Wir haben uns gesucht und gefunden: Die BOAR Distillery in Bad Peterstal ist seit einigen Jahren unser Partner. Was uns verbindet, ist der schlauste und wildeste Waldbewohner: das Wildschwein. Denn der Keiler (englisch: Boar) ziert die Etiketten der Brennerei auf den Flaschen mit dem besten Gin der Welt und ist gleichzeitig das „Wappentier“ unseres Projekts „Wilde Sau“ . Was die Brennerei so besonders macht, lest ihr hier.
Gin ist das Getränk, mit dem die Destille aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist und das den Familienbetrieb an die Weltspitze katapultiert hat. Hannes Schmidt, der mit seinen beiden Jugendfreunden Markus Kessler, dem Nachkommen des Gründers Andreas Kessler, und Torsten Boschert die Brennerei führt, erzählt auf einem Gin-Tasting an einem sonnigen Juliabend auf der Terrasse des Firmensitzes ausführlich und unterhaltsam die Geschichte der 1844 gegründeten Brennerei und des höchstprämierten Gins der Welt.
Beachtlicher „Medaillenspiegel“ der Brennerei
Der BOAR Gin hat seit seiner Markteinführung im Jahr 2015 unzählige internationale Preise abgeräumt, darunter wurde er jüngst zum dritten Mal in Folge beim internationalen Spirituosenwettbewerb als Gin des Jahres gekürt. „Und 2017 in Las Vegas bei den Global Spirit Awards zur besten klaren Spirituose der Welt.“, verkündet Schmidt, nicht ganz ohne Stolz, während er den Gästen den ersten Gin Tonic einschenkt. So scheint es wenigstens.
Erster echter Schwarzwald-Gin
Es gab bereits einen berühmten Gin im Schwarzwald – dessen Namen Schmidt nicht ausspricht. „Es stellte sich aber heraus, dass er vom Bodensee kommt, er ist nur in den Schwarzwald umgezogen“, lächelt der Gin-Experte. „Das hat uns bewogen zu sagen: Jetzt machen wir eben den ersten echten Schwarzwald-Gin.“ 2014 begannen die drei Freunde, sich mit der Entwicklung des Gins zu beschäftigen, über eineinhalb Jahre hinweg. Einen Gin herzustellen ist im Grunde kein Hexenwerk. Es genügt, Wacholderbeeren in Alkohol einzulegen, und schon darf man das Gin nennen.
Aber etwas Außergewöhnliches zu kreieren, ist wesentlich komplizierter. Die drei Brenner tüftelten also mehr als ein Jahr lang an ihrer Spirituose und experimentierten mit unterschiedlichen pflanzlichen Zutaten, im Fachjargon „Botanicals“ genannt. Am Ende fanden sie die ideale Kombination aus 19 Botanicals. Da sie einen klassischen London Dry Gin destillieren, muss Wacholder im Vordergrund stehen.
Inzwischen haben die meisten Gäste ihre Gläser geleert. „Wie hat es euch geschmeckt?“, fragt der Gastgeber. Allen hat es geschmeckt, die meisten loben das intensive und gehaltvolle Geschmackserlebnis. Doch Schmidt lässt die Bombe platzen: „In diesem Getränk war überhaupt kein Alkohol!“
Pioniere des alkoholfreien Destillats
Nächste Besonderheit: Die BOAR Distillery ist die weltweit erste und einzige, die ein alkoholfreies Bio-Destillat auf Gin-Basis auf den Markt gebracht hat – den BOAR ZERO. Alkoholfreier Gin also – aber das darf man offiziell nicht unter diesem Namen vermarkten, denn ein Hauptmerkmal des Gin ist eben Alkohol. „Da, wo wir dem Alkohol Wasser entziehen, um einen reinen Alkohol herzustellen, können wir auch den umgekehrten Weg gehen und den Alkohol entziehen“, sagt der Brenner. „Wir stellen einen Gin her, geben ihn in einem weiteren Brand in unsere Anlage und entziehen ihm den Alkohol wieder. Damit wird das Destillat alkoholfrei, behält aber die Aromen.“ Und das ohne Konservierungsstoffe und ohne Chemie.
