Im Rahmen des Aktionswochenendes der Schwarzwald-Guides vom 31. März bis 2. April 2023 hat die 2022 neu ausgebildete Schwarzwald-Guide Melanie Masselhäuser in Calw die Biotopverbund-Runde als Erlebnisspaziergang angeboten. Mässelhäuser, die nicht nur Schwarzwald-Guide, sondern auch Wildpflanzen- und Streuobstpädagogin ist, führte am frühen Freitagabend die entspannte und sehr interessierte Gruppe durch die Rundtour.
Sehr abwechslungsreiche Tour
Bereits in der Ankündigung versprach die Schwarzwald-Guide vollmundig: „Wir nähern uns den Begriffen Landschaftszerschneidung, Strukturvielfalt und Biotopverbund auf praktische Weise. Wir spazieren innerhalb kürzester Zeit durch Streuobstwiesen, Feldflur, Wald, Wiesen und Hecken und genießen den Weitblick in den Schwarzwald sowie in das Heckengäu. Kommen Sie mit, durch eine struktur- und artenreiche Landschaft um das Naturschutzgebiet Gültlinger und Holzbronner Heiden. Es ist Teil des Modellprojekts zur Umsetzung des Biotopverbunds im Landkreis Calw.“ Die teilnehmenden Gäste wurden trotz der wechselnden Wetterbedingungen nicht enttäuscht.

Auf dem ersten Teilstück ging es durch ein wunderschönes, abwechslungsreiches Waldstück, in dem ein Regenrückhaltebecken liegt. Es ist das ganze Jahr über Biotop und Lebensraum für Molche, Frösche, Kröten, Insekten aller Art und somit auch wieder für Vögel und viele andere Waldtiere. Die Teilnehmer begeisterten sich sofort für die vielen Frühlingskräuter, die an der Böschung wuchsen. Auch Veilchen, Gänseblümchen und Schlüsselblumen lösten Entzücken aus.
Die Natur braucht Biotop-Trittsteine
Anhand der Muschelkalkfindlinge, die dort als Schutz angebracht sind, erläuterte Melanie Mässelhäuser die Idee der Biotop-Trittsteine. Manchmal schafft man es, den nächsten Findling mit einem Sprung zu erreichen und manchmal eben nicht. Bei den Tieren ist es fast genauso, ein Vogel schafft auch größere Distanzen zwischen zwei Biotopen, ein kleiner Käfer vielleicht schon nicht mehr. Es ist daher wichtig viele kleine Biotop-Inseln zu schaffen, die dann als großes Netz zu einem Biotopverbund über Stadt-, Kreis- und Landesgrenzen hinweg der Natur helfen, sich fortzupflanzen und neue Lebensräume zu erobern. Mässelhäuser erläuterte, dass mehr Vielfalt der Biotope automatisch zu mehr Vielfalt in der Natur- und Pflanzenwelt führt.

Auf einer Streuobstwiese zeigte sie den Teilnehmern ein wahres Kleinod: Auf dieser naturbelassenen Magerwiese hat sich die Traubenhyazinthe (lat.: Muscari) weit ausgebreitet und bildet einen richtigen blauen Blütenteppich. Ähnlich wie bei der Krokusblüte in Bad Teinach-Zavelstein ist davon auszugehen, dass eine mitgebrachte Blumenzwiebel gepflanzt wurde und sich hier über die Jahre ausgewildert und verbreitet hat. Es fiel allen schwer, den Blick von diesem Meer an Traubenhyazinthen zu lassen. Wenn man aber genauer hinsah, konnte man schon etliche andere Pflanzen ausmachen, so zum Beispiel Wiesensalbei, Skabiose, Wegeriche, Veilchen, Schlüsselblumen, Esparsette, Schafgarbe, Sauerampfer und mehr. Eine wunderbar vielfältige Magerwiese, die Lebensraum, also Biotop, für eine Vielzahl von Insekten, Vögeln und Säugetieren ist.



Biotop-Verbundrunde: Strukturvielfalt auf Schritt und Tritt
Die Strukturvielfalt auf dieser Biotopverbund-Runde erlebten die Teilnehmenden bei nahezu jedem Schritt. Gestartet im Wald, durch Streuobstwiesen gesäumt von Hecken, Sträuchern und einzelnen Baumgruppen, bergab ins Funkental mit einem sprudelnden Quellbächlein ging es dann bergauf durch von Schafen beweidete Wiesen bis zum Naturpark-AugenBlick von Holzbronn, der wiederum inmitten von bewirtschafteten Feldern liegt. Strukturvielfalt pur. Ebene Flächen mit kurzem Bewuchs, daneben dichte Hecken als ideale Verstecke, abwechselnd mit Streuobstwiesen, die Ansitz- und Singwarten sowie Nisthöhlen bieten, und immer wieder abwechselnd mit Wald, Waldrand und Steinriegeln. Hier findet nahezu jedes Tier ein ideales Plätzchen zum Wohnen, Jagen und den Nachwuchs großziehen.

Aber selbst diese idyllische Landschaft wird durch eine Ortsverbindungsstraße (zwischen Wildberg-Gültlingen und Calw-Holzbronn) geteilt. Solche Landschaftszerschneidung erfolgt auch anderswo durch Straßen, Bahnlinien, Infrastrukturleitungen, aber auch durch Ortschaften und Städte. Auch riesige Felder und Monokulturen können ein unüberwindbares Hindernis für Tiere und Pflanzen darstellen. Die bekanntesten Gegenmaßnahmen sind Grünbrücken als Wildwechselkorridore, Krötentunnel und Blühstreifen. Die Schwarzwald-Guide erklärte, dass es größere Gebiete mit nur minimaler Zerschneidung bei uns fast nur noch im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb und im Schönbuch gibt, die ja ohnehin größtenteils schon unter Schutz stehen. Es gilt jetzt, die Trittsteine zwischen den Großgebieten herzustellen, um genetisch wichtigen Populationsaustausch möglich zu machen, neue Lebensräume erobern zu können und die Vielfalt zu erhalten.
Alle können etwas für die Natur tun
Melanie Mässelhäuser zieht das Fazit: „Natur kennt keine Grenzen!“ Jeder kann bei sich im Kleinen etwas dafür tun, dass die Strukturvielfalt gefördert wird und ein Biotopverbund, also ein Vernetzen der Lebensräume, möglich wird. Man kann im Garten auch mal eine Ecke in Ruhe lassen, die Streuobstwiese in drei Teilen zeitversetzt mähen oder heimische Pflanzen im Garten haben. Oder keine Chemie im Garten anwenden, alte Obstbäume erhalten oder in einem Verein oder Verband tätig werden, der sich für die Natur engagiert. Da ist sicherlich für jeden etwas dabei.
Tour wird am Freitag, 13. Oktober 2023, ebenfalls um 16 Uhr nochmal angeboten. Anmeldungen sind direkt bei Melanie Mässelhäuser oder über die Homepage www.Schwarzwald-Guides.de möglich.
(Text und Fotos: Melanie Mässelhäuser)
6.4.2023