Viele Tierfreunde lieben es, im Winter die Vögel mit Futter vors Fenster zu locken und zu beobachten. Vögel füttern – ist das überhaupt sinnvoll, und wenn ja, wie? Um es gleich zu sagen: Darüber scheiden sich die Geister.
Das Futter in der Natur wird knapp
Vorneweg die gute Nachricht: Wer Vögel richtig füttert, schadet ihnen zumindest nicht. Wann und wie oft man Vögel füttern soll, darüber streiten sich Experten. Peter Berthold, einer der bekanntesten Ornithologen Deutschlands, hält es für eine „moralische Pflicht“, Vögel nicht nur im Winter, sondern sogar ganzjährig zu füttern. Denn in der heruntergewirtschafteten Natur und angesichts des dramatischen Insektenschwunds sei jede Art von Fütterung Artenschutz. Die Vögel fänden in Feld und Wald einfach nicht mehr genügend Nahrung.
Die meisten Vögel im Garten sind nicht gefährdet
Die ganzjährige Fütterung sieht der Naturschutzbund (NABU) kritisch. In seinem Positionspapier zur Wintervogelfütterung vertritt er die Auffassung, dass Vogelhäuschen, Meisenknödel & Co. im Garten nur zehn bis 15 der rund 250 Vogelarten in Deutschland erreiche. Und diese Arten – wie etwa Meisen, Rotkehlchen, Finken oder Amseln – seien nicht im Bestand gefährdet, würden teilweise sogar zunehmen. Der Haussperling bilde da eine gewisse Ausnahme. Die gefährdeten Wildvogelarten mieden menschliche Siedlungen und profitierten nicht von einer Fütterung. Von Artenschutz könne also keine Rede sein. Andere Fachleute sind völlig gegen jegliche Fütterung – die Vögel sollen nicht verlernen, sich ihre Nahrung selbst zu suchen.
Der Schutz der Lebensräume bleibt am wichtigsten
Viel wichtiger findet es der NABU, dass die natürlichen Lebensräume der Vögel geschützt werden. Das bedeutet einerseits, dass in Wald und Flur nicht mehr alles der intensiven Landwirtschaft zum Opfer fallen darf. So könnten unbewirtschaftete Ackerrandstreifen wieder insekten- und vogelfreundlich mit heimischen Wildblumen, Stauden und Beeren tragenden Sträuchern bepflanzt werden. Dieses Ziel verfolgen wir ja auch mit unserem Projekt „Blühender Naturpark“.
Natürliche Winterfütterung im Garten
Zum anderen könnt auch ihr als Gartenbesitzer dazu beitragen. Neben heimischen Wildblumen für mehr Insekten könnt ihr auch Sträucher wie Eberesche, Holunder, Hartriegel, Hagebutte, Weißdorn, Schlehe, Pfaffenhütchen oder Schneeball anpflanzen. Deren Früchte sind für viele Vögel die ideale Nahrung und oft bis in den Winter verfügbar.
Wenn ihr aber diese Möglichkeit nicht habt und trotzdem Vögel – richtig – füttern möchtet, dann haben wir für euch diese Tipps:
- Vogelhäuschen halten viele Experten für hygienisch bedenklich, wenn sie nicht ständig gereinigt werden. Vögel können das Futter mit Kot verunreinigen und damit Erreger anlocken. Besser sind Futterspender, in die Vögel nur mit dem Schnabel hineingelangen.
- Futterspender außerhalb der Reichweite von Hunden und Katzen aufhängen.
- Vogelfutter sollte abwechslungsreich sein und zur jeweiligen Vogelart passen. Kauft geprüftes Vogelfutter, das mit Emblemen vom NABU, WWF oder Deutschem Tierschutzbund gekennzeichnet ist. Auf keinen Fall Brot und andere – menschliche – Lebensmittel füttern! Das schadet den Vögeln. Brot quillt im Magen auf und Salz vertragen die Piepmätze nun mal nicht.
- Körnerfresser wie Meisen, Finken, Zeisige, Gimpel, Stieglitze oder Spatzen lieben eine Mischung aus Körnern, Samen und fetthaltiger Nahrung, die Energie liefert. Zum Beispiel mit den im Handel erhältlichen Meisenringen oder -knödeln liegt ihr immer richtig. Auch Sämereien aus Hirse, Leinsamen, Salat, Sommerrüben, Melde, Löwenzahn, Knöterich, Gras, Getreide, Erlen, Ahorn, Buche und Kürbis-, Melonen-, Apfel-, Birnen-Kernen sowie getrockneten Beeren sind zu empfehlen. Je vielfältiger das Gemisch ist, desto mehr Vogelarten wird es gerecht.
- Rotkehlchen, Amseln, Zaunkönige, Drosseln, Garten-, Waldbaumläufer oder Heckenbraunelle gehören zu den „Weichfressern“. Sie mögen Früchte, Beeren und Samen von Holunder, Eberesche, Liguster, Mehlbeere, Schneeball, Efeu, Pfaffenhütchen, Weißdorn und Wildrose; Rosinen, Haferflocken, zerquetschte Hanf-, Weizen- und Sonnenblumenkörner; ungesalzenen, gekochten Reis, Äpfel und Birnen. Als Fettfutter für die Weichfresser kann ein 1:1-Gemisch aus Rindertalg und Weizenkleie verwendet werden. Im Handel erhältliche Weichfressermischungen könnt ihr ohne Bedenken verwenden.
- Sowohl Körner als auch Weichfutter fressen gerne die verschiedenen Meisenarten, der Kleiber (Vogel des Jahres 2006) und der Bunt-, Mittel- und Grauspecht.
- Sonnenblumenkerne fressen fast alle Vögel.
Die Natur ist kein Zoo
Der NABU macht aber auch deutlich, dass man mit Füttern das Grundproblem nicht lösen kann. Will man eine Natur, die mehr einem Zoologischen Garten mit stets gefüllten Futterbehältern gleicht? Oder will man echte, vogelfreundliche Natur mit authentischen Lebensräumen? Der NABU meint: Was die direkte Hilfe für Vögel betrifft, mag jeder selbst entscheiden, wie und womit er seinen Beitrag leisten möchte. Die Palette der Möglichkeiten, etwas für die heimische Tierwelt zu tun, sei weitaus größer als das breiteste Futtersortiment.
Macht mit an der Zählung der Wintervögel vom 8 bis 10. Januar 2021!
Zum achten Mal ruft der NABU zusammen mit seinem bayerischen Partner Landesbund für Vogelschutz (LBV) zur „Stunde der Wintervögel“ auf – der größten wissenschaftlichen Mitmachaktion Deutschlands. Die Aktion liefert jedes Jahr wichtige Erkenntnisse zu Veränderungen im Vogelbestand bundesweit. Also: Zählt eine Stunde lang die Vögel am Futterhäuschen, im Garten, auf dem Balkon oder im Park und meldet die Ergebnisse an den NABU. Wenn ihr gemeinsam mit Kindern zählt, können diese auch etwas über die heimischen Vogelarten lernen.
Alle Informationen zur Aktion findet ihr hier. Dort könnt ihr Meldebögen herunterladen, in die ihr die Ergebnisse eintragen könnt. Diese könnt ihr dann per Post oder online übermitteln.
(Fotos: pixabay.com)