter‘ ohne Schneesicherheit ist nur ein Beispiel dafür, wie sich der Klimawandel bei uns in der Region auswirkt. Davon sind Einheimische wie Gäste direkt betroffen“, berichtet Schmider. „Im Kinzigtal möchten wir Gäste und Einheimische deshalb künftig noch besser für die Klima-Thematik sensibilisieren und mitnehmen. Der Austausch mit den anderen Teilnehmenden der Naturpark-Klimabotschafter-Ausbildung sowie das breite Netzwerk an Experten in der Region haben mir dabei sehr geholfen.“
Das bestätigen auch die anderen Teilnehmenden. „Wenn man sich vor Ort die Maßnahmen zur Klimaanpassung wie beispielsweise den Hochwasserschutz der Gemeinde in Altensteig anschaut und mit den beteiligten Akteuren spricht, bekommt man einen persönlichen Bezug zur Thematik“, erläutert Andreas Beyer aus Calw.
Diesen Effekt will auch Thomas Bossert künftig als Schwarzwald-Guide in seinen geführten Touren nutzen. „Ich verfüge durch die Ausbildung nun über mehr fundiertes Wissen, das ich in meine Führungen einbauen kann. Indem ich meinen Gästen die Auswirkungen in unserem Landschaftsbild zeige und erkläre, kann ich ihnen den Klimawandel nun direkt begreifbar machen.“
Das Experten-Netzwerk des Naturparks
Besonders an der Klimabotschafter-Ausbildung des Naturparks ist die Kombination aus theoretischem und praktischem Wissen. Jeder Themen-Lehrgang enthält einen theoretischen Teil zur Einführung. Welche Erfahrungen in der Praxis gemacht werden, erfahren die Teilnehmenden dann bei einer Exkursion von den Praktikern direkt vor Ort, etwa bei einer Besichtigung des Aspichhofs von Landwirt Dr. Ewald Glaser in Ottersweier.
Folgende Institutionen sowie Expertinnen und Experten waren an der Klimabotschafter-Ausbildung beteiligt:
- Dr. Martine Schraml: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), Entwicklung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel im Pflanzenbau
- Dr. Ewald Glaser: Senior-Geschäftsführer Aspichhof, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der ZG Raiffeisen
- Dr. Manuela Nied: Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg
- Dieter Pross: Umwelt- und Arbeitsschutz Landkreis Calw
- Kristina Schreier: Leiterin des Infozentrums Kaltenbronn
- Katrin Dürr: Waldbau-Klima-Beratung Landes-Forstverwaltung (LFV) Baden-Württemberg
- Clemens Erbacher: Bezirksleiter Forstamt Bühl
- Matthias Dörr: Veith Gebäudetechnik
- Christopher Schüle: Leitung Stabsstelle Klimaschutz Ortenaukreis
- Nathalie Niekisch: Umweltpsychologin Wandelwerk e.V.
- Jörg Bold (Vorstand Ettenheimer Bürgerenergie eG.)
- Dr. Jörn Buse: Sachbereichsleiter Invertebraten und Biodiversität Nationalpark Schwarzwald
Detaillierte Informationen zur Klimabotschafter-Ausbildung gibt es auch auf unserer Internetseite.
Text: Gundi Woll; Fotos: Gundi Woll & Florian Schmid
GW/12.11.2024