Heute begeben wir uns mit unserer Kräuterfrau und Schwarzwald-Guide Monika Wurft auf die Suche nach herbstlichen Genüssen. Kein Sauerkraut ohne die blauschwarzen Beeren eines piksigen Nadelgehölzes namens Wacholder. Wo man dieses findet und warum manche von ihnen keine Beeren tragen, hier wird’s verraten.
Gesucht: immergrünes Nadelgehölz aus der Familie der Zypressengewächsen (Cupressaceae). Wegen seiner engen Verwandtschaft zur Mittelmeerzypresse auch als „Zypresse des Nordens“ bekannt.
Vielleicht kennt ihr den hohen Strauch mit seinem charakteristischen, starren Stachelkleid unter anderen Namen wie Feuerbaum, Weihrauchbaum, Krammetsbeerenstrauch, Kranewitt, Schnapsbeerenstrauch oder Machandelbaum? Seine schwarzblauen Beeren sind botanisch gar keine Beeren, sondern Beerenzapfen. Außerdem genießen sie einen hervorragenden Ruf in der Volksheilkunde.
Beinahe jeder von uns hat diese Beerenzapfen, auch Scheinbeeren genannt, schon in der Küche eingesetzt. Vor allem im Winter verleihen sie schwer verdaulichen Speisen eine schmackhafte Würze, ganz besonders, wenn es um Sauerkraut geht.
Gefunden: Die Rede ist natürlich vom Wacholder, der botanisch Juniperus communis heißt.
Daran erkennt ihr den Wacholder
Wacholder gilt zwar als sehr anspruchslos, ist jedoch lichtbedürftig. Er wächst auf trockenen, sonnigen Böden in Heiden, auf Magerweiden und in lichten Laubwäldern und kann bis zu zwölf Meter hoch werden. Gerne verzweigt er sich vom Grund an, wächst also mehrstämmig und entwickelt nur selten einen Hauptstamm. Das vielgestaltige Gehölz entwickelt sich oft kegel- oder säulenförmig und ist daran schon aus der Ferne zu erkennen.
Zudem sind tiefe Temperaturen und extreme Trockenheit für den Wacholder kein Problem. Er reagiert mit langsam wachsendem Holz darauf, welches wiederum extrem feinjährig und überdies würzig duftend ist.
Die spitzen, graugrünen Nadeln des Wacholders werden ein bis zwei Zentimeter lang. Sie sitzen in Quirlen an den Zweigen. Ihre Oberseite ziert ein weißer Streifen, von schmalen, grünen Rändern eingerahmt. Augenfällig sind diese starren, piksigen Nadeln zudem, da sie meist zu dritt im Quirl stehen und einen kleinen Stern bilden, ähnlich dem Mercedestern.
Besonderheiten beim Wacholder
Wacholder ist zweihäusig, das heißt, es gibt männliche und weibliche Exemplare. Nur an den weiblichen Exemplaren könnt ihr, was die würzigen Beeren anbelangt, fündig werden. Der männliche Wacholder ist zur Bestäubung der weiblichen Pflanzen allerdings zwingend notwendig. Wenn keine männlichen Pflanzen in der Nähe wachsen, blühen und die weiblichen Blüten bestäuben, gibt es keine Wacholderbeeren am weiblichen Wacholder.
Die Blütezeit bewegt sich je nach Höhenlage von Ende April bis in den Juni hinein. Die Verbreitung des Wacholders durch die Beeren wird vorwiegend von Vögeln wie der Wacholderdrossel, auch als Krammetsvogel bekannt, und der Amsel übernommen. Einzigartig ist zudem, dass Wacholderbeeren in unterschiedlichen Fruchtstadien gleichzeitig am weiblichen Wacholder auftreten. Diese Besonderheit liegt in der langen Reifezeit der Wacholderbeeren begründet. Sie brauchen bis zur Vollreife drei Jahre. Ihre Haupterntezeit fällt in den Herbst, so ab Oktober. Pflückreif und würzig schmeckend sind diejenigen, die sich schwarzblau verfärbt haben. Die grünen unreifen Beeren sind hart und vom Geschmack her unangenehm. Das Pflücken ist durch die spitzigen Nadeln ziemlich erschwert. Handschuhe leisten dabei gute Dienste oder ihr breitet ein Tuch unter dem Wacholderbusch aus klopft die reifen Beeren ab.
