Das Symbol für Liebe und Glück ist gefährdet – in mehrfacher Hinsicht eine traurige Nachricht. Denn die Turteltaube, die kleinste unserer Taubenarten, steht auf der weltweiten Roten Liste als global stark gefährdete Art. Der Naturschutzbund (NABU) und der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) haben die Turteltaube zum Vogel des Jahres 2020 gekürt. Leider kein erstrebenswerter Titel.
„Seit 1980 haben wir fast 90 Prozent dieser Art verloren“ erklärte NABU-Präsidiumsmitglied Heinz Kowalski, „ganze Landstriche sind turteltaubenfrei.“ Heute brüteten hierzulande nur noch 12.500 bis 22.000 Paare. In Deutschland kommen vier wild lebende Taubenarten vor. Neben der Turteltaube sind das die häufig vorkommende Ringeltaube (rund drei Millionen Paare), die Hohltaube (49.000 bis 82.000 Paare) und die seit 70 Jahren eingewanderte Türkentaube (110.000 bis 200.000 Paare). Dazu gehören nicht die von der Felsentaube abstammene halbzahme Straßentaube und die vielen Zuchttauben.
Die hübscheste Wildtaube
Die Turteltaube fällt durch ihr schönes Gefieder auf. Kein Vergleich zu den tropischen Taubenarten, aber in Europa ist sie die bunteste mit ihren gemusterten, bräunlich gefärbten Flügeldecken, der rosa gefärbten Kehle und Brust, der schwarzweißen Musterung beiderseits des Halses, blaugrauen Federn am Kopf, vor dem Flügelbug und am Bauch. Der Schwanz ist von einem weißen Saum begrenzt, die gelbschwarzen Augen sind leuchten rot umrändert und auch die Beine sind rot.
Turteln kommt vom Gurren
Ihren Namen hat ihr der schwedische Naturforscher Carl von Linné (1707 bis 1778) gegeben, wegen ihres Rufes, eines eintönigen“Turr-turr-turr“ – auch im lateinischen Namen Streptopelia turtur. Ihr extravagantes Balzverhalten, bei dem sich die gleich gefärbten Männchen und Weibchen zärtlich am Hals und an den grauen Schnäbeln berühren, haben wohl den Begriff „turteln“ bei menschlichen Liebespaaren entstehen lassen. Bei der Balz tänzeln die Tauben auf einem Ast umeinander, oft auch mit geschlossenen Augen und sanftem Gesang. Der Tauber steigt hin und wieder zu einem Schauflug mehrere Meter in die Luft und landet dann wie ein geöffneter Fallschirm neben seiner Angebeteten. Turteltaubenpaare bleiben oft ihr Leben lang zusammen. Wenn die hübschen Vögel das erste Lebensjahr überstehen – die Hälfte der Küken schafft das leider nicht – können sie bis zu 20 Jahre alt werden.
Milchiger Brei für die Küken
Die Weibchen legen in der Regel nur zwei Eier. Nach nur zwei Wochen schlüpfen die Küken. Die Aufzucht dauert rund drei Wochen. Die Eltern füttern die Jungen mit einem zähflüssigen, milchartigen Brei, der sich im Kropf der Altvögel bildet. Diese vorverdaute Intensivspeise aus Körnern und Samen wird ergänzt durch im Körper der Eltern gebildete Kropfmilch und fördert das schnelle Wachstum der Jungen. Wenn sie flügge sind, werden sie noch eine Zeitlang versorgt, bis sie selbstständig nach Nahrung suchen.
Jagd gefährdet die Art stark
Die Wildtauben brüten am liebsten in Biotopen mit Bächen, Teichen, Altarmen von Flüssen. Sie müssen viel trinken, deshalb suchen sich die Zugvögel auf ihrer Reise in den Süden auf ihren bis zu 700 Kilometer langen Tagesetappen auch Routen entlang von Wasserläufen und Seen aus. Aber vor allem auf dieser Reise droht ihnen Unheil, denn in einigen süd- und auch osteuropäischen Ländern ist die Jagd auf die schön gefiederten Vögel noch legal. In der Europäschen Union sterben so jährlich rund 1,4 Millionen der Tiere. Doch auch in Regionen, wo die Jagd verboten ist, werden zusätzlich illegal rund 600.000 Turteltauben getötet. Das verkraftet die Art nach Meinung vieler Wissenschaftler nicht mehr.
Die Vögel verhungern
Genauso negativ wirkt sich die Lebensraumzerstörung beispielsweise durch intensive Landwirtschaft in den Brut- und Überwinterungsgebieten aus. Die Tauben finden nicht genügend Nahrung, werden anfällig für Parasiten und Krankheiten, die ihnen den Garaus machen. Ackerwildkräuter verschwinden, sodass die weitgehend vegetarisch lebenden Vögel nicht mehr genügend Samen und Körner finden. Viele verhungern einfach. Früher brüteten sie zwei- bis dreimal jährlich. Während das Weibchen schon auf dem neuen Gelege saß, fütterte das Männchen noch die älteren Geschwister vom vorherigen Schlupf. Heute brüten die Turteltauben meist gerade noch einmal im Jahr. Das reicht zur Arterhaltung nicht mehr aus.
Naturschützer kämpfen für die Turteltaube
Naturschützer versuchen, Widerstand gegen die Jagd rund ums Mittelmeer aufzubauen und politischen Druck auszuüben. Gleichzeitig sorgen sie für Aufklärung. Der NABU zum Beispiel gehört der europäischen Sektion der Vogelschutzorganisation „Birdlife International“ an. Diese wirbt mit der Kampagne „Flight for Survival“ für das Überleben der Turteltaube. In mehreren Ländern laufen Forschungsprogramme, bei denen Turteltauben mit Sendern versehen und das ganze Jahr über per Satellit geortet werden, um mehr über ihr Verhalten auf dem Vogelzug und in den Brutgebieten, ihre Standortwahl und den Einfluss der Jagd zu erfahren.
(Fotos: Kev Chapman/Wikipedia, Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de ; Yuvalr/Wikipedia, Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de; Marcel Langthim/pixabay; Thais Perruolo/pixabay, Kev Chapman/pixabay, Jonathan Cannon/pixabay; Ioannis Ioannidis/pixabay)
16.12.2019