Heute gehen wir uns mit unserer Kräuterfrau und Schwarzwald-Guide Monika Wurft auf eine sommerliche Kräutertour. Die Natur strotzt nur so vor Kräuter- und Blütenvielfalt. Auch wer im Frühling nicht gesät hat, kann trotzdem üppig ernten. Das gilt sogar für den eigenen Garten! Wenn das keine unschlagbaren Vorteile sind!
Längst hat der Sommer Einzug gehalten und das zarte Frühlingsgrün ist sattem Sommergrün und üppiger Blütenpracht gewichen. Vielerorts werden Wiesen später als in den vergangenen Jahren gemäht und es zeigt sich eine bunte Vielfalt mit Glockenblumen, Margeriten, Klee und wogenden Wiesengräsern.
Wie wichtig solche Wiesen sind, einerseits für Insekten und Vögel, andererseits für uns Menschen, zeigt das enorme Interesse an Wildpflanzen und eine regelrechte Sehnsucht nach den Blumenwiesen der Kindheit.
Sommerliche Kräutertour im eigenen Garten
Im eigenen Garten oder auf dem Balkon hat es jeder selbst in der Hand, mehr für die Artenvielfalt zu tun. Blumenwiesen, Bienenweiden und außerdem ein „Machenlassen“ der Natur, zuschauen, was „von alleine kommt“, greifen immer mehr um sich.
Unsere Wildkräuter sind dabei willkommene „freie Mitarbeiter“. Sie siedeln sich von selbst an, sind für Insekten und Vögel eine Bereicherung und ihr könnt sie vielfältig für die eigene Kräuterküche und die Hausapotheke nutzen. Gruseligen Schottergärten und artenarmem Rasen können wir mit heimischen Wildpflanzen eine klare Absage erteilen.
Zum heimischen Superfood steigern sich Wildkräuter zudem durch die Tatsache, dass sie nicht züchterisch verändert wurden. Sie stecken deshalb voller Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundärer Inhaltsstoffe wie ätherischen Ölen, Gerbstoffen, Bitterstoffen und Flavonoiden.
Wildkräuter im Fokus
Schaut Euch die Wiesen-Schafgarbe (Achillea millefolium) genau an. Ihre cremeweißen, verästelten Blütenteller ragen je nach Höhenlage seit Juni markant aus den Wiesen heraus. Wenn ihr sie bei euch im Garten entdeckt, kann ich nur raten: Lasst sie am selbst gewählten Standort einfach gewähren. Zum einen reagiert sie auf Umpflanzen empfindlich, zum anderen sind damit verbundene kurze Erntewege und die dekorativen Blüten der Schafgarbe als Zierde für den Garten unschlagbare Vorteile.
Für die Kräuterküche könnt ihr die Blüten und Blätter über Kartoffelgerichte streuen oder in Kräuterbutter und einem Salat voll zur Geltung bringen. Blüten und Blätter der Schafgarbe könnt ihr zudem für eine Hausteemischung trocknen oder ihr setzt ein Schafgarbenöl für die Küche an, welches in der Hausapotheke auch als Massageöl Verwendung findet. Regelmäßiger Rückschnitt durch eure Erntetätigkeit regt die Schafgarbe sofort zur Bildung neuer Blüten an.
Kleiner Wiesenknopf
Der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor) – im Küchenjargon als Pimpernelle – bekannt, macht seinem Namen alle Ehre, steht er doch mit unzähligen roten Blütenknöpfchen übersät auf Wiesen und an Wegrändern. Auch hier gilt, wenn ihr einen Garten euer Eigen nennt, lasst die als „Blutströpfchen“ bezeichnete, ausdauernde Pflanze dort gewähren. Zum einen ist der Wiesenknopf eine echte Gartenzierde und zum anderen eignen sich seine Blättchen als Gurkenersatz im Tsatsiki und schmecken mit ihrer leicht bitteren Würze in jedem Salat oder Smoothie lecker. Übrigens, der Wiesenknopf verträgt nach der Blüte einen kräftigen Rückschnitt und treibt danach wie im Frühling neu aus.
Brennnessel
Auch die Brennnessel (Urtica dioica) hat sich im Jahreslauf inzwischen stark gewandelt. Wenn ihr euch ab dem Frühling an den zarten Triebspitzen erfreut habt, könnt ihr sie im Sommer erst mal unter Beobachtung stellen. Zum einen sind Brennnesseln für viele Schmetterlingsraupen eine wichtige Futterquelle. Dazu ergibt es Sinn, sie an einer Stelle den zukünftigen Schmetterlingen zu überlassen.
