Die Familie Müller vom Ramsteinerhof in Fischerbach ist äußerst rührig. Nicht nur, dass Brigitte und Ulrich Müller Landwirtschaft mit Rinderhaltung und Forstwirtschaft mit Christbaumverkauf betreiben sowie auf ihrem Hof exklusive Ferienhäuser vermieten. Sie sind auch die Inhaber der Naturpark-Marktscheune in Berghaupten, die über 1000 Schwarzwälder Lebensmittelprodukte von mehr als 80 Landwirten aus der Region und ein gemütliches Bauerncafé bietet. Neben ihrem bio-zertifizierten Rindfleisch stellen sie ein weiteres wichtiges Produkt für die Naturpark-Marktscheune selbst her: frisches leckeres Holzofenbrot! Wir durften beim Brotbacken zuschauen.
Brotbacken ist Nachtarbeit
Es ist früh, sehr früh, als ich die schmale Straße im Fischerbachtal durch den nächtlichen Schwarzwald auf den Ramsteinerhof zurolle. Wie vereinbart komme ich um 4 Uhr 30 an. Brigitte Müller verlässt gerade das Bauernhaus, begrüßt mich freundlich und nimmt mich gleich mit in die neue Backstube. Die alte Backstube war in einem der drei idyllischen Ferienhäuser auf dem Hofgelände untergebracht. „Wir wollten die Backstube erweitern und auch aus dem Ferienhaus herausholen“, erklärt Brigitte Müller. „Wir möchten nicht, dass sich unsere Feriengäste gestört fühlen.“
Ein Bäckermeister auf dem Bauernhof
Das neue Backhaus ist jetzt in einem Anbau des Bauernhofs untergebracht. Weil sie nun mehr Brot backen als früher, haben die Müllers den Bäckermeister Bernd Waidele eingestellt. Der war heute schon viel früher auf, hat den Teig für rund 200 Holzofenbrote zubereitet und die Holzöfen angefeuert.
Normalerweise stehen Brigitte und Ulrich Müller jeden Morgen zusammen in der Backstube, doch heute hat der Chef des Hauses in seinem Wald zu tun – es ist November und Christbaumsaison. Morgen muss er rund 20 große Weihnachtsbäume in Baden-Baden aufstellen.
So entsteht das köstliche Holzofenbrot:
Der große Bottich mit dem Teig fährt langsam hoch und kippt den Inhalt in den großen flachen Trichter des Abwiegers. Da der Teig zäh ist, hilft die Chefin mit einem Schaber nach. Der Abwieger portioniert den Teig in quaderförmige Teiglinge, zunächst ein Kilo schwer.
Kombination aus Automation und Handarbeit
Ein Förderband transportiert die Teigquader in den „Kegelrundwirker“, der daraus Teigkugeln macht. Der Bäckermeister bestäubt diese mit Mehl, Brigitte Müller bringt mit jeder Hand einen Teigling in die perfekte Brotlaibform und schichtet sie in ein fahrbares Regal.
Das geht sehr fix, die große Routine der beiden macht sich bemerkbar. Der große tägliche Bedarf von bis zu 320 Broten – je nach saisonaler Schwankung – hat diese Maschinenunterstützung notwendig gemacht. Und schließlich müssen die Brote noch am Morgen früh genug fertig sein, um sie auszufahren, bevor die Marktscheune und die belieferten Hofläden öffnen.
Das Brot wird mit Restwärme gebacken
Zwischendurch schaut der Bäckermeister nach dem Holzfeuer und schürt es. Die Temperatur nähert sich jetzt 300 Grad. Das Brot wird nachher nicht etwa über der zwischenzeitlich entstandenen Holzkohle gebacken, denn die dient nur dazu, die Schamottöfen auf Betriebstemperatur zu bringen.
Inzwischen laufen nur noch halb so große Teigkugeln aus dem Kegelrundwirker, denn nun sind die Pfundbrote dran. Und schließlich beginnt Brigitte Müller, die Pfundteiglinge von Hand auseinanderzuschneiden, um daraus Wecken, zu Deutsch Brötchen, zu machen. „Für kleinere Größen sind die Maschinen noch nicht eingerichtet“, erklärt sie.
