Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord hat im Rahmen der Dezentralen Pressekonferenz der AG Naturparke Baden-Württemberg am Dienstag (23. Mai) in Bad Herrenalb einen Ausschnitt seiner Artenschutz- und Bildungsprojekte präsentiert. Diese stehen beispielhaft für die Naturpark-Förderung. Der Vorsitzende des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, Prof. Dr. Christian Dusch, erläuterte zudem den aktuellen Stand zur Naturpark-Förderung. Die Dezentrale Pressekonferenz der AG Naturparke BW findet einmal im Jahr zeitgleich in allen sieben Naturparken in Baden-Württemberg statt.
Aktueller Stand zur Naturpark-Förderung
Die Bildungsprojekte sowie die Artenschutz-Projekte Blühender Naturpark und Blühende Gemeinde stehen beispielhaft für die Naturpark-Förderung. Diese hat in den vergangenen Jahren einen wichtigen Beitrag zur Attraktivität der ländlichen Räume in Baden-Württemberg geleistet. Jährlich setzen die sieben baden-württembergischen Naturparke in über 180 Projekten ein Mittelvolumen von über drei Millionen Euro um. Im Durchschnitt verfügte der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord jährlich über rund 160.000 Euro in der nationalen und über rund 620.000 Euro in der EU-cofinanzierten Förderung.
Mit Sorge blicken die sieben Naturparke in Baden-Württemberg derzeit jedoch auf die schwierige Lage bei der Naturpark-Förderung. Die Naturparke können im laufenden Jahr aufgrund fehlender Richtlinien im EU-Bereich auf ein Fördermittelvolumen von voraussichtlich zirka 2,25 Millionen Euro nicht zugreifen. Trotz der zur Verfügung stehenden EU-Mittel zeichnen sich auch in den Folgejahren 2024 und 2025 aufgrund fehlender Personalressourcen bei der Bewilligungsstelle zwei weitere „Rumpfjahre“ in der Naturpark-Förderung ab.
Sollten die Probleme nicht behoben werden, droht das Ende von wirkungsvollen Projekten und Initiativen für den ländlichen Raum wie etwa den Naturpark-Kindergärten, Naturpark-Schulen oder den etablierten Naturpark-Märkten.
Die Naturpark-Schulen – Bildung für nachhaltige Entwicklung
„Bildung für nachhaltige Entwicklung ist in den vergangenen Jahren ein zentrales Thema in den Naturparken geworden“, berichtet Karl-Heinz Dunker, Geschäftsführer des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord bei der Dezentralen Pressekonferenz der AG Naturparke Baden-Württemberg auf dem Gelände des Golfclubs Bad Herrenalb-Bernbach. „Mit unseren zahlreichen Bildungsprojekten arbeiten wir dem Trend entgegen, dass sich Kinder von der Natur und Kultur ihrer Heimat entfernen.“ Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord bietet deshalb: die Naturpark-Kindergärten und Naturpark-Schulen, Klima-Kochtheater und Klima-Kochtopf, das Online-Angebot der Naturpark-Detektive, die Naturpark-Entdeckerwesten und das Bauernhof-Projekt für Kindergärten „Muh, die Kuh“.
„Die Naturpark-Schulen sind ein Erfolg“, sagt Dunker. „Mit ihnen schaffen wir ein Bewusstsein für unsere Natur und Kultur.“ Aktuell gibt es 20 Naturpark-Schulen im nördlichen und mittleren Schwarzwald. In diesem Jahr kommen fünf weitere hinzu. In Form „moderner Heimatkunde“ werden die Schüler/innen für die Besonderheiten ihrer lokalen und regionalen Umgebung sensibilisiert und die Themen Natur und Kultur in der Schule nachhaltig verankert. Fachleute aus der Region wie etwa aus dem Bereich Forst, Landwirtschaft, Imkerei oder Kräuterpädagogik bringen ihre Erfahrungen und ihr Wissen in den Unterricht ein und arbeiten eng mit den Lehrkräften zusammen.
„Ich freue mich deshalb ganz besonders, dass heute Schülerinnen und Schüler der Falkensteinschule Bad Herrenalb dabei sind. Ihr seid gerade auf dem Weg zur Naturpark-Schule und macht viele tolle Naturpark-Projekte“, sagt Dunker an die Kinder der ersten Klasse gerichtet. „Ihr dürft jetzt die Blühwiese mit ihren Pflanzen und Insekten entdecken.“
Bad Herrenalb ist „Blühende Gemeinde“
Denn die Stadt Bad Herrenalb engagiert sich bereits seit 2017 mit gleich mehreren Flächen im Kurpark, auf der Schweizerwiese, an den Stadteingängen und an weiteren Orten an dem Artenschutz-Projekt „Blühender Naturpark“. Erst im April wurde wieder eine 200 Quadratmeter große Blühfläche auf der Golfanlage im Bernbachtal eingesät. Unterstützt wird sie dabei von vielen ehrenamtlichen Helfer/innen. Der Auftakt zum Projekt „Blühende Gemeinde“ fand in Bad Herrenalb Anfang des Jahres statt.
