Noch bis zum 31. August 2020 laufen die kulinarischen Aktionswochen „Naturpark-Traditionsgerichte“ bei unseren Naturpark-Wirten. Gönnt euch ein gutes Essen nach traditionellen, oft schon vergessenen Rezepten aus der Region. Unser Partner, die Mineralbrunnen Teinach GmbH, unterstützt die gesamte Aktion: Zu jedem Naturpark-Traditionsgericht bekommt ihr ein Mineralwasser in der Gourmet-Flasche gratis dazu. Heute präsentiert euch Naturpark-Wirt Walter Rentschler vom Landgasthof Löwen in Wildberg gleich drei leckere Rezepte zum Nachkochen für ein traditionelles Drei-Gänge–Menü: Brotsuppe, Kalbszunge und Kartäuser Klöße.
Ein Drei-Gänge-Menü für besondere Anlässe
Oft stammen schwäbische Gerichte aus der „Arme-Leute-Küche“, denn in früheren Zeiten war das Leben im Schwarzwald oder auch auf der Schwäbischen Alb ziemlich hart. Doch moderne Gastronomen wie Walter Rentschler vom Landgasthaus Löwen in Wildberg verstehen es, solche traditionellen Gerichte erheblich aufzuwerten und einen besonderen Genuss daraus zu zaubern. So wird aus einfachen Speisen ein Sonntags- oder gar Festtagsmenü.
Vorspeise: Schwäbische Brotsuppe aus dem Kümmel-Weckle
Ein leckeres und in seiner Einfachheit mehr als überzeugendes Gericht ist die schwäbische Brotsuppe, vielerorts auch „Schmelzsuppe“ genannt. Wenn man die Zutaten betrachtet, wird eines direkt deutlich: Man hat in der Vergangenheit, sicherlich auch durch Hungersnöte und Kriege, versucht, alles zu verarbeiten und zuzubereiten. So eben auch das zwei Tage alte Brot. Wir haben uns in unserer Variante allerdings herausgenommen, das Brot von den Vortagen durch ein selbst gebackenes Kümmel-Weckle zu ersetzen. Das soll das Gericht zum einen aufwerten, zum anderen aber vor allem wieder „salonfähig“ machen und eine Art verspätete „Imageaufwertung“ des ehemaligen „Arme-Leute-Essens“ verleihen.
Rezept für 4 Personen
Für die Kümmelweckle
- 400 g Weizenmehl
- 7 g Salz
- ½ Würfel Hefe
- 200 g Butter
- 4 Eier
Die Butter auf Zimmertemperatur anwärmen und mit den restlichen Zutaten einen „All-In“-Teig kneten. Den Teig an einem warmen Ort zirka 30 bis 40 Minuten gehen lassen, bis er leichte Risse zieht. Vier kleine, etwa 80 bis 100 Gramm schwere Weckle formen und diese nochmals rund zehn Minuten gehen lassen. Anschließend die Weckle bei 220 Grad Ober- und Unterhitze anbacken, bei 190 Grad fertig backen. Die Weckle dabei lieber etwas trockener als zu saftig backen, da wir sie später mit der Suppe ausgießen und sie sich dann nochmals mit Flüssigkeit vollsaugen werden. Die Brioche-Weckle aushöhlen und sowohl die ausgehöhlte Masse als auch die Weckle selbst entweder im Backofen nachrösten oder über zwei Tage in einem trockenen Raum nachtrocknen lassen.
Für die Suppe
- 1 kleine Zwiebel
- 25 g Schwarzwälder Rauchspeck
- 40 g Schweineschmalz
- die ausgehöhlte Wecklemasse
- Kümmel, Salz, Muskat
- 1,5 l Fleisch- oder Gemüsebrühe
- 1 Ei
- 30-50 g Leberkäse
Die Zwiebeln und den Räucherspeck fein würfeln und in dem Schweineschmalz hell angehen lassen. Nun die ausgehöhlte Kümmel-Weckle-Masse hinzugeben und mit der Brühe auffüllen und unter regelmäßigem Rühren solange kochen, bis eine homogene Masse entsteht. Anschließend mit den Gewürzen abschmecken und zum Schluss noch ein aufgeschlagenes Ei unter die leicht siedende Masse ziehen. Zur finalen Veredlung wird zum Schluss noch etwas fein geschnittener Fleischkäse
unter die Masse gegeben.
Anrichten der Brotsuppe
Das ausgehöhlte Weckle auf der Mitte eines Tellers platzieren, die Suppe in die Öffnung eingießen. Mit frischen Kräutern garnieren und genießen.
