Ab heute stellt euch unsere Schwarzwald-Guide Monika Wurft aus Schiltach immer wieder Wildpflanzen aus dem Naturpark vor. Auf ihren Kräuterführungen erzählt sie Interessantes, Wissenswertes und Ungewöhnliches über Wildpflanzen, ihre Eigenschaften und ihre vielfältige Verwendungsmöglichkeiten. Wir starten mit der allseits beliebten Heidelbeere. Sie schmeckt nicht nur gut, sondern ist auch sehr gesund! Aber ihre Zweige können auch ein hübscher Zimmerschmuck sein.
Die Freude an der Heidelbeere beginnt mitten im Winter!
Ganz besonders, wenn es draußen grau und trist ist und man sich nach ein bisschen „Grün“ sehnt, dann heißt es: Ab in den Wald! Dort stechen die überraschend grünen Sträucher der Heidelbeere selbst mitten im Winter wohltuend ins Auge. Auch jetzt noch, gänzlich ohne Laub, sieht man erst, wie schön die kleinen Heidelbeersträucher sind. In dieser Jahreszeit hole ich mir immer einige der grünen Zweige ins Haus. Die Zweige lassen sich für dekorative Gestecke mit Hagebutten und Zaubernuss oder als Halt für einige Tulpen- oder Narzissenblüten nutzen. Sie kommen nochmal zur Geltung, sobald ihre kleinen Blättchen in der Wärme austreiben und die Vase ganz alleine ausfüllen.
„Heimisches Superfood“
Die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) gehört zur Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae) und ist mit den Heidekräutern, den Eriken, verwandt. Die buschigen Zwergsträucher werden bis zu 50 cm groß und bis zu 30 Jahre alt. Heidelbeeren gedeihen auf sauren, nährstoffarmen Böden, wachsen in lichten Nadel- und Mischwäldern wie im Schwarzwald, in Torfmooren und auf Heideflächen und sind in Mittel- und Nordeuropa weit verbreitet. In manchen Regionen ist die Heidelbeere auch als Blaubeere, Bickbeere, Griffelbeere oder Schwarzbeere bekannt.
Ihre eiförmigen, zwei bis drei Zentimeter langen und am Rand leicht gezähnten Blätter zeigt die Heidelbeere in der Natur erst wieder im Frühling. Die glockenförmigen, grünlichen, fünf bis acht Millimeter großen Blüten wachsen meist zu zweit aus den Blattachseln. Sie hängen geschützt unter den Blättern und fallen kaum auf. Erst im Laufe der Zeit verfärben sie sich rosa bis weinrot und treten damit während der Blütezeit von Mitte April bis Mai besser in Erscheinung. Die reifen, dunkelblauen, kugeligen Beeren stechen dafür umso mehr ins Auge, zumal ja dann auch das große Ernten beginnen kann.
Die Haupterntezeit der Heidelbeeren fällt in den Hochsommer, meist ab Anfang Juli bis in den August. In meiner Kindheit ging dann jede Familie „in die Heidelbeeren“ und hielt ihre Sammelplätze streng geheim. Heidelbeeren für Kuchen, Marmeladen und für die Hausapotheke gehörten zum Wintervorrat. In den letzten Jahren ist das Sammeln von „wilden“ Heidelbeeren nicht mehr angesagt, gibt es sie doch in jedem Supermarkt relativ günstig zu kaufen.
Inhaltsstoffe und Wirkung der Heidelbeere
Die Kulturheidelbeeren stammen allerdings von der amerikanischen Heidelbeere (Vaccinium corymbosum) ab. Sie sind doppelt so groß wie unsere Waldheidelbeeren, zum einen im Strauchwachstum und zum anderen auch die einzelnen Beeren. Das ist natürlich für den Feldanbau sehr attraktiv. Diese Kulturheidelbeeren haben zwar eine blaue Schale, aber ihr Fruchtfleisch ist hell und sie verfärben nicht einmal mehr die Zähne, ganz zu schweigen von den blauen Händen nach dem Sammeln! Eigentlich ein enormer Vorteil?! Doch gerade dieser gesundheitsfördernde blaue Farbstoff im Fruchtfleisch und in der Schale der „Wilden Heidelbeere“, das Myrtillin, macht sie als heimische Superbeeren so beachtenswert.
So gesund!
Zu den weiteren Inhaltstoffen der wildwachsenden Heidelbeeren zählen Flavonoide, Gerbstoffe, Pektine, Fruchtsäuren, B Vitamine, Vitamin C und Mineralstoffe. Auf Grund dieses bemerkenswerten Pools an Inhaltstoffen wirken sich die Beeren stimulierend auf das Immunsystem aus und wehren Bakterien, Viren und Pilze ab. Die frischen Beeren wirken wegen ihrer Ballaststoffe abführend. Die Pektine quellen im Darm auf und regen die Darmtätigkeit an. Heidelbeeren zeigen auch eine positive Wirkung auf überreizte Augen, beispielsweise bei viel Bildschirmarbeit, und sind das Mittel der Wahl bei Nachtblindheit und Blendimpfindlichkeit. Auch eine vorbeugende Wirkung bei Herz-Kreislauferkrankungen wird ihnen zugeschrieben.
