Was können Landwirt/innen tun, um sich besser an die klimatischen Veränderungen anzupassen? Um diese Frage ist es im ersten Lehr-Seminar der Klimabotschafter-Ausbildung des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord am 16. und 17. September in der Außenstelle des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) in Rheinstetten-Forchheim (Landkreis Karlsruhe) und auf dem Aspichhof in Ottersweier (Landkreis Rastatt) gegangen. Thema der Auftaktveranstaltung der diesjährigen Klimabotschafter-Ausbildung waren insbesondere Anbauversuche mit klimaangepassten Sorten sowie Bewässerung. Mit der Ausbildung leistet der Naturpark einen Beitrag dazu, Menschen in der Region praxisnah für die Auswirkungen des Klimawandels zu sensibilisieren und sie über Klimaschutzmaßnahmen zu informieren.
An insgesamt acht Seminartagen von September bis November werden mit Blick auf den Klimawandel neben der Landwirtschaft die Themen Gewässer, Moore, Wald, Biodiversität und Energie behandelt. Von Wissenschaftler/innen und Praktiker/innen lernen die Teilnehmenden bei Vorträgen und Exkursionen theoretisch und praktisch unterschiedliche Perspektiven kennen.
Die ausgebildeten Naturpark-Klimabotschafter/innen tragen ihr Wissen anschließend als Multiplikator/innen weiter in die Gesellschaft – beruflich als auch privat. Dass das Interesse an Fachwissen rund um den Klimawandel sowie für konkrete Klimaschutzmaßnahmen in der Naturpark-Region groß ist, zeigt auch das breit gefächerte Berufsspektrum, das die Teilnehmenden abdecken: Metalltechnik, Finanz-, Ingenieurs- und Bankenwesen, Vertrieb, Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit, Pflege, Naturpädagogik, Klima- und Umweltschutzmanagement. „Bei der Klimabotschafter-Ausbildung des Naturparks geht es nicht nur um reine Wissensvermittlung“, macht Projektmanager Florian Schmid deutlich. „Uns ist es wichtig, dass die Teilnehmenden einen persönlichen Bezug zum Thema herstellen. Das funktioniert zum einen über unsere Expert/innen, die die Seminare und Exkursionen leiten. Zum anderen wird anschließend jede/r als Multiplikator/in das Gelernte auf den jeweiligen Fachbereich übertragen und dort weitergeben. Auch um diesen individuellen Transfer geht es in der Ausbildung.“
Auswirkungen des Klimawandels in der Landwirtschaft
„Der Klimawandel bringt für die Landwirt/innen insbesondere zwei Herausforderungen mit sich: die Verschiebung der Niederschläge und das durch die steigenden Temperaturen verschärfte Problem der Dürre“, resümiert die Leiterin des Fachbereichs Klimaresilienz Ackerbau am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg, Dr. Martine Schraml, während der Klimabotschafter-Ausbildung.
Aufgrund der steigenden Temperaturen gibt es mehr Schadinsekten. Zudem verschiebt sich die Vegetationsperiode im Jahresverlauf nach vorne. Auch der Humus im Boden ist durch verstärkte Abbauprozesse und Bodenerosion gefährdet. Humusreiche Böden sind jedoch wichtig, da sie Wasser und Nährstoffe besonders gut speichern. Das macht die Böden fruchtbarer und ertragreicher.
Die Eigenschaft von Humus, Wasser zu speichern, ist für Landwirt/innen sehr wertvoll. Denn durch den Klimawandel müssen sie künftig häufiger mit längeren Trockenphasen rechnen. Die Niederschlagsmenge pro Jahr wird wohl in etwa gleichbleiben. Eine Mehrzahl der Klimamodelle weist jedoch darauf hin, dass es vor allem im Winter deutlich mehr regnen wird. Während der Vegetationsperiode im Sommer hingegen ist mit weniger Niederschlägen zu rechnen. „Die beste Anpassungsmaßnahme an die zunehmende Trockenheit im Sommer besteht also darin, die Niederschläge besser in der Landschaft zu speichern“, erläutert Dr. Martine Schraml.
Klimaanpassung bei Einsaat und durch Wasserspeicherung
Damit die Pflanzen mit der Zunahme an Schädlingen zurechtkommen, müssen sie gesund sein. Es helfen eine geeignete Fruchtfolge, Zwischenfrüchte und Saatzeit, standfeste und resistente Sorten und eine angepasste Bodenbearbeitung.
Als Reaktion auf die steigenden Temperaturen und die damit verbundene frühere Erntezeit der Pflanzen, können Landwirt/innen früher einsäen. Somit würden sie zudem die Feuchtigkeit der Winterniederschläge besser nutzen. Im Gegensatz zur Forstwirtschaft ist es in der Landwirtschaft außerdem möglich, jedes Jahr neu zu entscheiden, was angebaut wird. Somit können Landwirt/innen deutlich schneller auf die neuen klimatischen Verhältnisse reagieren. Für den Anbau in der Rheinebene gibt es vermehrt die Möglichkeit, Kulturen anzubauen, die bisher vorwiegend in wärmeren Regionen wie Südfrankreich oder Norditalien angebaut wurden wie Soja, Kichererbsen oder Durum Weizen (für die Nudelherstellung).
Eine weitere Anpassung an den Klimawandel besteht darin, Wasser zu speichern. Bislang wird in Baden nur ein geringer Anteil der landwirtschaftlichen Flächen bewässert (insbesondere im Gemüseanbau). Es gibt verschiedene Wege, die dafür sorgen, dass möglichst viel Wasser im Boden bleibt. Neben dem Aufbau von Humus – den der Aspichhof der Familie Glaser praktiziert – können Landwirt/innen auch Streifen mit Hecken und Bäumen auf den Äckern anlegen. Diese halten insbesondere Wind ab und sorgen dafür, dass weniger Wasser verdunstet.
(Text: Gundi Woll/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord; Fotos: Florian Schmid)
16./17.09.2023