Heute schauen wir mit unserer Kräuterfrau und Schwarzwald-Guide Monika Wurft auf ein kleines Power-Pflänzchen, das zu gerne übersehen wird. Denn im Unterschied zu Frühlingsboten wie Schneeglöckchen und Winterlingen, die uns rein optisch erfreuen, geht’s beim Scharbockskraut jetzt schon ans Ernten für die Küche.
Daran erkennt ihr das Scharbockskraut
Die Lust auf frisches Grün steigt mit den länger werdenden Tagen und mit etwas Sammelgeduld könnt ihr diese Gelüste mit Scharbockskraut, botanisch Ranunculus ficaria, aus der Familie der Hahnenfußgewächse schon im zeitigen Frühjahr stillen.
Je nach Höhenlage zeigen sich ab Anfang Februar die saftig-grünen Blättchen des Scharbockskrauts als erste grüne Bodenschicht. Wenn ihr darauf achtet, findet ihr sie auf feuchten Wiesen, entlang von Gebüschen, unter laubabwerfenden Hecken oder in Laubwäldern als eines der ersten essbaren Frühlingskräuter.


Wegen seiner herzförmigen, fettig-glänzenden Blättchen, die wie lackiert aussehen, ist das Scharbockskraut auch unter Namen wie Schmalzblatt, Spiegelblume oder Glitzerli bekannt.
Meist wird den kleinen Blättchen jedoch wenig Beachtung geschenkt, obwohl gerade die Blättchen der Frühjahrespflanze und nicht ihre Blüten gegessen werden. Dazu weiter unten mehr.
Sobald es blüht, ist das Scharbockskraut jedoch nicht mehr zu übersehen. Die zwei bis drei Zentimeter großen gelben, sternförmigen Blüten leuchten einem ab März, April in großen Beständen regelrecht entgegen. Ein weiteres Erkennungsmerkmal der an den Boden gedrückten Pflanze sind kleine weiße Knöllchen in den Achseln der Stängelblätter. Diese sogenannten Brutknöllchen, auch als Bulbillen bezeichnet, sowie unterirdische Wurzelknollen dienen der vegetativen Vermehrung des Scharbockskrauts. Der Grund dafür ist, dass es sich im zeitigen Frühjahr nicht sicher auf Bienen und Hummeln zur Bestäubung und somit auf eine Vermehrung durch Samen verlassen kann.


Mit dem Blattaustrieb der Hecken und Sträucher zieht sich das Scharbockskraut zurück. Die Blättchen vergilben sehr schnell und sind ab Mai gänzlich verschwunden.
Das Scharbockskraut hat’s in sich
Das Scharbockskraut steht der Überlieferung nach mit seinem Namen Pate für eine früher äußerst gefürchtete Krankheit, den Skorbut. Das Wort Skorbut kommt vom holländischen Namen „Scheurbut“ für reißende Knochen. Daraus soll sich im deutschen Sprachgebrauch zunächst Scharbock und später Skorbut entwickelt haben.
Diese als Seefahrerkrankheit bekannte Vitamin-C-Mangelerkrankung entstand wohl durch monatelange einseitige Ernährung auf See, die vor allem aus Zwieback und Pökelfleisch bestand. Obwohl von Vitaminen zu dieser Zeit noch nichts bekannt war, zeigte die Erfahrung, dass die Krankheit bei frischer Nahrung ausblieb. Als diese Zusammenhänge bekannt waren, nahmen die Seefahrer neben Sauerkraut auch Kräuter wie das Scharbockskraut mit an Bord.


Heutzutage ist ein Mangel an Vitamin C in der Ernährung kein Thema mehr. Trotzdem steigt im Frühjahr unsere Lust auf frisches Grün enorm und dem sollten wir nachgeben. Wegen seines hohen Vitamin-C-Gehalts wird das Scharbockskraut, ganz nach dem Motto „Deine Nahrung soll Dein Heilmittel sein“, zum wirksamen Mittel gegen Frühjahrsmüdigkeit und zur Aktivierung des Immunsystems eingesetzt. Das Scharbockskraut enthält zudem Gerbstoffe und Saponine und wird in der Volksheilkunde in Frühjahresteekuren, bei Hautunreinheiten und Hämorrhoiden verwendet.
Zur Teezubereitung könnt ihr zwei bis drei Teelöffel frische Blätter mit einem Viertelliter Wasser übergießen, langsam zum Sieden bringen, abseihen und den Auszug schluckweise über den Tag verteilt trinken.
Scharbockskraut kulinarisch
Die frisch geernteten Blättchen des Scharbockskrauts mit ihrem leicht scharfen, nussigen Geschmack bereichern die Frühlings-Wildkräuterküche. Sie schmecken lecker in Salaten, Kräuterquark und Frischkäse oder ihr belegt einfach ein Butterbrot damit. Auch in einem Vitamintrunk zusammen mit anderen „frühen Kräutern“ wie Wiesenschaumkraut, Löwenzahn, Brunnenkresse oder Früchten ist der Vitamin-C-Lieferant sehr wertvoll. Die stärkehaltigen Brutknöllchen könnt ihr ebenfalls sammeln und wie Kartöffelchen essen. Da alles an der Pflanze sehr klein ist, wird die Ernte zur Geduldsprobe, die sich allerdings lohnt.
Nur die Blättchen des Scharbockskrauts für die Wildkräuterküche ernten
Bei dieser zur Familie der Hahnenfußgewächse gehörenden Pflanze drängt sich einem die Frage auf, warum das Scharbockskraut essbar ist. Haben doch die meisten anderen aus dieser Familie wie Buschwindröschen, Kriechender Hahnenfuß, Küchenschelle und Eisenhut eine gehörige Portion Protoanemonin in sich, was sie ungenießbar bis stark giftig für den Menschen macht.
Beim Scharbockskraut bildet sich dieses Protoanemonin allerdings erst mit der Blüte. Deshalb solltet ihr nur die Blätter vor Blühbeginn für den Verzehr ernten, da es in der Blütezeit zu Schleimhautreizungen kommen kann.