Zum anderen reift je nach Höhenlage von Juli bis in den Oktober die neue Generation der Brennnesselsamen, die sogenannten Nussfrüchte, an den weiblichen Brennnesseln heran. Brennnesseln sind zweihäusig, was bei der Ernte von großer Bedeutung ist. Denn die männlichen Blüten haben ihr Soll mit der Befruchtung der weiblichen Blüten erfüllt und die nussig schmeckenden Früchte an der weiblichen Brennnesselpflanze stehen nun für Müslis, für Brennnesselkaviar oder als Würze über Nudeln oder Kartoffeln erntebereit zur Verfügung.
Ebenso hat sich die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) gewandelt. Nach den herzförmigen Blättern im Frühling bietet sie inzwischen ihre reifen Samen zur Ernte an. Als Wiesenpfeffer werden diese aus den langen Schoten gestreift und in einer Pfeffermühle gemahlen verwendet. Bei der Ernte fallen genügend Samen auf den Boden und sorgen für eine Wiederauflage im nächsten Jahr.
Blütenvielfalt für alle Sinne
Der Sommerreigen im Garten mit den Blüten von Lavendel, Ringelblumen, Kapuzinerkresse und Malven, wird von Wildpflanzen wie Dost, Johanniskraut, Schafgarbe, Königskerze, Nachtkerze, Wegwarte, Wiesen-Bärenklau und Mädesüß ergänzt. Sie wachsen wild in der Natur oder finden den Weg in den Garten, auf die Hauswiese, ins Staudenbeet oder an den Gartenteich von alleine. Auf dem Balkon muss manchmal etwas nachgeholfen werden. Doch inzwischen gibt es viele gut sortiert Wildpflanzen-Gärtnereien oder ihr versucht es mit selbst gesammeltem Saatgut.
Nicht nur fürs Auge schön und als wichtige Nahrung für Insekten bereichern Blüten mit ihrer bunten Pracht die Kräuterküche und den eigenen Haustee ungemein. Seien es die über einen Salat gestreuten Blüten der Königskerze (Verbascum densiflorum), der mit den Blüten des Dosts (Origanum, vulgare) eingelegte Schafskäse, die mit gerösteten Brennnesselfrüchten gefüllten Blüten der Nachtkerze (Oenothera bienis) oder die knospigen Blütenstände des Wiesenbärenklaus (Heracleum sphondylium), die wie Brokkoli zubereitet werden. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Rezepte
Dost mit Schafskäse
Zutaten: Einige Blütenstängel vom Dost, 200 g Schafskäse, 100 ml Olivenöl, einige Oliven, Knoblauch.
Zubereitung: Den Schafskäse schneidet ihr in Würfel und gebt eine Bodenschicht in ein Glas mit großer Öffnung. Abwechselnd mit den Dostblüten und -blättern, einigen Scheiben geschnittenem Knoblauch und Oliven könnt ihr das Glas auffüllen. Endet mit Schafskäse und übergießt alles mit Öl. Das geschlossene Glas lasst ihr vor dem Verzehr einige Stunden durchziehen.
Tipp: Unbedingt Variationen mit Gartenkräutern wie Basilikum, Minze und Melisse ausprobieren.
Schafgarbenöl
Zutaten: 2 Handvoll frische Schafgarbenblüten und -blättchen, 250 ml Oliven- oder Sonnenblumenöl.
Zubereitung: Alle Zutaten zusammen in einer Flasche ansetzen, 3-4 Wochen stehen lassen, abseihen und als würziges Salatöl oder als Massageöl zum Beispiel bei verspanntem Nacken verwenden.
Schafgarbenbutter
Zutaten: Eine Handvoll Schafgarbenblättchen und -blüten, 250 g Butter, Salz, etwas Zitronensaft.
Zubereitung: Schafgarbe fein hacken. Butter, Salz, Zitrone und die klein geschnittene Schafgarbe mit Hilfe einer Gabel gut miteinander vermischen.
Tipp: Schafgarbe gibt dieser Butter einen ganz eigenen Geschmack. Schmeckt lecker auf einem deftigen Bauernbrot, dekoriert mit Schafgarbenblättchen.
Brennnesselfrüchte
Die reifen Früchte können direkt von der Brennnessel abgestreift verzehrt werden. Das ist eine leckere und gesunde Knabberei, die mit essenziellen Fettsäuren auftrumpft. Zum kulinarischen Höhepunkt werden Brennnesselfrüchte in etwas Öl kross angebraten, mit Kräutersalz und Knoblauch abschmeckt und in leuchtend gelben Blütenkelchen von Nachtkerze und Kapuzinerkresse angerichtet.
Tipp: Lecker schmeckt auch eine Knabberei aus trocken gerösteten Brennnesselfrüchten gemeinsam mit Sesam.
Viel Spaß mit der üppigen Fülle der Sommerkräuter und guten Appetit!
(Text und Fotos: Monika Wurft)
10.8.2023
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Mehr Kräuterwissen gibt’s im Buch von Monika Wurft:
Monika Wurft, Mein Wildkräuterbuch, 2. Auflage März 2020, Ulmer-ISBN: 978-3-8186-1123-1
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