Mit der wichtigsten Zeit der Auerhähne – der Balz – startete im letzten Jahr unsere Reihe über das Auerhuhn im Jahresrythmus. Die Balz dauert bei uns im Schwarzwald etwa von April bis Anfang Mai. Wie das imposante Ritual abläuft, könnt Ihr nochmals hier nachlesen. Damals hatten wir bereits darauf hingewiesen, wie traditionsbewusst die Charaktervögel des Schwarzwaldes sind: Die Balzplätze, auf denen die Hähne alljährlich in der Morgendämmerung um die Gunst der Hennen buhlen, werden teils über viele Generationen beibehalten. Einige Balzplätze werden nachweislich bereits seit über 100 Jahren genutzt.
Das Auerhuhn ist eine treue Seele
Diese Standortstreue hilft uns heute sehr dabei, die hierzulande vom Aussterben bedrohten Tiere zu zählen. Das Monitoring, also das Erfassen von zeitlichen und räumlichen Trends der Populationsentwicklung, ist dabei sehr wichtig für den Auerhuhnschutz. Zum einen dient es ganz wesentlich der Ursachenforschung, zum anderen ist es Grundlage für die Planung, Umsetzung und Erfolgskontrolle von Maßnahmen zum Schutz des Auerhuhns. Dazu zählen Lebensraumverbesserungen (z. B. im Rahmen unseres Projekts „Lücken für Küken“) oder die Lenkung von Freizeitaktivitäten und Bauvorhaben.
Zwei Beobachtungsarten
Für das Auerhuhn werden vor allem zwei Methoden des Monitorings verwendet, auf die wir heute genauer eingehen wollen. Beim bereits genannten Balzplatzmonitoring lässt sich ein Trend der Auerhuhnpopulation ermitteln. Bei der Frage, auf welchen Flächen des Schwarzwaldes das Auerhuhn vorkommt, hilft das so genannte Zufallsmonitoring. Zentrales Element für das Monitoring und Ansprechpartner für Themen rund um das Thema Wildtiere sind die Wildtierbeauftragten der Landkreise. Bei ihnen laufen die Meldungen für den jeweiligen Landkreis zusammen. Am Monitoring selbst ist ein Netzwerk von Institutionen beteiligt, allen voran Jäger, Förster und Forstwirte, aber auch Naturschützer und Ornithologen. Und auch ihr könnt wie immer etwas tun, doch dazu später mehr.
Schaut euch auch den 3-Sat-Beitrag von vor der Gründung des Nationalparks an:
https://www.youtube.com/watch?v=vd0YvfEmdMQ
Das
Balzplatzmonitoring
Die Balzplätze kann man sich idealisiert wie den Mittelpunkt einer Torte vorstellen, wobei die Tortenstücke in diesem vereinfachten Beispiel die Reviere der Hähne zur Balzzeit darstellen. In der Mitte treffen alle Stücke zusammen – hier findet das Balzgeschehen hauptsächlich statt. Dass Auerhähne, wie wir gelernt haben, Traditionsvögel sind und ihre Balzplätze oft über viele Jahre beibehalten, macht man sich beim Balzplatzmonitoring zunutze. Kennt man die Plätze, auf denen die Vögel zur Balzzeit zusammenkommen, kann man sie dort zählen. Eine wichtige Rolle bei dieser Art der Zählung spielen die Auerwildhegeringe und -gemeinschaften der Schwarzwälder Jägerschaft.
Genaue Zahlen nicht feststellbar
Diese Zählungen führen jedoch keineswegs zu absoluten Zahlen des Auerhuhnbestandes. Da nur die geschlechtsreifen Hähne balzen und systematisch gezählt werden können, muss man die Zahl der Weibchen schätzen. Man geht von einem Geschlechterverhältnis von 1:1 aus. Auch sind längst nicht alle der zum Teil recht großen Balzareale bekannt und das Balzgeschehen findet nicht ausschließlich am Hauptbalzplatz in der Mitte statt. Ein einzelner Beobachter in seinem ortsfesten Unterschlupf kann also oftmals gar nicht alle Tiere erfassen, zumal Junghähne sich aus gutem Grund abseits halten. Um Störungen der scheuen Tiere und den Aufwand gering zu halten, wird zudem jeweils nur an wenigen Tagen der mehrere Wochen dauernden Balz gezählt. Für eine Abschätzung des Minimum-Bestandes und der Ableitung von Populationstrends ist die Methode trotz dieser Schwächen jedoch sehr aussagekräftig.
