In letzter Zeit ist es etwas ruhiger geworden bei unserem Projekt „Wilde Sau“. Wir planen allerdings mit Hochdruck für die Zeit nach Corona. Doch es geht ja nicht nur um die Wilde Sau auf dem Teller, sondern auch um das Tier im Wald. Wie lebt es jetzt im Frühjahr und Frühsommer? Und wie kommt es dann doch wieder auf den Teller?
„Der Wilden Sau geht es sehr gut im Wald“, sagt einer, der es wissen muss: Thomas Hauck, Leiter des städtischen Forstamts Baden-Baden und unser enger Partner im Projekt. „Das Pflanzenwachstum ist in vollem Gange und es gibt genug zu fressen.“ Die ersten Frischlinge sind schon im Januar geboren und bereits fünf bis sechs Kilogramm schwer. Sie laufen mit der Mutter durch die Welt und lernen fürs Leben. Die Hauptzeit für Frischlingsgeburten war ungefähr im März. „Aber das hat sich verschoben. Man muss inzwischen das ganze Jahr mit neuem Nachwuchs rechnen“, erklärt Hauck.
Vom Frischling zum Überläufer
Solange die Kleinen ihre typische gestreifte Fellzeichnung haben, mit der sie im Unterholz gut getarnt sind, werden sie gesäugt und sind von der Mutter abhängig. Später verlieren sie die Streifen, nehmen eine einheitlich bräunlich-schwarze Haarfarbe an und sind dann unabhängig. Sobald „frische Frischlinge“ geboren sind, jagt die Mutter die Jungtiere vom letzten Jahr fort. In ihrem zweiten Lebensjahr heißen sie in der Jägersprache „Überläufer“. „In den ersten Wochen der Selbstständigkeit schließen sie sich zu Überläufer-Rotten zusammen und laufen noch etwas unbedarft herum“, lächelt Hauck. Das kommt dem Jagderfolg entgegen. „Wenn man die starke Populationsentwicklung betrachtet, muss man als Jäger jede Chance nutzen, ein Wildschwein zu erlegen, vom Frischling bis zum erwachsenen Tier“, macht der Forstamtsleiter deutlich. „Die Hauptjagdzeit ist zwar im Herbst und Winter, aber im Frühjahr lassen sich Frischlinge und Überläufer gut jagen.“
Die Wilde Sau ist schlau
Seit einigen Jahren gibt es keine Schonzeit für Wildschweine mehr. Nur Mutterbachen, die abhängige, also gestreifte Frischlinge haben, sind für Jäger tabu. „Die Leitbache ist übrigens ein Mythos“, klärt der Oberförster auf. „Neueste wildbiologische Erkenntnisse zeigen, dass sich die Rottenstruktur regelmäßig verändert. Es ist nicht immer so, dass nur eine Bache die Führung hat, sondern die Bachen und ihre Frischlinge teilen sich auch auf und kommen wieder zusammen.“
Zurzeit setzen die Jäger auf die Einzeljagd, also die so genannte Kirrjagd (an Mais-Futterstellen) und die Pirschjagd auf Wiesen und Feldern. Im Herbst und Winter finden Drückjagden mit Treibern und Hunden statt. Die Wildschweinjagd ist immer einer Herausforderung für die Jäger, denn die Wilde Sau ist schlau. „Gerade bei der Kirrjagd wissen die Wildschweine, dass es an den Futterstellen gefährlich ist“, erklärt Hauk. „Wenn eine Sau aus der Rotte herausgeschossen wird, dann merken sich das die anderen Wildschweine und wissen, dass sie diesen Standort meiden müssen. Sie werden vorsichtiger und kommen, wenn überhaupt, immer später, bis weit in die Nacht hinein.“ Zudem können Wildschweine zwischen Spaziergängern und Jägern unterscheiden. In Maisfeldern lassen sie oft zur Tarnung die äußeren Pflanzen stehen, während sie tiefer im Feld alles aufwühlen.
Wildschweinfleisch ist beliebt
Die Versorgung der Metzger und Gastronomen mit frischem Wildschweinfleisch ist gesichert. Wo ihr im Naturpark frische Wildprodukte bekommt, findet ihr hier auf unserer Homepage. „Die Vermarktung von Wildschweinfleisch war während des Corona-Lockdowns schwierig, insbesondere, weil wir nicht an die Gastronomie liefern konnten“, sagt Hauck, der berufsbedingt selbst jagt. „Inzwischen haben wir wieder eine deutlich gestiegene Nachfrage. Viele Menschen kaufen auch Schwarzwildprodukte für zu Hause ein. Wildschweinfleisch eignet sich hervorragend zum Grillen.“ Das Forstamt Baden-Baden verkauft sein Wildbret vor allem in der Geroldsauer Mühle an die Endverbraucher. Wildschwein ist inzwischen sehr beliebt. Dazu trägt auch die Kampagne „Wilde Sau“ bei. Auf unseren bisherigen Veranstaltungen und den Naturpark-Märkten waren Schwarzwildspezialitäten der Renner und oft schnell ausverkauft.
Weitere Informationen zur „Wilden Sau“ auf www.wilde-sau.net.
(Titelfoto: Neil Burton/Shutterstock, übrige Fotos: pixabay, Thomas Hauck)
4.6.2020