Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord nimmt am EU-Projekt VALOR teil. Die Europäische Union will die nachhaltige Landwirtschaft fördern und stärken. Dazu tauschen sich neun Naturparke, Nationalparks, Universitäten und andere Institutionen aus, um das Zusammenspiel von Naturschutz, Landwirtschaft und Erhaltung der Artenvielfalt einerseits und die Verknüpfung von wirtschaftlichen Interessen der Landwirtschaft sowie den touristischen Nutzen andererseits untersuchen. Außerdem geht es darum, Bildungsprogramme zur Weiterentwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft zu erarbeiten.

Best-practice-Beispiele, die nachhaltige Landwirtschaft direkt oder indirekt betreffen
Erst kürzlich (4. bis 6. Oktober 2021) hat der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord ein Austauschtreffen angeboten, um den Wissenstransfer zwischen den Projektpartnern von Valor zu intensivieren. Bei diesen „Study visits“ zeigten wir in der Online-Konferenz Best-Practice-Projekte aus unserem Naturpark zum Weinbau, Landwirtschaft, Naturpark-Märkten und -Wirten sowie Umweltpädagogik, die wir in sechs Videos zusammengefasst haben. Ihr findet sie HIER.
Naturpark-Wirte kochen Gerichte aus regionalen Zutaten
Ein Beispiel dafür sind die Naturpark-Wirte, die in ihren Restaurants mindestens sechs Gerichte und ein Menü aus regionalen Zutaten anbieten. „Indem wir einen Teil unserer Produkte von regionalen Erzeugern beziehen und damit ihre Arbeit unterstützen, tragen wir dazu bei, dass die Landwirte die Schwarzwälder Kulturlandschaft offenhalten“, betont im Video Jürgen Lauble, stellvertretender Vorsitzender des Vereins der Naturpark-Wirte und Inhaber vom „Landhaus Lauble“ in Hornberg-Forenbühl.
Enge Partnerschaft mit dem Baden-Badener Weinhaus am Mauerberg
Das Baden-Badener Weinhaus am Mauerberg hat rund 80 Weine aus zwölf Rebsorten im Sortiment, beispielsweise Spätburgunder, Riesling oder Pinot Noir. Die enge Zusammenarbeit mit den Winzern ist elementar für den Weinbau. Ein spezieller Qualitätsmanagement-Beauftragter ist das Bindeglied zwischen Keller und Weinberg. Er ist Ansprechpartner für Fragen und Anregungen der Weinbauern und unterstützt sie fachlich. So arbeiten die Winzer verantwortungsvoll nach den Werten des Weinhauses im Weinberg. Weintourismus ist ein weiteres wichtiges Standbein für die Region, da der Tourismus insgesamt in Deutschland zunimmt. Das Weinhaus ist seit zehn Jahren Förderer des Naturparks und versorgt ihn mit eigenem „Naturpark-Wein“ mit individueller Etikettierung für die Naturpark-Märkte, Genuss-Messen und den Online-Shop.
Naturpark-Märkte: Hochwertige Produkte ausschließlich aus dem Schwarzwald
Der Naturpark steht nicht nur für die Erhaltung der Kulturlandschaft im Schwarzwald oder das Aktiv-Erlebnis für Wanderer und Radfahrer, sondern auch für das kulinarische Erlebnis für Genießer. Die regionalen Produkte können Einheimische und Gäste auf den Naturpark-Märkten einkaufen und zu Hause zubereiten oder beim Naturpark-Wirt genießen. Die rund 20 Naturpark-Märkte jährlich in wechselnden Städten und Gemeinden garantieren, dass die Produkte ausschließlich aus den beiden Schwarzwälder Naturparken kommen und von den Marktbeschickern selbst erzeugt sind. Die Naturpark-Märkte sind ein Schaufenster für regionale Produkte und zeigen die komplette Vielfalt der Leckereien.
Der Naturpark unterstützt mit vielfältigen Projekten die Landwirtschaft
Während der Study visits stellte der Naturpark beispielhaft den Bioland-Bauernhauf Reiser vor, der auf rund 90 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche seinen Betrieb auf mehrere Standbeine gestellt hat. Dazu gehören der Anbau von Getreide und Gemüse, die Haltung von Limousin-Rindern, Pferden, Schweinen, eine Hühnerfarm. Landwirt Horst Reiser betreibt eine flexible Fruchtfolge. 70 Prozent der Fläche sind Grünland. Das Ackerland wird bewirtschaftet mit Kartoffeln, Getreide, Linsen und Ackerfutter. Auf dem gesamten Gelände stehen rund 1.000 Streuobstbäume. Seit 15 Jahren ist der Biolandhof Reiser Demonstrationsbetrieb für ökologischen Landbau. Einen Großteil der Erzeugnisse vertreibt der Hof im eigenen Naturkostladen, in dem auch viele Produkte von benachbarten landwirtschaftlichen Kollegen aus der Nachbarschaft zu haben sind. Zudem vermietet Reiser Ferienwohnungen, bietet viele Veranstaltungen an vom Kindergeburtstag über Seminare bis zu Lama-Wanderungen. Reiser arbeitet fast seit der Gründung des Naturparks mit uns zusammen und nimmt beispielsweise seit Anbeginn am Naturpark-Brunch auf dem Bauernhof teil und beschickt die Naturpark-Märkte.