Das Zufallsmonitoring
Der Schwarzwald hat eine Gesamtfläche von zirka 6.000 Quadratkilometern. Selbst wenn man nur die vom Auerhuhn nutzbaren Lebensräume in den höheren Lagen systematisch auf Auerhuhnnachweise untersuchen wollte, blieben noch mehrere zehntausend Hektar übrig, die regelmäßig zum Nachweis einer aktuellen Nutzung durch das Auerhuhn begangen werden müssten. Das ist sowohl personell als auch vor dem Hintergrund massiver Störungen aller Wildtiere nicht leistbar.
Aussagen zum Verbreitungsgebiet des Auerhuhns lassen sich dennoch durch zufällige direkte und indirekte Artnachweise machen. Zu den direkten Nachweisen zählen Sichtungen von Auerhühnern oder deren Lautäußerungen. Indirekte Nachweise werden durch das Auffinden von eindeutig zuordenbaren Spuren verschiedener Art erbracht: Das können Funde von Kot (Losung), Federn, Huderpfannen, typisch an gerader Kante abgefressene Nadeln oder Trittsiegel und Flügelabdrücke bzw. -schleifspuren am Boden sein. Jede Sichtung und jeder Nachweis kann an den jeweiligen Wildtierbeauftragten der Landkreise gemeldet werden und wird nach einer genauen Überprüfung für das Zufallsmonitoring verwendet. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) fasst die Daten dann im Fünfjahres-Turnus zusammen und grenzt mit ihnen das aktuelle Verbreitungsgebiet des Auerhuhnes ab.
Auswahl indirekter Nachweisarten:
(Fotos: Joy Coppes, Matthias Mohaupt)
Das Monitoring-Netzwerk ist dabei nicht auf den Personenkreis beschränkt, die sich dem Schutz des Auerhuhns verschrieben haben oder beruflich viel im Wald unterwegs sind – Jeder kann Nachweise vom Auerhuhn „seinem“ Wildtierbeauftragten melden. Die Kontaktdaten des Wildtierbeauftragten Eures Landkreises findet ihr unter folgendem Link: Kontaktadressen
der Wildtierbeauftragten des Landes Baden‐Württemberg
Bitte nicht stören
Bitte fangt jedoch nicht an, auf den Spuren des Auerhuhns kreuz und quer durch den Wald zu laufen! Damit würdet ihr den scheuen Tieren keinen Gefallen tun. Störungen durch den Menschen vertragen Auerhühner nur schlecht und gewöhnen sich nur in einem gewissen Umfang entlang von Straßen und Wegen daran. Helft daher bitte alle mit, Störungen für die letzten Exemplare in unserem Schwarzwald zu vermeiden und bleibt auf den ausgewiesenen Wegen. Auch freilaufende Hunde sind ein großes Problem – nicht nur für das Auerhuhn. Gerade zur Balzzeit und später zu Beginn der Brut und während der Aufzucht der Küken im Frühjahr und Frühsommer, sind die Tiere sehr sensibel und Störungen können die Reproduktion der seltenen Tiere empfindlich gefährden. Müll und insbesondere Nahrungsreste im Wald locken Fressfeinde an. Bitte hinterlasst also nichts als Fußabdrücke, und die nur auf den Wegen! Vielen Dank!
Ein großes Dankeschön auch allen Beteiligten am Monitoring und zum Schutz des Auerhuhns, allen voran den Jägerinnen und Jägern, engagierten Revierleitenden und Kommunen, die sich für die Schaffung von Auerhuhnlebensräumen engagieren.
Helft mit, das Auerhuhn zu schützen!
Neben Eurem Verhalten und der Mithilfe beim Erbringen von Nachweisen, könnt ihr auch aktiv etwas für das Auerhuhn tun und bei unserer Herzenssache Natur kräftig mit anpacken. Bei einem Auerhuhn-Tag könnt ihr am 24. Juli 2020 gemeinsam mit dem Forstamt Baden-Baden Lebensraum für den seltenen Vogel schaffen. In größerem Umfang verfolgt der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord dieses Ziel auch mit einem eigenen Projekt „Lücken für Küken“ in Kooperation mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt und dem Naturpark Südschwarzwald. Auch Privatwaldbesitzende werden bei der Schaffung von Auerhuhnlebensraum unterstützt. Habt also Mut zur Lücke und meldet Euch! Wollen wir hoffen, dass der stete Rückgang dieses Charaktervogels des Schwarzwaldes noch aufzuhalten ist!
Und hier noch ein schönes Eklärvideo zu den Wildtierbeauftragten:
29.03.2020