Heute schauen wir uns mit unserer Kräuterfrau und Schwarzwald-Guide Monika Wurft die Weißtanne genauer an und wie man sie schon von weitem von der Fichte unterscheiden kann. Auch diesmal könnt ihr das Wildkräuterbuch von Monika Wurft gewinnen! (Siehe unten.)
Wenn ich bei meinen Kräuterwanderungen im Sommer nach den Unterscheidungsmerkmalen von Fichte und Tanne gefragt werde, dann schauen wir uns die Zapfen an. Das geht mit etwas Abstand am besten. Von weitem gut sichtbar hängen die Zapfen an der Fichte (Picea abies) nach unten und an der Tanne (Albies alba) stehen sie aufrecht auf den Ästen.
Um den Unterschied an den Nadeln zu erkennen, müsst ihr schon näher ran und zugreifen. Fichtennadeln sind spitz und pieksig. Tannennadeln dagegen sind flach und abgerundet und somit weicher. Auch am Geschmack bzw. Geruch der zerriebenen Nadeln könnt ihr eine Fichte von einer Tanne gut unterscheiden. Die ätherischen Öle der Fichte sind für viele Geschmäcker zu sauer, sie erinnern an Zitronen. Die Nadeln der Weißtanne schmecken nicht säuerlich. Ihr Duft ist balsamisch und angenehm waldig und die meisten ordnen den Duft sofort Weihnachten zu.
Probleme bei zu viel Schnee
Im Winter nach frischem Schneefall könnt ihr den Unterschied zwischen Fichte und Tanne ebenfalls von weitem erkennen. Die Fichte steht mit einer dicken Schicht Neuschnee da wie eingepackt. Sie hat ihre Äste vorsorglich schon im Herbst nach unten gesenkt und auch die einzelnen Zweige sind am Ast wie abgeklappt. Achtet beim nächsten Spaziergang darauf. Ihr erkennt bereits aus der Ferne, dass die Fichte weniger Probleme mit Schnee hat, sie ist dementsprechend auf große Höhen mit viel Schnee spezialisiert.
Die Tanne hat es da schon schwerer. Ihre Äste sind nach wie vor ausgebreitet und ihre Krone ist rund und nicht spitz wie bei der Fichte. Die Schneelast drückt die Zweige nach unten, so dass Schneebruch keine Seltenheit ist. Übrigens: Sogar Laubbäume wie die Buche ächzen dieses Jahr unter der Last des Schnees. Trotz der Strategie des Laubabwerfens kann der viele Schnee auch einige große Äste oder gar ganze Bäume umknicken.
Ein tiefer Blick auf die Weißtanne
Die Weißtanne gehört zur Familie der Kieferngewächse (Pinaceae) und kann stattliche 65 Meter hoch werden. Bei einem Stammumfang von bis zu drei Metern erreicht sie durchaus ein Alter von 600 Jahren. Durch ihre tiefgründigen und weit über ihren Kronenumfang hinauswachsenden Pfahlwurzeln gilt sie als sehr sturmsicher. Die Weißtanne ist zu Beginn ihres Wachstums ein Schattenbaum. Ihre sehr langsam wachsenden Keimlinge stehen zunächst unter dem Schutz der sie umgebenden Bäume, natürlicherweise in Mischwäldern. Hier wachsen die jungen Bäumchen mit minimalen Zuwächsen heran, so zu sagen in Wartestellung für Raum und Licht. Ihre Wuchskraft entwickeln Tannen meist erst nach Jahren des Schattendaseins. Der Umweltjournalist Horst Stern (1922- 2019) schrieb dazu: „Ein Tanne kann zwei Menschenleben lang unter dem dichten Kronendach einer alten Buche leben, armdick dann nur, mit Jahresringen dicht an dicht. Erst wenn die Buche fällt und der Sonne den Weg frei macht, dann wächst die Tanne los“.
Oben andere Nadeln
Die dunkelgrün glänzenden Nadeln der Weißtanne haben auf der Unterseite zwei weiße Wachsstreifen, die als Verdunstungsschutz dienen. Ihre Nadeln stehen, solange sie beschattet sind seitlich vom Zweig ab, um eine optimale Lichtausbeute zu erreichen. Mit zunehmender Baumlänge und somit mehr und mehr Sonnenbestrahlung wandeln sich diese sogenannten Schattennadeln in Lichtnadeln um. Es wachsen nun viele Nadeln rund um den Zweig herum und sorgen so für ein zügiges Baumwachstum. Junge Weißtannen haben eine glatte, mit kleinen Harzblasen durchzogene weißliche Borke. Erst im Alter von 40 bis 60 Jahren setzt die Bildung der charakteristischen silbrig schimmernden, rissigen Borke ein.
