Der Wolf ist nach Baden-Württemberg eingewandert und wird bleiben. In der Kulisse des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord ist der Rüde GW852m sesshaft. Das Gebiet, in dem er nachgewiesen wurde, umfasst eine Fläche von 608 Quadratkilometern. „Wir werden mit dem Wolf leben müssen“, resümiert der Wildtierbeauftragte des Landkreises Rastatt, Martin Hauser. Insbesondere für Tierhalter ist das eine große Herausforderung.
Deshalb informierten das baden-württembergische Umweltministerium und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord am 27. Juli bei einer Veranstaltung im Landratsamt Rastatt über den aktuellen Stand im Wolfs-Monitoring, die voraussichtliche Entwicklung des Wolfsbestands und die damit verbundenen Herausforderungen und Lösungswege zum Schutz der Weidetiere. Die Diskussionen zu den einzelnen Vorträgen waren sachlich. Dafür bedanken wir uns bei allen Beteiligten!
Denn wir wissen: Jedes gerissene Nutztier ist ein auch ein emotionaler Verlust für den Tierhalter, auch wenn ein finanzieller Ausgleich erfolgt. „Damit unsere Kulturlandschaft erhalten bleibt, brauchen wir unsere Landwirte und Tierhalter – die professionellen und die Hobby-Tierhalter – wie wir sie gerade in meinem Landkreis im Murgtal haben“, sagt Prof. Dr. Christian Dusch, Landrat des Landkreises Rastatt und Vorsitzender des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord. „Jeder Tierhalter weniger ist ein Verlust für unsere Kulturlandschaft!“




An der Veranstaltung nahmen Tierhalter/innen, Vertreter/innen von Gemeinden und Städten sowie Forstämtern, Landratsämtern, des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV), des Landschaftserhaltungsverbands (LEF), der Landfrauen, des Landesnaturschutzverbands (LNV), des Nationalparks Schwarzwald, der Naturfreunde, des Infozentrums Kaltenbronn, der Schwarzwald Touristik GmbH (STG) und des Landesbauernverbands teil.
Zum Wolfsmanagement, der Förderung des präventiven Herdenschutzes und der Zumutbarkeit im Herdenschutz referierte Karl-Heinz Lieber, Abteilungsleiter Naturschutz im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg und selbst Förster. Den aktuellen Stand des Wolfs-Monitorings stellte Felix Böcker von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) vor. Den präventiven Herdenschutz im Schwarzwald präsentierte Laura Huber-Eustachi, ebenfalls FVA. Diana Fritz vom LEV Landkreis Rastatt und der Wildtierbeauftragte des Landkreises Rastatt Martin Hauser berichteten aus ihrem Arbeitsalltag mit dem Wolf.

Wolfs-Monitoring: Die Zahlen
In Deutschland gibt es 162 Wolfsrudel, 47 Paare und 21 territoriale Einzeltiere. Dabei handelt es sich um die eindeutig nachgewiesenen Wölfe, Stand Juli 2023. In der Kulisse des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord ist der acht Jahre alte Rüde GW852m seit 2017 sesshaft.
Bei 50 Prozent der Risse, die GW852m eindeutig zuzuordnen sind, handelt es sich um Rehe. Bei etwa 25 Prozent um Rothirsche, bei weiteren 15 Prozent handelt es sich um unbestimmte Hirschartige. Unter den Rissen von GW852m sind etwa acht Prozent Wildschweine und Hasenartige. Auf Dammhirsche entfallen weniger als fünf Prozent. Den geringsten Anteil machen Nutztiere aus. In 26 Fällen gilt GW852m eindeutig als Verursacher von Rissen an 113 Schafen und Ziegen.
Karl-Heinz Lieber prognostiziert: „Es ist davon auszugehen, dass sich weitere Tiere dauerhaft ansiedeln und sich Familienverbände (Rudel) bilden werden.“
Regelmäßige Zaunkontrolle ist zentral
„GW852m kontrolliert regelmäßig auch die besten Zäune in unseren Landkreisen auf Schwachstellen. Es ist daher wichtig, dass die Tierhalter/innen ihre Zäune regelmäßig auf Schwachstellen kontrollieren“, erklärt Martin Hauser die Lage im Nordschwarzwald. Er ist Wildtierbeauftragter des Landkreises Rastatt und selbst Tierhalter. Seine Aufgabe sieht er insbesondere darin, die Tierhalter mit Material für Zäune zu unterstützen und auf die Fördermaßnahmen hinzuweisen. „Besonders wichtig ist es mir auch, Verständnis für den Verlust der Tiere zu äußern und die Arbeit unserer Tierhalter/innen wertzuschätzen“, sagt Hauser.


Diese Schutzmaßnahmen gibt es
Tierhalter müssen mit zunehmenden Übergriffen auf ihre Nutztiere rechnen, sofern diese nicht ausreichend geschützt werden. Das Land fördert Investitionen zum Herdenschutz, erstattet hierfür den wolfsbedingten Mehraufwand und will rechtliche Spielräume zur Entnahme von schadstiftenden Wölfen nutzen. Dabei gilt das Bundesnaturschutzgesetz §44, Abs. 1 sowie §45, Abs. 7. Ein Wolf wird entnommen, wenn ein wolfabweisender bzw. zumutbarer Herdenschutz wiederholt überwunden wurde. Dies ist nach offizieller Prüfung in der Kulisse des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord bislang nicht passiert.
„Trotz einer möglichen Entnahme von Einzelwölfen sind Herdenschutzmaßnahmen unverzichtbar“, macht Lieber deutlich. Das Land übernimmt die wolfsbedingten Mehrkosten (hundert Prozent Arbeitskosten und Material), die Ausbildung und den Unterhalt von Herdenschutzhunden (Pauschale) sowie den Mehraufwand beim Weidemanagement. Lieber betont: „Das Land kümmert sich um die Offenhaltung der Kulturlandschaft und bekennt sich zu hundert Prozent zur extensiven Beweidung.“
Wer sich zum Herdenschutz beraten lassen will, kann sich an die FVA wenden. Sie geben individuell und vor Ort Tipps.

Hier gibt es Infos rund um den Wolf
- Managementplan Wolf
- Förderung von Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor Schäden durch den Wolf
- Hinweise für Nutztierhalter/innen zum Wolfsschutz
- Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg – Wildtierinstitut
- Herdenschutz mit Kommunen und anderen Flächeneigentümern (Ratgeber DVL 2023)
- Herdenschutzkonzept für Rinder
(Text & Fotos: Gundi Woll/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord;
Foto Wolf: Stefan Dangel/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord)
27.07.2023