Städte und Gemeinden werden künftig häufiger von Sturzfluten betroffen sein und heimische Fischarten müssen ums Überleben kämpfen. Infolge des Klimawandels stehen die Städte und Gemeinden im Naturpark Schwarzwald Mitte Nord vor großen Herausforderungen. Wie genau wirkt sich der Klimawandel auf die Gewässer im Naturpark aus? Um diese Frage ist es im zweiten Lehr-Seminar der Klimabotschafter-Ausbildung des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord am 7. Oktober in Altensteig gegangen.



Mit der Ausbildung leistet der Naturpark einen Beitrag dazu, Menschen in der Region praxisnah für die Auswirkungen des Klimawandels zu sensibilisieren und sie über Klimaschutzmaßnahmen zu informieren. An insgesamt acht Seminartagen von September bis November werden mit Blick auf den Klimawandel neben der Landwirtschaft die Themen Gewässer, Moore, Wald, Biodiversität und Energie behandelt. Von Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis lernen die Teilnehmenden bei Vorträgen und Exkursionen theoretisch und praktisch unterschiedliche Perspektiven kennen.
Erhöhte Gefahr von Sturzfluten
Rückblick Juli 2014, Altensteig im Landkreis Calw: Braune Wassermassen fließen die Weiherstraße entlang. Die Hessenteichklinge und die Dorfer Straße sind ebenfalls überschwemmt. Im Juni 2021 bricht die Nagoldmauer an der Sternenbrücke teilweise in sich zusammen. Die Ursache: Starkregenereignisse. Sie treten lokal auf und verursachen gefährliche Sturzfluten in besiedelten Gebieten. Anders als bei Hochwasserereignissen gibt es bei urbanen Sturzfluten keine Vorwarnzeichen. Durch den Klimawandel wird es künftig im Sommer häufiger solche urbanen Sturzfluten geben.


„Charakteristisch für Sturzfluten sind Überschwemmungen fernab von Flüssen und hohe Fließgeschwindigkeiten, die schon bei geringen Fließtiefen zu einem großen Gefährdungspotenzial führen können“, erklärt Ingenieur Markus Heberle den Teilnehmenden der Naturpark-Klimabotschafter-Ausbildung. Das Ingenieurbüro Heberle hat das Starkregenmanagement für die Stadt Altensteig erarbeitet. Dazu gehören auch die online verfügbaren Starkregen-Gefahrenkarten. Diese zeigen die prognostizierten Fließwege und Überflutungen durch die Stadt durch wild abfließendes Wasser eines Starkregens. Basierend auf den Karten lassen sich Vorkehrungen treffen, um besser auf solche Ereignisse vorbereitet zu sein. Ein Beispiel für eine solche Maßnahme sind Öffnungen in der Hochwasserschutzwand zur Nagold.


Heimische Fischarten sind bedroht
Die Sommer werden wärmer und trockener. Die Folge: Der Grundwasserspiegel sinkt, Gewässer trocknen aus. Auch die Wassertemperatur steigt an. Dadurch sinkt der Sauerstoffgehalt im Wasser. Einige heimische Fischarten wie Bachforelle, Äsche und Mühlkoppe müssen deshalb ums Überleben kämpfen. Die Bachforelle hat in der Enz südlichen von Pforzheim in den vergangenen Jahren ihren Lebensraum bereits verloren. Sie wird künftig nur in den höheren Schwarzwaldlagen zu finden sein. Die steigenden Wassertemperaturen führen auch dazu, dass neue Arten einwandern – wie etwa in Pforzheim die Schwarzmundgrundel.
Doch welche Anpassungsmöglichkeiten gibt es? „Zuflüsse besser anbinden, Rückzugsräume mit Kaltwasser und künstliche Beschattung schaffen und weniger Wasser entnehmen“, listet Dr. Klaus Parey, ehrenamtlicher Fischereiaufseher des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die kurz- und mittelfristigen Maßnahmen auf. „Langfristige Möglichkeiten sind: naturnahe Renaturierung mit unterschiedlichen Gewässertiefen, Gewässer durchgängig gestalten, natürliche Beschattung fördern und Grundwasserpegel sichern“, führt Parey bei der Klimabotschafter-Ausbildung aus.


Die Klimabotschafter-Ausbildung des Naturparks
Die ausgebildeten Naturpark-Klimabotschafterinnen und -botschafter tragen ihr Wissen weiter in die Gesellschaft – sowohl beruflich als auch privat. Dass das Interesse an Fachwissen rund um den Klimawandel sowie für konkrete Klimaschutzmaßnahmen in der Naturpark-Region groß ist, zeigt auch das breit gefächerte Berufsspektrum, das die Teilnehmenden abdecken: Metalltechnik, Finanz-, Ingenieurs- und Bankenwesen, Vertrieb, Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit, Pflege, Naturpädagogik, Klima- und Umweltschutzmanagement.



„Bei der Klimabotschafter-Ausbildung des Naturparks geht es nicht nur um reine Wissensvermittlung“, macht Projektmanager Florian Schmid deutlich. „Uns ist es wichtig, dass die Teilnehmenden einen persönlichen Bezug zum Thema herstellen. Das funktioniert zum einen über unsere Fachleute, die die Seminare und Exkursionen leiten. Zum anderen werden anschließend alle als Multiplikatorin oder Multiplikator das Gelernte auf den jeweiligen Fachbereich übertragen und dort weitergeben. Auch um diesen individuellen Transfer geht es in der Ausbildung.“
(Text: Gundi Woll/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord; Fotos: Florian Schmid/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord)
11.10.2023
Dieses Projekt wurde gefördert mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg.