Ständig sieht man Maulwurfshügel – doch so gut wie nie einen Maulwurf! Kein Wunder, denn er lebt unter der Erde. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat ihn zum Tier des Jahres 2020 erkoren, obwohl er – und das ist eine gute Nachricht – nicht gefährdet ist. Dennoch ist er streng geschützt. Zum Tier des Jahres wurde er wegen seiner besonderen ökologischen Funktion.
Manche Gärtner mögen ihn nicht und stellen ihm nach – dabei ist der Maulwurf viel mehr ein Nützling als ein Schädling. Denn er beseitigt die echten Gartenschädlinge, nämlich Insekten, Larven oder Schnecken. Allerdings auch die nützlichen Regenwürmer, aber dafür übernimmt er ihren Job: Mit seiner Grabtätigkeit lockert er den Boden auf und durchlüftet ihn. Die Erde, die er aufwühlt und nach oben schafft, ist unkraut- und wurzelfrei und ein nährstoffreicher Boden. Darauf wachsen Pflanzen besonders gut. Er duldet keine anderen Tiere in seinen Gängen, deshalb verjagt der Maulwurf Wühlmäuse, die, im Unterschied zu ihm, die Wurzeln von Zierpflanzen und Blumenzwiebeln an- oder auffressen. Einen Schaden richtet der Maulwurf also nicht an, im Gegenteil. Seine Hügel sind lediglich eine ästhetische Frage. Sie sind höher und spitzer als die eher flachen Erdaushübe der Wühlmaus. Das Grabloch sitzt oben, bei der Wühlmaus an der Seite.
Empfindliche Sinnesorgane
Der Europäische Maulwurf (Talpa europaea) ist die einzige in Europa vorkommende Maulwurfsart. Es gibt weltweit rund 50 Arten, nicht alle leben unter der Erde. „Unser“ Maulwurf ist hingegen perfekt an den unterirdischen Lebensraum angepasst. Mit seinen vielen Tasthaaren an seiner spitzen Schnauze orientiert er sich in seinem Tunnelsystem. Zusätzlich ist die Haut der Rüsselnase mit einem weiteren Sinnesorgan ausgestattet, dem „Eimerschen Organ“. Damit nimmt der Maulwurf selbst leichteste Erschütterungen des Bodens und die elektrischen Impulse der Muskelkontraktionen seiner Beutetiere wahr. Auch an seinem Schwanz befinden sich Tasthaare. Der ist gerade so lang, dass er den Tunneldurchmesser ständig abtasten kann. Zudem hat er einen sehr guten Geruchssinn und ein ausgezeichnetes Gehör.
„Blind wie ein Maulwurf“? Das stimmt nicht ganz. Denn tatsächlich hat der kleine Wühler Augen, die aber in seinem dichten schwarzen Fell kaum zu sehen sind und mit denen er auch nur Hell und Dunkel unterscheiden kann. Mehr braucht er nicht im Boden. Selten kommt er an die Oberfläche. Obwohl er plump aussieht, kann er sich mit bis zu vier Stundenkilometern recht schnell vorwärtsbewegen und sogar schwimmen.
Kraftpaket unter Tage
Mit seinen sehr kräftigen „Händen“, den Grabschaufeln, buddelt er sich ein Gangsystem von bis zu zwei Kilometern Länge in zehn bis 40 Zentimetern Tiefe auf einer Fläche von bis zu 5000 Quadratmetern. Die meisten Gänge nutzt er zur Jagd auf eingedrungene Tiere. Aber er legt auch Vorratskammern, gut ausgepolsterte Schlafkammern und Kinderzimmer an. Außerdem gräbt er Sackgassen, an deren Ende er einen Belüftungsschacht anlegt. Trotzdem herrscht ein geringer Sauerstoff- und ein vielfach höherer Kohlendioxid-Anteil im Röhrensystem. Deshalb ist der Maulwurf mit einer stark vergrößerten Lunge (ein Fünftel des Körpergewichts) und besonders vielen roten Blutkörperchen ausgestattet.
Man sieht dem Maulwurf nicht an, was für eine enorme Kraft in seinem gedrungenen Körper steckt. Seine Grabmuskeln im Schulterbereich machen rund 55 Prozent der gesamten Muskulatur aus. Für die anstrengende Fortbewegung im Boden braucht der Maulwurf täglich bis zu 100 Prozent seines Körpergewichts als Nahrung. Deshalb durchstreift er seine Jagdröhren alle drei bis vier Stunden. Für den Winter legt er reichliche Vorräte an. Würmern beißt er gezielt in den Kopf und macht sie dadurch bewegungsunfähig. Sie leben weiter und bleiben „frisch“, können aber nicht aus der Vorratskammer fliehen.
Der junge Maulwurf hat’s nicht leicht
Maulwürfe beider Geschlechter sind Einzelgänger – sie gehen sich aus dem Weg und finden nur zur Paarung von Ende Februar bis Anfang März zusammen. Die Weibchen warten in ihren Schlafhöhlen und locken die Männchen mit einem ständigen Glucksgeräusch an. Außerdem markieren sie ihre Gänge mit Duftstoffen. Die Männchen verlassen ihre Territorien und suchen die Weibchen auf. Nach der Paarung dauert es rund vier Wochen, bis vier, fünf Junge zur Welt kommen. Die blinden, nackten Maulwurfsbabys wiegen vier bis fünf Gramm und werden von der Mutter in einer eigens angelegten, gut gepolsterten Nestkammer zuerst fünf Wochen gesäugt und weitere rund drei Wochen mit fester Nahrung versorgt. Nach zwei Monaten sind sie rund 40 Gramm schwer, werden langsam selbstständig und von der Mutter vertrieben.
Nun müssen die Jungen ein eigenes Revier finden – die gefährlichste Zeit in ihrem Leben. Sie werden oft von Konkurrenten vertrieben und müssen häufig an die Erdoberfläche, wo sie leicht größeren Jägern wie Greifvögeln, Wieseln, Mardern, Füchsen, Wildschweinen oder Katzen zum Opfer fallen können.
Lasst den Maulwurf wühlen!
Noch ist der Maulwurf nicht in seinem Bestand bedroht. Aber auch seine Lebensräume müssen immer mehr der intensiven Landwirtschaft weichen. Es gibt weniger Wiesen und Weiden, Ackerboden wird oft umgepflügt und durch Landmaschinen verdichtet, sodass die Erde nicht mehr für den Maulwurf geeignet ist. Hinzu kommen Düngemethoden, die sich negativ auswirken. Nach wie vor bekämpfen ihn uneinsichtige Gartenbesitzer mit tödlichen Fallen oder gar Gift. Deshalb ist der Maulwurf streng geschützt. Viele Menschen und Institutionen, darunter die Deutsche Wildtier Stiftung, setzen sich mit vielen Projekten dafür ein, dass Lebensräume für den Maulwurf und andere Wildtierarten erhalten bleiben oder zurückgewonnen werden. Ihr könnt auch dazu beitragen, indem ihr den putzigen Gesellen in euren Gärten freien Lauf lasst!
(Fotos: Tabble, Mikhail Timofeev, ASSY, Dirk Schumacher, Bernd Glätsch, meineresterampe – alle pixabay.com)
23.12.2019