Eine alte Heilpflanze
Wacholderbeeren enthalten ätherische Öle, Bitterstoffe, Flavonoide, Gerbstoffe und Harze. Ihre Verwendung in der Volksheilkunde reicht bis ins Altertum zurück. Die Beeren, frisch oder getrocknet verwendet, wirken harntreibend und verdauungsfördernd. Sie kommen bei Magenschmerzen, Sodbrennen, Blähungen, bakteriellen und entzündlichen Harnwegsinfektionen und bei rheumatischen Beschwerden zum Einsatz. Ebenso können die Beeren zur Vorbeugung in Grippezeiten in geringen Mengen gekaut werden. Darreichungsformen reichen von der Beere als Würze und Verdauungshilfe in der Küche über Teeaufgüsse, Tinkturen und Sirup bis zum Schnaps.
Tee, Badezusatz und Schnaps
Zur Teeherstellung zerdrückt ihr einen Teelöffel (2-3 g) Wacholderbeeren im Mörser und übergießt diese mit einem Viertelliter kochendem Wasser. Nach zehn Minuten gießt ihr den Tee mit Hilfe eines Siebes an. Die Volksheilkunde empfiehlt zwei Tassen täglich und die Anwendungsdauer auf Grund der starken harntreibenden Wirkung auf zwei bis drei Wochen zu beschränken.
Reines hochwertiges, ätherisches Öl aus Wacholderbeeren destilliert, hat kann als Badezusatz und für Einreibungen verwendet werden.
Wegen ihres hohen Zuckergehalts werden die Wacholderbeeren auch zum Schnapsbrennen verwendet. In Mode gekommen sind Gin und Genever, denen sie ihr besonderes Aroma verleihen. In Alpenländern werden Wacholderbeeren traditionell gekocht und passiert zu einem sirupartigen süßen Brotaufstrich verarbeitet.
Wacholderschnaps selbst ansetzen
Einen Ansatzschnaps zum Einreiben oder als Verdauungshilfe könnt ihr auch selbst herstellen. Dazu mörsert ihr zirka 100 Gramm Wacholderbeeren und füllt diese in eine Flasche. Die Beeren übergießt ihr mit 500 Milliliter Korn und lasst den Ansatz zwei bis drei Wochen Wochen stehen. Ab und zu sollte die Flasche geschüttelt werden. Danach kann der „Aufgesetzte“ in eine frische Flasche abgefiltert und verwendet werden. Als Verdauungshilfe reichen in der Regel einige Tropfen.
Schnitzholz
Das zähe und harzfreie Holz des Wacholderstrauches eignet sich gut zum Schnitzen. Es duftet angenehm und langanhaltend und hat eine feine helle Maserung. Da Wacholder heutzutage selten geworden ist und in manchen Gegenden als gefährdet eingestuft wurde, dürft ihr nur abgestorbenes Holz verwenden. Gerne nimmt man es für kunstgewerbliche Gegenstände wie kleine Dosen, Kämme und praktische Küchenhelfer wie Löffel und Buttermesser. Vor allem in skandinavischen Ländern haben diese Kunstgegenstände und hölzernen Küchenutensilien aus Wacholderholz eine lange Tradition.
Viel Spaß mit herbstlichen Genüssen und dem würzigen Wacholder!
(Text: Monika Wurft, Fotos: Monika Wurft und Rita Lüder)
22.9.2023
Mehr Kräuterwissen gibt’s im Buch von Monika Wurft:
Monika Wurft, Mein Wildkräuterbuch, 2. Auflage März 2020, Ulmer-ISBN: 978-3-8186-1123-1
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