Heute schauen wir uns mit unserer Kräuterfrau und Schwarzwald- Guide Monika Wurft den „Meister des Waldes“ näher an. Jetzt im Wonnemonat Mai hat die berühmte Maibowle und somit der Waldmeister (Gallium odoratum) Hochsaison. Seit April durchsticht er dicke Laubdecken. Beim Spaziergang in lichten Laubwäldern entdeckt ihr ganze „Waldmeister-Teppiche“. War er zuerst noch vereinzelt und schwer zu greifen, tritt er jetzt im Mai großflächig auf. Dann ist Haupterntezeit bei dem beliebten Kraut.
Daran erkennt ihr den Waldmeister
Seine aufrecht wachsenden, vierkantigen Stängel sind jetzt im Mai zirka 25 Zentimeter hoch. Sie sind ein gutes Erkennungsmerkmal des Waldmeisters, da sie sich nicht verzweigen. Die lichtgelben Blättchen stehen zu sechst bis neunt in Quirlen, die etagenweise angeordnet sind. Zur Blütezeit stechen seine reinweißen, sternförmigen, zarten Blüten ins Auge. Sie stehen am Ende der Stängel in lockeren Trugdolden zusammen.
Wenn ihr dann zur Bestätigung an ihm riecht und den typischen Waldmeisterduft erwartet, werdet ihr enttäuscht sein. Denn ohne einen Blattstängel zu zerreiben, gibt er seinen Duft nicht preis. Ihr könnt ihn auch wahlweise in der hohlen Hand erwärmen oder das Kraut einfach anwelken lassen. Breitet sich dann der typische Duft aus, könnt ihr sicher sein, dass es sich um den Meister des Waldes handelt.
Nur der Waldmeister hat diesen besonderen Duft
Waldmeister, auch als Maiblume, Gliedkraut, Waldtee und Waldmännchen bekannt, gehört zur Familie der Rötegewächse (Rubiaceae). Mit ihm verwandt sind Wald-Labkraut, Echtes Labkraut, sowie Kletten-, und Wiesen-Labkraut die ebenfalls alle essbar sind. Von all seinen heimischen Verwandten entwickelt jedoch nur der Waldmeister diesen besonderen Duft. Das macht ihn zu etwas Einzigartigem unter den Labkräutern und seine Ernennung zum Meister des Waldes ist nachvollziehbar. Verantwortlich dafür ist das Cumarin, genau genommen handelt es sich um Cumaringlycosid, eine chemische Vorstufe von Cumarin. Erst nach dem Verwelken oder Verletzten der Stängel entsteht unter Einwirkung von Enzymen das eigentliche Cumarin. Übrigens sorgt Cumarin auch für den typischen Duft in Heu, Steinklee, Liebstöckel, Engelwurz, Wiesen- Bärenklau und im Lavendel.
Lecker für Bowle – aber nicht nur
Die Triebe des Waldmeisters kennen die meisten im Zusammenhang mit Maibowle. Allerdings eignet er sich auch vorzüglich als Beigabe zu Gemüse, als Aroma in Likör, Süß-, Eis- und Götterspeise, Limonade, Kräuterwein, Gelee, Duftpotpourris, Kräuterkissen und Waldmeister-Tee.
Waldmeister hat´s in sich
Die Volksheilkunde schätzt ihn aufgrund seiner beruhigenden und entkrampfenden Wirkung sehr. Er enthält außer Cumarin auch Flavonoide, Gerb- und Bitterstoffe. Er kommt bei Schlaflosigkeit und Unruhezuständen in Verbindung mit Migräne zum Einsatz. Da Cumarin die Durchblutung fördert, wird die Pflanze auch bei Venenerkrankungen und Durchblutungsstörungen empfohlen. Äußerlich zeigen die frischen, zerquetschen Blättchen eine lindernde Wirkung bei Insektenstichen und Brennnesselquaddeln.
Für einen beruhigenden und entkrampfenden Waldmeister-Tee übergießt ihr zwei bis drei Stängel Waldmeister mit einem Viertelliter kochendem Wasser und lasst den Sud fünf Minuten ziehen. Vorsicht ist jedoch geboten, denn in zu großen Mengen erreicht ihr das Gegenteil. Dann kann Waldmeister, bedingt durch das Cumarin, Kopfschmerzen hervorrufen. Deshalb gilt die Empfehlung, nicht mehr als zwei bis drei Tassen über den Tag verteilt zu trinken.
Ernte
Entgegen hartnäckiger Überlieferung könnt ihr Waldmeister bis in die Blütezeit hinein ernten. Schneidet das Kraut mit der Schere ab, sonst reißt ihr all zu leicht die flachkriechenden Wurzelausläufer mit heraus. Ihr könnt das Kraut frisch oder getrocknet verwenden. Sobald die Blüten verwelken, endet die Erntezeit des Waldmeisters. Dann werden die Stängel samt den Blättchen sehr hart und eignen sich nicht mehr für den Verzehr.