Der Fürstbischof verlieh großzügig Brennrechte
Während Schmidt nun den „echten“ BOAR-Gin – pur – in Stielgläschen eingießt und die Gäste auffordert zu warten, bis sich das Aroma entwickelt hat – ideal bei 16 Grad -, erzählt er aus der Lokalhistorie. „Warum gibt es im Renchtal sage und schreibe 996 Brennereien? Der Urheber war im 18. Jahrhundert der Fürstbischof von Straßburg, zu dessen Verwaltungsgebiet das Renchtal gehörte. Für seinen Hofstaat und die Bewirtung seiner Gäste brauchte er viele alkoholische Getränke. Da dachte er sich: Im Renchtal, da gibt es viele Landwirte, Streuobstwiesen und Weinberge. Deshalb hat er jedem Landwirt im Tal, der mindestens ein, zwei Obstbäume hatte, ein Brennrecht verliehen.“
Genuss für Zunge und Gaumen
Die Gäste haben gewartet, bis sich das Aroma des BOAR Gin im Glas entwickelt hat und Hannes Schmid fragt: „Was riechen wir denn? Ja, Wacholder, Lavendel, Zitrone, dann Thymian und ein Geruch von Rosmarin, der aber Lavendel ist. Wir benetzen unsere Zunge und schmecken – dann darf er zügig hinunter, keine Luft holen. Was schmecken wir? Richtig, Zitrus, Fenchel, auch Kardamom ist drin. Trotz der 43 Prozent sticht nichts in der Nase. Manche sagen, er hätte etwas Harziges. Wir verwenden sonnenverwöhnten Wacholder aus der Toskana und Slowenien. Der deutsche Wacholder ist zu bitter.“
Nacheinander dürfen die Gäste die weiteren Gin-Sorten des Hauses probieren: Den BOAR Gin Edition Black, der mit 49,9 Prozent und intensiveren Aromen noch kräftiger daherkommt, den im Weißweinfass gereiften BOAR Royal und den im Rotweinfass veredelten BOAR Royal Rubin.
Welch ein Caliber!
Dann lässt der Geschäftsführer die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Raum neben der Terrasse. Dort befindet sich der ursprüngliche Brennofen, den die Inhaber noch als Versuchsbrennerei nutzen. Dort baldowerten sie auch ein weiteres Produkt aus: den Caliber 1844. Die Zahl ist das Gründungsjahr der Brennerei. „Zu unserem 175sten Jubiläum im Jahr 2019 wollten wir etwas Besonderes machen“, beginnt Schmidt wieder zu erzählen. „Schon Franziska, die Frau des Gründers Andreas Kessler, setzte Kräuter im Kirschwasser an. Er selbst war nicht nur Brenner, sondern auch Jagdreviersleiter und Jäger. Wenn er eine Jagd veranstaltete, bekam der Schütze, der das kapitalste Stück Wild, also das größte Kaliber erlegte, eine Flasche dieses angesetzten Schnapses. So entstand für dieses Getränk der Name Kaliber.“
Man kann die Jahreszahl schmecken
Das Jubiläumsgetränk des Jahres 2019 sollte aber natürlich kein Kirschwasser mit Kräutergeschmack sein. Die drei Brenner kreierten auf Basis ihres Gins einen Kräuterlikör mit 18 verschiedenen Beerensorten und 44 Kräutern und nannten ihn folgerichtig „Caliber 1844“. So würdigten sie das Gründungsjahr. Nachdem die Teilnehmer diesen außergewöhnlichen Likör goutiert haben, bereitet Hannes Schmidt das letzte Getränk des Tastings vor: einen klassischen Gin Tonic im idealen Mischungsverhältnis mit Eis und Zitrone. Die Fototapete an der Wand der Versuchsbrennerei zeigt einen rauschenden Schwarzwald-Wildbach. „Wir verwenden nur Wasser aus unserer eigenen Quelle und brennen mit Holz aus unserem eigenen Wald“, betont Schmidt. An der anderen Wand sind Porträts der Keiler zu sehen, deren einer auf dem Etikett landen sollte: „Hektor der Jäger“, „Engelbert der Schöne“ „Gottfried der Fromme“ oder aber „Parzival der Räudige“. Am Ende ist es „Archibald der Kühne“ geworden, der nun in aller Welt die Marke BOAR verbildlicht.
Gin-Tastings
Die Gin-Tastings sind lange im Voraus ausgebucht – denn sie sind einzigartig und machen viel Spaß. Schaut immer wieder hier nach freien Terminen: https://boargin.de/boar-gin-tastings/.
Hannes Schmidt und seine Kompagnons können noch viel mehr Geschichten erzählen oder Tipps zu Gin-Cocktails geben. Und, ach ja – der Gin schmeckt ausgezeichnet! 😉
(Fotos: BOAR Distillery, Stefan Dangel)
15.8.2022