Temperaturregulierung mit einem Wischlappen
Nach rund einer Stunde sind die Brotregale voll. Bernd Waidele entsorgt die Holzkohle durch Schlitze in den Öfen in die darunterliegenden Aschekästen und wischt sie mit einem schweren, wassergetränkten Lappen aus. Er wirft eine Handvoll Mehl in den Ofen und prüft so, ob er die richtige Hitze hat. Solange das Mehl bräunlich wird, muss er nochmals mit dem Lappen wischen, um den Backofen noch etwas abzukühlen.
Jetzt laden die beiden die Laibe auf den „Einschießer“ – ein Band, mit dem die Brote zu Dutzenden auf einmal in die Öfen geschoben werden können (siehe Video). Die Backzeit dauert je nach Größe bis zu einer Stunde.
Standbein gewechselt
Nun ist etwas Zeit. Brigitte Müller lädt zum Frühstück ins Bauernhaus ein. „Unser Hof backt Brot seit rund 30 Jahren“, erzählt sie. „Damals wurde der Wochenmarkt in Haslach gegründet und es gab einen Aufruf an die Landwirte, ihre eigenen Produkte zu vermarkten.“
„Anfangs haben wir den Wochenmarkt beliefert, mein Schwiegervater war am Stand“, erinnert sich die Landwirtin. „Dann kamen Kunden, die sagten: Wenn ihr eh runterfahrt, könnt ihr mir Brot an die Tür hängen – und so entstand die Direktvermarktung. Am Ende haben wir rund 120 Haushalte beliefert.“
Das Angebot wandelt sich
Im Wandel der Zeit sind die Familien kleiner geworden, haben nicht mehr den Wochen- sondern nur noch den Tagesbedarf gekauft und nichts mehr eingefroren. So lohnte sich diese Art der Direktvermarktung nicht mehr. „Heute bringen wir das Brot hauptsächlich in unsere Naturpark-Marktscheune und zu einigen ausgesuchten Hofläden“, sagt Brigitte Müller.
Nun schaut auch Ulrich Müller kurz herein und erzählt, dass es durch die Erweiterung des Backhauses möglich geworden ist, nicht nur die rustikalen Bauernbrote, sondern auch Kleingebäck anzubieten. Das ist sein Part, wenn er in der Backstube ist. „Bei uns gibt es jetzt die unterschiedlichsten Brötchen wie Speck- und Kürbiskernweckle oder Laugengebäck“, ergänzt er.
Erfolgreiche Tausendsassas
Landwirte, Forstarbeiter, Bäcker, und all das unter dem Namen Müller – das Handwerk liegt der Familie im Blut. Zusätzlich sind sie Lebensmittelhändler für regionale, nachhaltige und gesunde Produkte. Und nicht zuletzt Gastgeber für Urlauber. Ihr Beispiel zeigt, wie sich moderne Landwirte mit mehreren Standbeinen erfolgreich behaupten.
Die Stunde ist um und ich werde Zeuge, wie in der Backstube Bernd Waidele mit einer großen Bäckerschaufel das frische, köstlich duftende Holzofenbrot aus den Öfen holt und in die Regale schichtet. Brigitte Müller verstaut die Brote in Körben, lädt sie in ihren Transporter und macht sich auf den Weg zu ihren Kunden und zur Marktscheune. Zum Abschied drückt sie mir ein noch warmes Holzofenbrot in die Hand.
Ich kann nur sagen: Ich kann mich an kein besseres Brot erinnern.
(Fotos: Ramsteinerhof, Stefan Dangel, Video: Stefan Dangel, GEMA-freie Musik: Free Music Archive [Monplaisir – This Is Not A Rock Song])
Ramsteinerhof
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Marktscheune Berghaupten
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Auf dem Grün 1, 77791 Berghaupten
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