Hauptgericht: Kalbszunge mit Weinbrandschaum auf Perlgraupen Risotto und sauer eingelegtem Gemüse
Kaum verständlich aus unserer Sicht, aber faktisch belegt ist, dass die Kalbszunge fast verschwunden ist von den Speisenkarten in unserer Gegend. Kaum verständlich, weil es eine wahre Delikatesse ist und vor allem früher hauptsächlich der reicheren Schicht vorbehalten war. Man zählt sie zwar offiziell zu den Innereien, anatomisch korrekt gehört sie dort aber nicht unbedingt hin, sondern eher zum Muskelfleisch. Ob gepökelt oder naturbelassen, ob gekocht oder geschmort – die Kalbszunge sollte ihre redlich verdiente Renaissance auf den Speisekarten dieser Gegend erleben. Nehmt daran daran teil!
Rezept für 4 Personen
Für die Kalbszunge
- 2 Kalbszungen
- ½ Zwiebel
- 3 Lorbeerblätter
- 3 Nelken
- 150 ml Weinbrandessig
- 2 l Wasser
Die Kalbszunge in klarem Wasser waschen, dann in einen Topf geben und die restlichen Zutaten hineingeben. Alles zusammen zum Kochen bringen und auf mittlerer Stufe zirka 3 ½ Stunden leicht sieden lassen. Am besten nach drei Stunden stichprobenartig mit einem spitzen Messer oder einer Fleischgabel in die Zunge stechen, um den Gargrad zu kontrollieren. Sobald man leicht hineinstechen kann, ist die Zunge zart und man kann sie herausnehmen. Den Fond aufbewahren, um das Fleisch darin wieder zu erwärmen.
Für den Weinbrandschaum
- 40 g Zwiebel
- 125 ml Weißwein
- 4cl Weinbrand
- 125 ml Fond von der Kalbszunge oder Gemüsefond
- 150g kalte Butter
- 1 EL Sahne
- Salz, Zucker, Pfeffer, Weinbrandessig
Die Zwiebeln mit dem Weißwein, Weinbrand und dem gewählten Fond aufkochen und auf etwa 4 Esslöffel reduzieren lassen. Die Weinreduktion durch ein feines Sieb passieren. Jetzt die kalte Butter, Sahne, Salz und Pfeffer hinzugeben und mit einem Stabmixer aufschäumen. Die Soße darf jetzt nicht mehr aufkochen! Sobald die Soße fertig gestellt ist, sollte der Hauptgang angerichtet werden.
Für das Perlgraupen-Risotto
- 250 g Perlgraupen
- 1 l Gemüsebrühe
- 100 ml Schwäbischer Landwein ,,Weiß“
- 1 Zwiebel
- 1 Bund Gartenkräuter gehackt (Petersilie, Schnittlauch)
- 3 EL Pflanzenöl
- Salz, Pfeffer nach Geschmack
Die Zwiebel in feine Würfel schneiden, anschließend in einem großflächigen Topf das Öl erhitzen. Sobald das Öl etwas Temperatur bekommen hat, zuerst die Zwiebelwürfel gleichmäßig glasig dünsten und danach die Perlgraupen kurz mitschwitzen lassen. Mit dem Weißwein ablöschen. Sobald der Wein um etwas mehr als die Hälfte reduziert
ist, mit dem Gemüsefond aufgießen. Unter regelmäßigem Rühren das Risotto geschmeidig, bissfest kochen. Zum Schluss mit Salz, Pfeffer und den Gartenkräutern final abschmecken.
Für das saure Gemüse
- 2 Einweckgläser à 500 ml Inhalt
- 1 Kohlrabi
- 2 Schalotten
- 8 Radieschen
- 250 ml Weißweinessig
- 2 EL Salz
- 2 TL Waldhonig
- 500 ml Wasser
- 1 ½ TL Senfsaat
- 1 TL Pfefferkörner
Das Gemüse putzen und schälen, dann in etwa gleichgroße Spalten schneiden (ca. 5cm x 3cm). Alles in einer Schüssel mischen und gleichmäßig auf in die Weckgläser verteilen. Die restlichen Zutaten zusammen in einen Topf geben, aufkochen und direkt in die vorbereiteten Gläser füllen. Den Deckel schließen und mit dem Deckel nach unten abkühlen lassen. Das Gemüse mindesten 24 Stunden vor dem Verwenden einlegen.
