Hier findet Ihr regelmäßig einen Beitrag über den Jahresrhythmus des Charaktervogels unserer Region. Heute entdecken wir die raue Seite der Raufußhühner und welche Anpassungen die Überlebenskünstler an den kalten Winter im Schwarzwald entwickelt haben.
In der letzten Folge haben wir die Auerhuhnküken auf ihren ersten Schritten durchs Leben begleitet und gelernt, dass die Kleinen es bereits nach dem Schlüpfen im Frühsommer faustdick hinter den Hühnerohren haben. Nun, zu Beginn des Winters sind sie nahezu ausgewachsen und haben gleich die nächste Herausforderung zu meistern. Die kalte Jahreszeit zeigt, aus welchem Holz die Überlebenskünstler geschnitzt sind und welche einzigartigen Anpassungen Raufußhühner an extreme Klimabedingungen und karge Kost entwickelt haben.
Füße wie Schneeschuhe
Die offensichtlichste Anpassung sind die vor allem im Winter dicht befiederten Füße der Auerhühner, denen sie auch den Namen Raufußhühner verdanken. Im Winter bilden sich zudem kleine Hornstifte seitlich der Zehen, die durch eine größere Auflagefläche im Schnee ein zu tiefes Einsinken verhindern – quasi wie Schneeschuhe! Mit den tiefen Temperaturen kommen Auerhühner gut zurecht. Das verdanken sie ihrem dichten Federkleid. Die Konturfedern sind zudem im Winter mit je einer so genannten Afterfeder ausgestattet. Das sind zusätzliche kurze, daunige Federn an der Innenseite des Schaftes mit sehr starker Isolationswirkung. Auch die Nasenöffnungen sind mit Federn bedeckt. In klirrender Kälte können sich Auerhühner bei günstigen Schneeverhältnissen zudem Schneehöhlen graben, um so gut isoliert Energie zu sparen.
Überlebenskünstler Auerhuhn
Schon jetzt liegt in den Hochlagen des Schwarzwaldes zeitweise Schnee und Nahrung findet das Auerhuhn nun fast ausschließlich auf Bäumen in Form von Nadeln, Zweigen und Knospen. Dass die großen Vögel ihren Energiebedarf mit dieser zellulosereichen und nährstoffarmen Nahrung trotzdem decken können, liegt an einer anatomischen Besonderheit. Keine andere Vogelfamilie hat so lange Blinddärme wie die Raufußhühner. Die beiden Blinddärme können im Winter bis zu 180 cm lang werden und helfen bei der Verdauung der Koniferennadeln und sogar Rindenstücken und Zweigen. Und davon braucht das Auerhuhn eine ganze Menge. Ausgewachsene Hähne können über 5 Kilogramm wiegen und brauchen schätzungsweise 400 Gramm Nadeln pro Tag. Diese werden zunächst im Kropf, einem Nahrungsspeicher, gesammelt und teilweise auch erst hier aufgetaut. Das Kropfvolumen kann dabei deutlich über einem halben Liter liegen und wird über Nacht verbraucht. Für die Zerkleinerung der Nahrung ohne Zähne dient den Vögeln der kräftige Muskelmagen, wo der Mageninhalt von Magensteinchen zerrieben und zerdrückt wird, die sie natürlicherweise beispielsweise an Wurzeltellern oder Bachläufen sammeln oder an Forststraßen finden.
BITTE NICHT STÖREN
Wie Ihr seht, ist der Winter trotz aller Anpassungen an die kalte Jahreszeit auch für das Auerhuhn eine harte Zeit. Die karge Nahrung in Form von Nadeln bedeutet, dass die Vögel Energie sparen müssen und den Großteil des Tages mit der Nahrungsaufnahme verbringen. Störungen vertragen Auerhühner nur schlecht und gewöhnen sich nur in einem gewissen Umfang entlang von Straßen und Wegen daran. Werden sie aufgeschreckt und müssen wegfliegen, werden mitunter so viele Reserven verbraucht, dass dies zum Tod führen kann. Helft daher bitte alle mit, Störungen für die letzten Exemplare in unserem Schwarzwald zu vermeiden und bleibt vor allem in den Hochlagen auf den ausgewiesenen Wegen und Loipen. Auch freilaufende Hunde sind ein großes Problem – nicht nur für das Auerhuhn. Vielen Dank!
HELFT MIT BEIM NATURSCHUTZ FÜRS AUERHUHN
Neben Eurem Verhalten könnt Ihr auch aktiv etwas für das Auerhuhn tun und bei unseren Herzenssache-Natur-Aktionen kräftig mit anpacken. In größerem Umfang verfolgt der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord dieses Ziel auch mit einem eigenen Projekt „Lücken für Küken“ im Kommunal- und Privatwald in Kooperation mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt und dem Naturpark Südschwarzwald. Hier helfen wir aktiv bei der Schaffung von Lebensraum für das Auerhuhn! Seit Beginn des Projektes im Jahr 2018 konnten so mit Hilfe von zehn waldbesitzenden Kommunen im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord bereits auf fast 100 Hektar Wald Strukturen geschaffen werden, die das Auerhuhn dringend zum Überleben braucht. Und das trotz der angespannten Lage im Wald durch Borkenkäfer und Trockenheit in diesen beiden Jahren. Dafür ein herzliches Dankschön an die beteiligten Städte und Gemeinden!