Ein Gastbeitrag von Rüdiger Grau, Familienvater und Großvater. Bereits seit seiner Kindheit ist er leidenschaftlicher Naturfotograf und verbindet seine sportlichen Aktivitäten, wie lange Fahrradtouren durch den Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, die Vogesen oder den Pfälzer Wald, regelmäßig mit seiner Kameraarbeit.
Geboren in den 1950er Jahren in Sachsen-Anhalt, prägte ihn besonders seine frühe Zeit im Schwarzwald nach der Flucht aus der DDR. Die Schönheit der Region hinterließ bleibende Eindrücke und weckte die Begeisterung für Natur und Landschaften.
Heute lebt er in Karlsruhe und engagiert sich aktiv im NABU Karlsruhe, insbesondere im Bereich Schwalbenschutz sowie bei der Betreuung von Eulennistkästen in Kirchen und Feldscheunen. Seine Fotografien und Videoproduktionen zeigen dabei immer wieder eindrucksvoll die Schönheit und Vielfalt heimischer Naturlandschaften. Seit vielen Jahren ist er leidenschaftlicher Beobachter der starengroßen Wasseramsel. Immer wieder staunt er über gezeigte Verhaltensweisen, die er bisher nicht kannte.

Schwimmen & tauchen – Wasseramseln auf Nahrungssuche
Doch der Reihe nach. Wo kommt die Wasseramsel vor und was ist an ihr so faszinierend?
Die Wasseramsel ist wie viele andere Singvögel ein Insektenfresser, welche uns bekanntlich
mangels Nahrungsangebot mehrheitlich im Herbst gen Süden verlassen. Doch, erste Überraschung,
sie ist kein Zugvogel, bleibt also auch im kargen Winter hier bei uns. Um es noch auf die Spitze zu
treiben, sie liebt klares, kaltes und sauerstoffreiches Bachwasser. Zu allen Jahreszeiten.


Als Alleinstellungsmerkmal unter den Singvögeln schwimmt und taucht sie und läuft sogar zur Nahrungssuche unter Wasser auf dem Bachbett. Man kann sie ruhigen Gewissens als Bademeister bezeichnen.
Nässe und Kälte ertragen, brrrr…., warum macht sie das? Ganz einfach, weil Wasserinsekten
auf ihrem Speiseplan stehen und die gibt es in ihrem Revier das ganze Jahr. Selten fängt sie auch
ein kleines Fischchen. Besonders clevere Unterwasserlarven bauen sich zum Schutz vor
Fressfeinden aus feinen Sandkörnchen einen Köcher in dem sie sich verstecken. Ein Leckerli für die
Wasseramsel, das sie ohne Mühe knackt.
Friert die Speisekammer im Winter mal zu, zieht sie einfach weiter an den nächsten eisfreien Bach.
Lange frostige Winter werden durch den Klimawandel immer seltener, dagegen nimmt die
Wasserknappheit im Sommer immer mehr zu. Dies ist besorgniserregend, nicht nur für uns
Menschen, sondern auch für den Fortbestand von Wasseramsel und Co.
Ermöglicht werden die Unterwassertauchgänge durch eine besondere Outdoor-Ausstattung. Wie z.
B. eine große Bürzeldrüse, mit deren öligen Sekret sie das Gefieder imprägniert. Oder ihre
auffallend großen Füße mit denen sie Halt unter Wasser findet. Beim Tauchen gegen die
Strömungsrichtung hat sie energiesparende Tricks auf Lager.
Singen gerne unter der Dusche? Klar, die Wasseramsel singt ganzjährig, sogar im kalten Winter.
Auch ihr ständiges Knicksen fällt auf. Man kann davon ausgehen, dass dieses heavy Workout als
weiteres Kommunikationsmittel eingesetzt wird.




Abschliessend noch ein paar Highlights.
Sie verliebt sich bereits im Herbst und geht auf Wohnungssuche. Bei dem sehr variantenreichen
Balzritual im zeitigen Frühjahr wird eine Wundertüte von Verhaltensweisen geöffnet: Gesangs-,
Schwimm- und Flugeinlagen, Tanzen und das „Angebertauchen“. Besiegelt ist die Beziehung erst
dann, wenn das Weibchen vom Wassermann angebotenes Futter annimmt.
Nestbau und Jungenaufzucht sind die absoluten Höhepunkte im Jahr. Das große, runde Nest aus
Moos und Halmen wird versteckt in Nischen am Bachufer, selten auch unter tosenden Wasserfällen.
Zu den natürlichen Feinden zählen Marder, Ratten und der Sperber. Auch Graureiher konnte ich
beobachten, wie sie versuchten die Jungvögel aus dem Nest zu holen.
Beobachtungstipps:
Setzt euch zu früher oder später Stunde an eine ruhige Stelle, schaltet das Handy aus, schweigt
und schaut. Nach spätestens einer halben Stunde hat sich die Tierwelt in der Regel an euch gewöhnt und es öffnet sich der Naturvorhang. Mit etwas Glück kann der Zauber beginnen.
Der scheue Vogel hat einen großen Fluchtabstand. Leichter zu beobachten ist er an Bächen in
Dörfern und Städten. Sehr zu empfehlen ist ein Fernglas.


Gastbeitrag?
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Text: Rüdiger Grau/ Johannes Nickel; Fotos: Rüdiger Grau
JN/ 11.2.2025