Anrichten des Hauptganges
Am besten eignet sich für dieses Gericht ein tieferer Hauptgang-Teller. Zuerst das Perlgraupen-Risotto in der Mitte des Tellers platzieren, die Kalbszunge, in feine Tranchen geschnitten, auf den Perlgraupe drapieren. Das saure Gemüse auf dem Teller zu gleichen Teilen rund um das Risotto herum verteilen. Zum Schluss einen Löffel Weinbrandschaum angießen und mit frischen Kräutern garnieren. Experimentierfreudige Köche können das Gericht mit Himbeeren verfeinern, um dem Ganzen eine fruchtigere Säure zu verleihen.
Nachtisch: Kartäuser Klöße mit Weinschaumsoße und Lavendeleis
Ähnlich wie bei der Brotsuppe haben auch die Kartäuser Klöße augenscheinlich einen gewissen „schwäbischen“ Sinn für das Verwerten aller vorhandenen Zutaten. Der Unterschied in der Entstehung und Zubereitung ist allerdings schon erheblich. Die Kartäuser Klöße sind zum einen eben eine Süßspeise und werden gebacken. Zum anderen stammen
sie nicht wirklich aus der „Arme-Leute-Küche“, sondern aus dem Kartausen Kloster in Marienau. Die Mönche dort haben abgeschieden und für sich alleine gelebt. Zum Essen gab es überwiegend nur helle Weckle und Milch. Einer dieser Mönche hat diese Zutaten dann für sich selber nach und nach so ausgebaut, bis er irgendwann die Kartäuser Klöße kreierte, die anschließend über Umwege ihren Platz in der adligen Küche fanden. Ähnlich und nur in der Form etwas verschieden sind die „Armer-Ritter“-Speisen.
Rezept für 4 Personen
Kartäuser Klöße
- 4 alte Milchweckle oder z. B. 200g trockener Hefezopf
- 4 Eier
- Vanillezucker, Salz, Zimt
- 500 ml Milch
- Semmelbrösel
Die Rinde der Weckle bzw. des Zopfes wird abgerieben und das Innere in die Milch-Vanillezucker-Eier-Mischung eingelegt, bis es gut vollgesogen ist. Nun aus der voll gesogenen Masse eierförmige Klöße formen und diese mithilfe von etwas Semmelbröseln in einem Fettbad oder einer Fritteuse ausbacken. Anschließend in Zimtzucker wälzen und gut warm servieren.
Weinschaumsoße
- 4 Eigelb
- 100 g Zucker
- 250 ml Weißwein
Alle Zutaten zusammen in einer Schüssel über einem kurz vor dem Siedepunkt stehenden Topf (Wasserbad) aufschlagen. Wichtig ist, dass das Wasser nicht kocht. Ansonsten läuft man Gefahr, dass die Eigelbmasse in der Schüssel gerinnt und dadurch „Rührei“-Flocken in der Weinschaumsoße entstehen. Die Masse sorgfältig nach und nach auf eine Temperatur von etwa 72 Grad aufschlagen, da das Eigelb bei dieser Temperatur perfekt abbindet und eine herrlich sämige Weinschaumsoße entsteht.
Lavendeleis
- 150 ml Milch
- 150 ml Sahne
- 65 g Zucker
- Lavendelblüten
- 3 Eigelb
- ½ Vanilleschote
Die Milch mit der Sahne und dem Zucker aufkochen, ein kleine Hand Lavendelblüten in die heiße Masse geben (etwa 6 Zweige). Das ganze ca. zehn Minuten ziehen lassen, bis die Milchmischung angenehm nach Lavendel schmeckt. Das Milch-Sahne-Gemisch passieren, nochmals aufkochen und ausschalten. Die Eigelbe in einer Schüssel kurz miteinander verquirlen und etwas heiße Milch hinzugeben. Die angeglichene Eiermasse und ständigem Rühren in die heiße Milch geben und zur Rose abziehen. Die Eismasse über dem Eisbad möglichst schnell kalt rühren und mit Hilfe einer Eismaschine fertigstellen.
Anrichten der Kartäuser Klöße
Die Klöße auf einen Teller setzen, eine Eisnocke auf etwas Brösel/ Zimt-Zucker geben und mit der Weinschaumsoße angießen. Zum Schluss den Teller mit Lavendelblüten garnieren und genießen.
Tipp: Eismaschinen gibt es bereits für kleines Geld für den Haushaltsbedarf zu kaufen. Es gibt nur wenig, bei dem man so vielseitig und kreativ werden kann wie bei Eis und Sorbets! Ausprobieren lohnt sich – Früchte, Kräuter oder auch Gemüse (aus dem eigenen Garten) werden sich vor der Eismaschine in Acht nehmen müssen…
Guten Appetit beim selbstgekochten Drei-Gänge-Menü!
(Fotos: Landgasthof Löwen)
17.8.2020