Zum ersten Mal nach 50 Jahren „Vogel des Jahres“ haben Menschen wie ihr und wir den „Superstar “ – diesmal kein Star, der war 2018 dran – unter den gefiederten Freunden wählen dürfen. Mit 59.338 von rund 455.000 abgegebenen Stimmen gewann einer der beliebtesten Gartenvögel: das Rotkehlchen. Es verwies die Rauchschwalbe (52.410) und den Kiebitz (43.227) auf die unteren Treppchen.
Dabei ist das Rotkehlchen zum Glück keine gefährdete Art, sondern einer der häufigsten Vögel in Wald und Garten. Normalerweise küren der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) den Vogel des Jahres. Aber zum 50-jährigen Jubiläum durfte erstmals die Bevölkerung den Sieger per Online-Abstimmung bestimmen. Viele von uns konnten in diesen Zeiten auch nicht viel mehr tun, als die Vögel vor dem Fenster beobachten – da kam diese Abstimmung vielleicht gerade recht. 😉 Schon 1992 war das Rotkehlchen Vogel des Jahres.
Wir sehen Rot
Bekannt ist das Rotkehlchen – wie schon der Name sagt – durch seinen orangerote Kehlen- und Brustbereich. Weibchen und Männchen unterscheiden sich im Aussehen nicht. Sie werden rund 14 Zentimeter groß bei einer Flügelspannweite von bis zu 22 Zentimetern. Sie ernähren sich hauptsächlich von Insekten und deren Larven. Im Herbst kommen Beeren hinzu. Meist suchen sie sich ihre Nahrung am Boden, weshalb sie zu den „Erdsängern“ gehören.
Das Rotkehlchen hat Gold in der Kehle
Der kleine Vogel ist für seine Größe recht stimmgewaltig. Und das nicht nur, was die Lautstärke betrifft. Über 275 Gesangsmotive haben Forscher schon bei Rotkehlchen nachgewiesen – an Vielfalt kaum zu übertreffen. Meist singt es, um sein Revier zu verteidigen. Das Männchen singt natürlich auch, um Weibchen anzulocken. Auch das Weibchen singt, ähnlich wie das Männchen, nur leiser und zurückhaltender. Doch Rotkehlchen singen nicht nur, sondern haben auch eine Vielzahl von unterschiedlichen Rufen für die unterschiedlichsten Zwecke. Zum Beispiel stößt die brütende Rotkehlchenmutter Bettellaute aus, damit das Männchen sie versorgt.
Auf fremdes Rot reagieren sie allergisch
In Gärten lässt sich das Rotkehlchen gut beobachten. Es ist nicht sehr scheu, bisweilen sogar zutraulich. Und mutig ist es auch – Männer mit rotem Bart wurden schon angegriffen, weil Männchen sie für Konkurrenten hielten. Es ist sehr aktiv von früh morgens bis spät abends. Vermutlich sind deshalb seine Augen verhältnismäßig groß, damit es in Dämmerung und Dunkelheit gut sieht. Und fast immer singt es. Manche Tiere singen sogar, wenn man sie zur Beringung in einen dunklen Beutel setzt.
Zwei Bruten im Jahr
Sie nisten meist am Waldboden, in Nischen oder kleinen Höhlen. Ihr napfartiges Nest baut fast ausschließlich das Weibchen aus Halmen, Moos und feinen Wurzeln, manchmal auch mit einem kleinen Blätterdach. Es legt drei bis sieben Eier und brütet meist zweimal jährlich. Viel Nachwuchs ist nötig, denn Rotkehlchen leben normalerweise nicht lange. Auch brüten tut die Mutter alleine, wird dann aber vom Vater mit Futter versorgt. Nach zwölf bis 15 Tagen schlüpfen die Jungen. Die Mutter hilft ihnen dabei und entfernt sofort die Eierschalen, weil sie sonst zu auffällig für Nesträuber sind.
Alles muss raus
Beide Eltern füttern den Nachwuchs und entfernen ihre Hinterlassenschaften, die sie oft in Revieren anderer Rotkehlchen entsorgen. Nach 13 bis 15 Tagen verlassen die Jungen das Nest. Die gesamte Brut zieht dabei erstaunlich geschlossen innerhalb von maximal 18 Stunden aus. Doch mindestens acht Tage brauchen sie auch noch außerhalb des Nestes Futter von den Eltern. Bei der ersten Brut ist oft der Vater mehr gefordert, denn die Mutter beginnt schon mit dem Nestbau für die zweite.
Nur zum Teil Zugvögel
Rotkehlchen sind so genannte Teilzieher. Das bedeutet, dass nur ein Teil der Population in den Süden, in den westlichen Mittelmeerraum und bis nach Nordafrika fliegt. Meist sind dies Weibchen. Und die anderen bleiben einfach zu Hause und suchen sich ein Winterquartier. Wenn sie zurückkehren, haben Männchen, die mit ihnen gezogen sind, oft das Nachsehen bei der Paarung gegenüber den vom heimischen Winter abgehärteten „Patrioten“. Das unterschiedliche Zugverhalten ist wohl erblich bedingt. Innerhalb einer Gruppe von Rotkehlchen, die in derselben Voliere gehalten werden, zeigen immer welche im Herbst, dass sie fort wollen. Und die anderen nicht. Schön, dass wir uns auch im Winter an den munteren Sangeskünstlern erfreuen können!
Weitere Vögel des Jahres findet ihr hier auf dem Blog:
Die Liste aller Vögel des Jahres seit 1971 findet ihr auf dieser Seite des Nabu.
(Fotos: pixabay)
3.4.2021