Wer sich auch nur ein bisschen mit Wein auskennt, weiß, dass die Franken, und nur die Franken, ihren Wein seit Jahrhunderten in flache, bauchige Flaschen abfüllen: den Bocksbeutel. Nur die Franken? Nein! Eine kleine, von unbeugsamen Winzern bevölkerte Weinregion in Baden hört nicht auf… es ist fast wie bei Asterix. Kurz gesagt: Den Bocksbeutel gibt es auch im Naturpark bei unserem Partner Baden-Badener Winzergenossenschaft!
Das „Bocksbeutelrecht“ erkämpft
Im Baden-Badener Rebland wird schon seit über 200 Jahren Wein in Bocksbeuel abgefüllt. Das konnten die fränkischen Winzer irgendwann nicht mehr ertragen und wollten dies in den 1970er-Jahren den badischen Weinbauern streitig machen. Sie gingen bis zum Bundesgerichtshof, aber am Ende wurde das Bocksbeutelrecht für Baden-Baden gesetzlich verbrieft. Denn die Rebländer konnten ihre lange Bocksbeutel-Tradition problemlos nachweisen. Allerdings ist das Recht auf die Baden-Badener Stadtteile Neuweier, Steinbach-Umweg und Varnhalt beschränkt.
Der „Bocksbeutelstreit“
Die Franken gaben sich nicht zufrieden und zogen bis vor den Europäischen Gerichtshof, denn sie wollten Markenschutz für diese Flaschenform erwirken. In diesem legendären „Bocksbeutelstreit“ entschied das Gericht 1983, dass es diesen Markenschutz nicht gibt. Somit waren auch die festgelegten Bestimmungen in der deutschen Weinverordnung unzulässig, wonach nur Qualitätsweine aus Franken in Bocksbeutel-Flaschen verkauft werden durften. Im Jahr 1989 wurde der Bocksbeutel nach langem Streit für Qualitäts- und Prädikatsweine aus Franken und einigen anderen abgegrenzten Weinbauregionen in der Europäischen Gemeinschaft urheberrechtlich geschützt. Neben dem Baden-Badener Rebland sind dies auch das Badische Frankenland und Weinregionen in Portugal (Mateus).
Doch warum Bocksbeutel in Baden?
Ganz einfach: Der damalige Herr auf Schloss Neuweier, Freiherr Franz-Philipp Knebel von Katzenellenbogen, brachte um 1782 den Bocksbeutel aus seiner fränkischen Heimat mit. Seine Familie hatte das Schloss schon 1615 erworben. Er verfügte, mehr Riesling anzubauen und ließ diese Weine in die ihm vertrauten Bocksbeutelflaschen füllen. Und warum gibt es überhaupt diese Flaschenform? Auch ganz einfach: Ein Bocksbeutel kann nicht wegrollen und ist, so flach wie er ist, besser zu transportieren.
Die besten Weine kommen in den Bocksbeutel
Die Baden-Badener Winzergenossenschaft hat für hochwertige Riesling- und Spätburgunder-Weine speziell aus einer ihrer besten Weinlagen die „Collection Stich den Buben“ zusammengestellt. Wer bei diesem Namen an das Kartenspiel Skat denkt, liegt nicht ganz richtig. Denn im Jahre 1474 hatte Markgraf Karl von Baden einen ausgezeichneten Koch. Und der trug den klangvollen Namen „Hans StichdenBuben“. Der Markgraf war so sehr von den Künsten dieses Meisterkochs angetan, dass er ihm aus Dankbarkeit beziehungsweise als Anerkennung für seine „getruwen willigen Dienste“ zwölf „Steckhaufen“ (rund 30 Ar) Reben in der unmittelbaren Nähe der Kurstadt Baden-Baden als Lehen übergab. Die Weinberglage StichdenBuben war geboren.
Woher kommt der Name „Bocksbeutel“?
Darüber streiten sich die Gelehrten. Einige glauben, dass die Bezeichnung aus dem niederdeutschen Wort „Booksbüdel“, also einem Bücherbeutel, einem Überzug für Gebets- oder Gesangsbücher, abgeleitet wurde. Andere Experten nennen als Wortherkunft die Ähnlichkeit zum Hodensack eines Bockes. Der Vergleich lässt sich aus dem täglichen Umgang der ländlichen Bevölkerung mit dem volkstümlichen Tier erklären. Zudem gibt es schon seit jeher eine Verbindung zwischen Wein und Bock, war er doch schon in der antiken Mythologie das Begleittier des Weingottes Dionysos. Bis heute lässt sich die Herkunft des Wortes jedoch nicht genau erschließen.
(Fotos: Baden-Badener Winzergenossenschaft e. G.)