Gartentipp
Unter allen Laub abwerfenden Hecken siedelt sich das Scharbockskraut gerne an. Kommt es nicht von alleine, könnt ihr es, für kurze Erntewege, mit einigen Wurzelknollen im eigenen Garten leicht ansiedeln. Da es ab Mai verschwunden ist, macht es weiterem Bewuchs im Garten den Platz nicht streitig.
Die gelben Blüten sind für Bienen und Hummeln eine frühe Nahrungsquelle. Am Grunde der Blüten sitzen kleine Drüsen, die die Insekten mit energiereichem Nektar beliefern. Die Samen sind mit einem öligen Anhängsel ausgestattet und werden deshalb von den Ameisen als Nahrung mitgenommen. Da unterwegs immer mal was verloren geht, sorgen sie auf diese Art für die generative Verbreitung des Scharbockskrauts. Die vegetative Vermehrung der Wildpflanze erfolgt über die Brutknöllchen. Sie fallen im Frühling ab, überwintern auf dem Boden und keimen im nächsten Jahr.
Rezept Vitamintrunk
Zutaten
- Saisonales Obst zum Beispiel 1 Orange, 1 Apfel.
- Dazu etwas Apfelsaft, Saft einer Zitrone, Honig nach Geschmack.
- Ein paar Blättchen Scharbockskraut, auch gerne kombiniert mit Blättchen von Brunnenkresse, Löwenzahn und Wiesenschaumkraut.
Zubereitung
Obst waschen, klein schneiden und mit den Säften und den gewaschenen Kräutern im Mixer oder mit dem Pürierstab pürieren. In Gläsern, dekoriert mit frischen Blättchen, servieren.

Grünes Butterbrot
Zutaten
- Eine Handvoll Scharbockskrautblättchen
- Blättchen von Brunnenkresse, Löwenzahn und Wiesenschaumkraut
- Gänseblümchenblüten (blühen ja bekanntlich den ganzen Winter über)
- Brot nach Wahl
- Etwas Butter
Zubereitung
Das Brot könnt ihr je nach Vorliebe toasten und dann mit Butter bestreichen. Mit den gewaschenen und kleingeschnittenen Blättchen belegt ihr das Brot und dekoriert es mit den Blüten. Nach Geschmack kann etwas gesalzen und gepfeffert werden.

Wildkräuterbratlinge
Zutaten
- Zwei Handvoll Scharbockskrautblättchen
- 1 Zwiebel
- 2 Eier
- 3- 4 EL Vollkornmehl
- Kräutersalz, Paprika, Pfeffer
- Etwas Öl.
Zubereitung
Die gewaschenen Blättchen hackt ihr grob und dünstet sie mit der kleingeschnittenen Zwiebel in Öl an. Mit dem Ei und dem Vollkornmehl verrührt ihr die gedünsteten Blättchen zu einem Teig und schmeckt ihn mit den Gewürzen ab. Dann formt ihr mit feuchten Händen kleine Bratlinge daraus und backt sie in einer Pfanne von beiden Seiten knusprig aus.
Auch für dieses Rezept eignen sich Variationen mit anderen Kräutern. Die Auswahl erhöht sich mit dem fortschreitenden Frühjahr.

Viel Freude an dem kleinen und feinen Scharbockskraut!
Mehr Kräuterwissen gibt’s im Buch von Monika Wurft:



Monika Wurft, Mein Wildkräuterbuch, 2. Auflage März 2020 Ulmer-ISBN: 978-3-8186-1123-1
(Text und Fotos: Monika Wurft)
7.2.2023