„Bad Herrenalb und der Naturpark arbeiten schon seit vielen Jahren zusammen und setzen schöne Projekte um, wie etwa den Rundwanderweg mit Panoramaausblick, den ‚Naturpark-AugenBlick‘“, berichtet der Bürgermeister der Stadt Bad Herrenalb, Klaus Hoffmann. „Mit dem Naturpark-Projekt ‚Blühende Gemeinde‘ bieten wir nun auch ein Bürgerprojekt mit viel Raum zur Partizipation.“
Blühender Naturpark und Blühende Gemeinde – das steckt dahinter
Der „Blühende Naturpark“ ist seit 2016 ein zentrales Projekt, um dem Insektensterben zu begegnen und die Biodiversität zu fördern. Gleichzeitig soll das Projekt ein größeres Verständnis für die Bedeutung der Blüten besuchenden Insekten schaffen, die maßgeblich an der Produktion regionaler Produkte (z. B. Honig, Streuobst) beteiligt sind. Mit über 130 Projektteilnehmenden säte der Naturpark seit 2016 mehr als 500 Flächen mit standortangepassten, regionalen und mehrjährigen Wildblumensamen ein. Im Rahmen des Projekts werden geeignete Flächen mit standortangepassten, regionalen und mehrjährigen Wildblumensamen eingesät und/oder es wird die Pflege der Wiese umgestellt. Um das Thema Kindern näherzubringen, hat der Naturpark Blüh-, Insekten- und Bodenfibeln konzipiert.
Organisieren die Bürgerinnen und Bürger zunehmend eigenständig Projekte zum Thema Biodiversität, kann die Kommune „Blühende Gemeinde“ werden. So können vor Ort die bisherigen Flächen noch besser vernetzt und Strukturen geschaffen werden, um weiteren Lebensraum für Flora und Fauna zu schaffen. Der Naturpark unterstützt bei der Gruppeninitiierung sowie mit fachlichem Wissen (Beratung, Seminare, Workshops).
Positionierung der Naturparke in Baden-Württemberg
„Drei ‚Rumpfjahre‘ in der Naturpark-Förderung sind für die Mitglieder der Naturparkvereine nicht akzeptabel“, sagt der Vorsitzende des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, Prof. Dr. Christian Dusch, auf der Dezentralen Pressekonferenz der AG Naturparke Baden-Württemberg in Bad Herrenalb. „Gemeinsam haben wir deshalb Forderungen erarbeitet. Für diese sprachen sich auch die Mitglieder des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord auf der Mitgliederversammlung im April einstimmig aus“, berichtet Dusch. Die AG der Naturparke Baden-Württemberg bittet das Land, die bereitgestellten Fördermittel von Land und EU zeitnah und unbürokratisch zur Verfügung zu stellen.
Die Sprecherin der AG Naturparke Baden-Württemberg, Landrätin Marion Dammann, beschreibt die aktuelle Situation folgendermaßen: „Das Land Baden-Württemberg hat die Risiken erkannt und erste Schritte eingeleitet, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Dankenswerterweise wurden mit einem Notprogramm die allerdringlichsten Vorhaben der Naturparke finanziell unterstützt. Ebenso wurden die Personalengpässe übergangsweise aufgestockt. Dennoch bleiben gravierende strukturelle und organisatorische Defizite, die eine verlässliche und wirkungsvolle Naturparkarbeit in Zukunft gefährden. Es muss das Ziel sein, die zur Verfügung stehenden Fördermittel so schnell wie möglich auf die Fläche zu bringen. Daher benötigt es dringend die dauerhafte personelle Stärkung des Regierungspräsidiums Freiburg als zentrale Bewilligungsbehörde sowie eine Vereinfachung aufwendiger Förderverfahren.“
Hintergrund: Deshalb ist die Naturpark-Förderung wichtig
Ein bedeutendes Angebot des Naturparks ist die Möglichkeit, Projekte in den Bereichen nachhaltiger und naturverträglicher Tourismus, Öffentlichkeitsarbeit und Erhalt des Natur- und Kulturerbes im ländlichen Raum finanziell fördern zu lassen. Auch die Vermarktung regionaler Produkte ist förderfähig. Je nach Projekt werden bis zu 70 Prozent der Kosten bezuschusst. Die Fördermittel stammen aus der Lotterie „Glücksspirale“, von der Europäischen Union und vom Land Baden-Württemberg. Ein Projekt beantragen kann grundsätzlich jeder im Naturpark – ganz gleich ob Kommune, Verein oder Privatperson. Die geplante Maßnahme muss jedoch innerhalb des Naturparks liegen und den Förderrichtlinien entsprechen.
(Text & Fotos: Gundi Woll/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord)
23.5.2023