Am bekanntesten dürfte die Verwendung der Heidelbeere bei unspezifischen Durchfallerkrankungen mit Brechreiz sein. Hierbei kommen die getrockneten Beeren abgekocht zum Einsatz. Ihre Gerbstoffe dichten die Darmschleimhaut ab, trocknen den Darm aus und sind somit in ihrer Wirkung stopfend. Dazu kommt die brechreizlindernde Wirkung des Myrtillin. Gleichzeitig binden Pektine die durchfallauslösenden Bakterien und tragen zur Heilung bei.
Die Heidelbeere in Pflanzenmedizin und Küche
Zur Teezubereitung bei Durchfallerkrankungen werden drei Esslöffel getrocknete Beeren gemörsert, mit 250 Milliliter kaltem Wasser übergossen und in einem Kochtopf zum Kochen gebracht. Nach zehn Minuten Köcheln siebt man die Früchte ab und trinkt den Tee in kleinen Schlucken. Als Faustregel gilt: zwei bis drei Tassen über den Tag verteilt und jedes Mal frisch aufgebrüht. Dieser Tee kann in seiner brechreizlindernden Wirkung gut in der Kinderheilkunde, auch bei Säuglingen ab sechs Monaten, eingesetzt werden. Zusätzlich könnt ihr Heidelbeertee als Wundauflage, bei Verbrennungen, zum Gurgeln bei Entzündungen der Mundschleimhaut, bei Zahnextraktionen und zur Behandlung von Hämorrhoiden verwenden.
In unserer Kindheit mussten wir einen Zehn-Liter-Eimer mit den leckeren Beeren füllen, vorher brauchten wir uns nicht zu Hause sehen lassen. In der Hoffnung, dass niemand von uns damit hinfiel und die ganze Pracht auf dem Waldboden verstreut wurde, haben wir uns mit dem vollen Eimer vorsichtig auf den Heimweg gemacht. Einmal kamen tatsächlich Wanderer auf uns zu mit der freundlichen Anfrage, ob wir unsere Ernte nicht an sie verkaufen wollten. In meiner Erinnerung sind wir abrupt verneinend und ziemlich schnell heimgelaufen, hätte es doch bedeutet, morgen wieder in die Heidelbeeren geschickt zu werden, statt zur Belohnung den ganzen Tag ins Schwimmbad zu dürfen.
Tipps für Leckeres
Um die Kindheitserinnerungen zu komplettieren: Genial schmecken frisch gesammelte Heidelbeeren leicht gezuckert und mit kalter Milch übergossen! Dazu braucht’s nicht mal ein Rezept. Weitere kulinarische Höhepunkte sind Pfannkuchen mit Heidelbeeren gefüllt, Heidelbeereis, Heidelbeermarmelade und ganz klassisch Heidelbeerkuchen mit Schlagsahne oder Baiser wie auf dem Bild. Für Desserts und Kuchen im Winter lassen sich Heidelbeeren auch gut einfrieren. Dazu verteilt ihr sie auf einem Backblech, stellen dieses ins Gefrierfach und packt danach die gefrorenen Heidelbeeren in Dosen. So könnt ihr die gefrorenen Beeren prima portionsweise verwenden.
Wer die Beeren für die Hausapotheke trocknen will, sollte dies am besten bei einer konstanten Temperatur von zirka 40 Grad tun, zum Beispiel in einem Dörrapparat. Zur Schonung der Inhaltsstoffe sollte der Trockenprozess zügig vonstattengehen. Zudem besteht ohne Wärmequelle die Gefahr, dass die Beeren schimmeln. Doch im Moment ist es noch Vorfrühling und die sparrig verzweigten Heidelbeerzweige in der Vase, als Türschmuck oder in Blumensträußen steigern die Vorfreude auf die kommende Heidelbeer-Saison!
(Text: Monika Wurft, Fotos: Monika Wurft, pixabay)
Über Monika Wurft:
Seit vielen Jahren ist Monika Wurft als Kräuterpädagogin und Schwarzwald-Guide in der Natur unterwegs. Wildkräuter sind für sie zu wichtigen Wegbegleitern geworden. Durch die vielen Begegnungen bei ihren Kräuterführungen und Vorträgen, zusammen mit ihrer Begeisterung für die Pflanzenfotografie, kam sie auch zum Schreiben. Mit ihren Wildkräuterbüchern, den Fotos und den Kräuterveranstaltungen möchte sie ihre Begeisterung für die Wildpflanzen in unserer Natur weitergeben.
„Mein Wildkräuterbuch“
von Monika Wurft
2. Auflage,Verlag: Ulmer
ISBN: 978-3-8186-1123-1
16,90 €
6.3.2020