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Horst Reiser mit einem seiner Limousin-Rinder -
Elke Reiser (rechts) und Kolleginnen im Biomarkt. -
Die Lamas nutzen die Wiesen gemeinsam mit den Hühnern. Es soll vorkommen, dass die Vögel die Lamas von Parasiten befreien… -
Die Limousin-Rinder kommen aus der gleichnamigen Region in Frankreich und sind für ihre gute Fleischqualität bekannt. -
Horst Reiser beim Naturpark-Brunch auf seinem Bauernhof.
Herzenssache Natur: Landschaftspflege für Artenvielfalt – auch vor der Haustür der Naturpark-Geschäftsstelle
An seinem „Hausberg“ gegenüber seiner Geschäftsstelle, dem Engelsberg in Bühlertal, demonstriert der Naturpark bei den Study visits das Projekt „Herzenssache Natur„. Bei den unterschiedlichen Aktionen mit freiwilligen ehrenamtlichen Helfern geht es um die Offenhaltung der Kulturlandschaft und den Schutz von gefährdeten Pflanzen und Tieren. Die Helferinnen und Helfer befreien das jeweilige Gelände von Pflanzen, die die natürliche Struktur überwuchern und den Lebensraum heimischer Flora und Fauna einschränken, zum Beispiel eingeschleppten Neophyten wie das Indische Springkraut. Am Engelsberg werden einmal jährlich die historischen Trockenmauern von Brombeer- und Efeuranken befreit, die sonst ihre Stabilität gefährden würden. Außerdem und vor allem wird aber der Lebensraum von Eidechsen, Schlingnattern, Gottesanbeterinnen oder kleinblättrigen Farnarten erhalten.
Darüber hinaus pflegt der Förderverein Engelsberg e. V. den eigentlichen Weinberg am Engelsberg, eine der steilsten Weinlagen in Europa. Hier werden in Handarbeit Einzelstockreben kultiviert und so die traditionelle Anbauweise fortgesetzt. Der Verein pflegt die Magerwiesen am Weinberg und hält das Gebüsch niedrig. Er setzt keine Herbizide ein, das Gras zwischen den Reben darf sich zur Blumenwiese für Wildbienen und andere Insekten entwickeln.
Naturpädagogik: Muh die Kuh vermittelt Kindergartenkindern den Wert heimischer Lebensmittel
Regionale Produkte, von Kindern neu entdeckt – so lautet der Titel des Umweltbildungsangebots „Muh die Kuh„, bei dem Kindergartenkinder die Bauernhöfe in ihrer Umgebung besuchen können. Die Kinder lernen in aktiven Mitmachprogrammen das Leben auf dem Bauernhof und speziell die Herstellung regionaler Lebensmittel kennen – „moderiert“ von der Handpuppe „Muh die Kuh“. Sie dürfen beim Melken helfen, Eier im Hühnerstall einsammeln, die Tiere füttern, Brot backen oder Streuobst aufsammeln und bei der Saftherstellung mitwirken. Ein großes Netz aus teilnehmenden Bauernhöfen hat sich etabliert. Der Naturpark fördert die Höfe mit einem Beitrag für ihren Zeit- und Materialaufwand, die sie für die Mitmachprogramme aufbringen. Es kommen immer wieder Anfragen von Bauernhöfen, die an dem Projekt teilnehmen wollen
Was genau ist VALOR?
VALOR steht für „Valorisation of ancient farming techniques in resilient and sustainable agriculture“. Das bedeutet so viel wie die Bewahrung traditioneller Werte und Anbautechniken zur Weiterentwicklung einer nachhaltigen
Landwirtschaft. Unser Ziel ist es, das kulturelle Erbe in unseren Regionen zu erhalten, zu pflegen und weiterzuentwickeln. Damit möchten wir regionale Wertschöpfungsketten aufbauen und stärken sowie die regionale Identität mit der Heimat fördern – und das alles, um die traditionellen Kulturlandschaften Europas zu erhalten.
Das Projekt, das von der Europäischen Union im Rahmen des Programms Erasmus+ finanziert wird, ist auf drei Jahre angelegt. Es will die Umsetzung eines Bildungsprogramms für Landwirte und Berater fördern, um so die Qualität und die alten Traditionen sowie die landwirtschaftliche Produktion als Kernaktivität zu sichern, die zu Resilienz und Nachhaltigkeit führt.
Hauptantragsteller für das Projekt VALOR ist der italienische Nationalpark Gran Sasso. Das sind alle Partner:
- Parco Nationale del Gran Sasso e Monti della Laga (Gran-Sassa/-Laga-Nationalpark), Italien
- Foreas Diaxeirisis Ethnikou Drumou (Agentur für die Verwaltung des Olympus-Nationalparks), Griechenland
- Panepistimio Thessalias (Universität Thessalien), Griechenland
- Universitatea Stefan cel Mare din Suceava (Universität Stefan cel Mare), Rumänien
- Makro Yonetim Gelistirmedanismanlik (Makro Management Development Beratungsgesellschaft), Türkei
- Consori Centre de Ciencia i Tecnologia Forestal de Catalunya (Zentrum für Forstwissenschaft und -technologie von Katalonien), Spanien
- Synthesis (Synthesis Zentrum für Forschung und Bildung GmbH), Zypern
- Integra (Integra Filder e. V.), Deutschland
- Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, Deutschland

(Video: Zeitwerk GmbH, Fotos: Stefan Dangel, Jochen Denker – beide Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord)
14.10.2021