Natur- und Gartentipp
Waldmeister lässt sich im eigenen Garten problemlos ansiedeln. Er wächst gern unter Sträuchern und Hecken. Gemäß seinem natürlichen Vorkommen in lichten Wäldern, bevorzugt er auch im Garten halbschattige Standorte. Waldmeister könnt ihr in gut sortierten Gärtnereien als Topfpflanze kaufen oder aus Samen selbst ziehen. Dank seiner Ausläufer breitet er sich schnell aus und einer Waldmeister-Plantage steht nichts im Wege. Zur Ernte solltet ihr, wie oben erwähnt, eine Schere verwenden oder die Stängel mit den Fingernägeln abknipsen, damit ihr die Ausläufer nicht verletzt.
Trotz des, für uns so angenehmen Dufts halten sich Bienen, Hummeln und Schmetterlinge vom Waldmeister fern. Dafür wird er von Fliegen besucht und wenn dabei nicht genügend Pollen übertragen werden, dann greift er zum Mittel der Selbstbefruchtung.
Duftkissen für einen ruhigen Schlaf
Den Duft und die damit verbundene beruhigende Wirkung des Waldmeisters könnt ihr euch in einem Duftkissen zunutze machen. Dazu füllt ihr getrockneten Waldmeister, auch in Kombination mit Steinklee, Rosenblättern, Lavendel und anderen Duftkräutern, in kleine Kissenbezüge und näht diese zu. Kinder sind dabei oft mit Feuereifer am Werk und stellen sich ihre Duftlieblinge gerne selbst zusammen. Solch ein Duftkissen eignet sich ebenfalls für den Kleiderschrank, um Motten fernzuhalten. Sobald die Kräuter ihre Duftwirkung beim Drücken verloren haben, solltet ihr sie ersetzen.
Rezepte
Der Klassiker: Waldmeisterbowle
Zutaten:
- 5- 8 Stängel Waldmeister
- 1l Weißwein
- ½ Flasche Sekt oder Mineralwasser.
Zubereitung:
Waldmeisterstängel mit einem Faden zusammenbinden, mit den Händen andrücken und mit dem Weißwein übergossen zwei bis drei Stunden kaltstellen. Dann das Waldmeisterbüschel herausnehmen. Den so aromatisierten Wein vor dem Servieren mit Sekt oder Mineralwasser auffüllen und in jedes Glas einen frischen Waldmeisterstängel als Dekoration dazugeben.
Waldmeisterlimonade
Zutaten:
- 5-8 Stängel Waldmeister
- 1l Apfelsaft
- 1 Flasche Mineralwasser
- Saft von 1 Zitrone.
Zubereitung:
Wie bei der Bowle bindet ihr die Waldmeisterstängel mit einem Faden zusammen, drückt das Bündel kräftig mit den Händen und hängt es in den Apfelsaft. Nach einer bis zwei Stunden nehmt ihr den Waldmeister heraus und schmeckt das Getränk mit Mineralwasser und Zitronensaft ab.
Waldmeistercreme
Zutaten:
- ca. 10 Stängel Waldmeister
- 1 unbehandelte Orange
- 3/8 l Apfelsaft
- 35 g Speisestärke
- 200 ml Sahne
- Waldmeister-/Veilchenblüten zum Verzieren.
Zubereitung:
Ihr kocht den Apfelsaft (etwas davon für das Anrühren der Speisestärke aufheben) mit der abgeriebenen Orangenschale und dem Waldmeister auf. Dann hebt ihr den Waldmeister mithilfe eines Siebes heraus und kocht mit der kalt angerührten Speisestärke aus dem Waldmeister-Apfelsaft einen Pudding. Nach dem Erkalten des Puddings hebt ihr die steif geschlagene Sahne mit einem Schneebesen unter und füllt die Creme in kleine Portionsschüsseln.
Tipp: Mit Waldmeister- und Veilchenblüten dekoriert wird zudem auch noch ein Augenschmaus daraus.
Viel Freude mit dem Meister des Waldes!
Monika Wurft, Mein Wildkräuterbuch, 2. Auflage März 2020 Ulmer-ISBN: 978-3-8186-1123-1
Mehr Kräuterwissen gibt’s im Buch von Monika Wurft:
Monika Wurft, Mein Wildkräuterbuch, 2. Auflage März 2020 Ulmer-ISBN: 978-3-8186-1123-1
(Text und Fotos: Monika Wurft, Foto Maibowle: Oldiefan/pixabay)
26.4.2022