Begehrter Rohstoff
Das Holz der Tanne ist sehr leicht und elastisch und wird als Bau- und Konstruktionsholz auch im Schiffsbau und für Wasserverbauungen verwendet. Auch als Resonanzholz für Musikinstrumente kommt es zum Einsatz. Im Mittelalter wurde für die Köhlerei Weißtanne geschlagen. Zu Holzkohle verschwelt wurde sie für die Verhüttung von Eisen und Edelmetallen und für die Schmelzöfen der Glasmacher verwendet.
Als „Holländertanne“ berühmt, wurde die Weißtanne vom 17. bis ins 19. Jahrhundert aus dem Schwarzwald ins waldarme Holland geflößt. Die langen und gerade Stämme wurde zu Mastbäumen für die holländische Handelsflotte, oder zu Bohlen für die Befestigung der Grachten.
Die Großvatertanne ist der Gigant des Schwarzwalds
Alte Weißtannen findet man deshalb in Wirtschaftswäldern nur noch selten. Da lohnt sich ein Besuch in Bannwäldern und Nationalparks, z. B. im Bannwald Wilder See im Nationalpark Schwarzwald oder im Nationalpark Bayrischer Wald. Im letzteren gibt es eine erlebenswerten Seelensteig, der mit Gedichten zum Innehalten anregt. Siehe Bild Gedicht Erich Kästner
Dass aus einem kleinen Tännchen ein majestätischer Baum werden kann, beweist die bei Freudenstadt stehende „Großvatertanne“. Sie überragt mit 45 Metern Höhe alle umliegenden Bäume. Der majestätische Baum ist über 230 Jahre alt und hat einen Durchmesser auf Brusthöhe von 1,45 m. Einen Besuch kann ich euch empfehlen!
So vermehrt sich die Weißtanne
Tannen sind einhäusig und blühen von Mai bis Juni. Allerdings erst ab einem Alter von 50 bis 70 Jahren. Männliche und weibliche Blüten sind dabei zwar auf einem Baum, jedoch selten auf demselben Zweig zu finden. Die weiblichen, drei bis fünf Zentimeter langen, blassgrünen Zäpfchen entwickeln sich im obersten Kronenbereich, die zwei bis drei Zentimeter langen, gelblichen männlichen Blüten, treten meist im mittleren und unteren Kronenbereich auf. Ein besonderes Merkmal sind die reifen Zapfen einer Tanne. Sie stehen aufrecht auf den Zweigen. Nach der Samenreife fallen die einzelnen Schuppen ab und überlassen die Samen, die mit einem brüchigen Flügel ausgestattet sind, dem Wind. Ein Tannenzapfen enthält etwa 50 keimfähige Samen. Übrig bleibt die leere Spindel, die Mitte der Zapfen.

Der allgegenwärtige Tannenzapfen ist meist ein Fichtenzapfen
Am Boden sind Tannenzapfen deshalb äußerst selten zu finden. Da „Tanne“ landläufig als Überbegriff für Nadelbäume verwendet wurde, werden am Boden liegende Zapfen immer noch als Tannenzapfen bezeichnet. Dabei handelt es sich fast immer um die Zapfen der Fichte, da diese komplett herunterfallen.
Alte Heilpflanze
In der Volksheilkunde wird die Tanne schon seit dem Altertum eingesetzt. Teezubereitungen aus Tannen- aber auch Fichtennadeln wurden auf Grund ihres Vitamin-C-Gehalts gegen Skorbut und als Auswurf förderndes Heilmittel bei Husten genutzt. Außerdem bereitete man Bäder aus dem Sud bei Erkältungen und Blasenentzündungen und kaute das Harz als Schutz vor Zahnausfall. Auch heutzutage wird Harz in Salben zur Wundheilung bei Schrunden und Rissen und als Rheumasalbe verwendet. Auch das herb-würzig duftende ätherische Öl wird aus den etwa zehn bis 15 Zentimeter langen, frischen Trieben der Weißtanne durch Destillation gewonnen. Es ist meist in Zubereitungen wie Salben, Einreibungen, Badezusätzen, Inhalationen, Hustensäften und Fertigarzneimitteln enthalten. Wegen seiner erwärmenden und durchblutungsfördernden Eigenschaften wird das ätherische Öl der Tanne bei Erkältungen, Verdauungsschwächen, Muskelschmerzen, sowie bei Zerrungen, Quetschungen und Hämatomen hoch geschätzt.
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Schickt bis zum 28. Februar eine E-Mail mit der Antwort an redaktion@naturparkschwarzwald.blog, schreibt „Weißtanne“ in den Betreff und eure Kontaktdaten in den Mailtext, damit wir euch gegebenenfalls den Gewinn zusenden können. Mit der Teilnahme akzeptiert ihr unsere Teilnahmebedingungen.
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(Fotos: Monika Wurft, Titelfoto: Stefan Dangel/Naturpark)
5.2.2021