…mit dem Schwarzwald-Guide des Monats: Martin Grießhaber
Rund 100 Schwarzwald-Guides sind in unserem Naturpark unterwegs und bieten rund 250 der unterschiedlichsten Touren jährlich an. Wir stellen sie euch regelmäßig mit ihren attraktivsten Touren vor. Heute geht es um einen Tourentipp mit Martin Grießhaber aus Schramberg-Tennenbronn: eine nächtliche Sagenwanderung. Aber nicht nur.
Auf den einsamen Schwarzwaldhöfen hat sich über die Jahrhunderte hinweg ein reicher Schatz an Geschichten und Sagen entwickelt und erhalten. „Es gibt mehr davon, als ich dachte“, sagt der 57-jährige Schwarzald-Guide. „Beim Schmökern habe ich acht bis zehn Sagen aufgeschnappt und meine Sagenwanderungen darum herum gestaltet. „
Tourentipp Sagenwanderung
Bei einer Fackelwanderung tauchen die Gäste ein in die Gedankenwelt früherer Generationen, wo beispielsweise zwischen Weihnachten und Dreikönig die so genannten Raunächte eine ganz besondere Bedeutung hatten. „Ich habe regionale Geschichten aus Tennenbronn und Umgebung gesammelt und erzähle von dem Ochsengespann, das im Klosterweiher verschwand, vom Heuradieterie, vom Hartschierle oder dem Bluthund, der einen Schatz bewachte. Auch Geister sollen in Tennenbronn ihr Unwesen getrieben haben…“, macht Grießhaber neugierig.
Besondere Atmosphäre bei Fackelschein
Die Wanderung startet in der Abenddämmerung. Einen Großteil der Strecke legt der Guide mit seinen Gästen im Fackelschein zurück. Der Weg kann schneebedeckt und nur schlecht geräumt sein. Deshalb sind feste Schuhe und warme Kleidung unerlässlich. Die Originalschauplätze der Geschichten und Legenden sind nicht mehr bekannt, aber Grießhaber führt beim Erzählen über passende Locations, die das spannende Geschehen sehr wirklichkeitsnah veranschaulichen. „Die Tour startet im Ort und geht dann hinauf zu einer Kapelle. Dort sollte ihre Glocke nach St. Georgen abgeholt werden“ erzählt Grießhaber. Doch als man dort oben angekommen war, rollte sie den Berg hinunter. Man brachte sie wieder nach oben, doch beim zweiten Mal versank sie mitsamt Fuhrwerk, Mann und Maus im Klosterweiher.“ Auch auf dieser Sagenwanderung befindet sich ein Weiher am Fuß des Bergs und die Gäste können sich sehr gut vorstellen, wie sich alles zugetragen hat.
Natürlich hat der Schwarzwald-Guide im Fackelschein noch viel mehr Geschichten auf Lager und auch Geister tauchen darin auf. In diesem Jahr gibt es gleich nach Weihnachten, am 27. Dezember, noch eine Sagenwanderung. Anmeldung unter der Telefonnummer 07729 929288 oder per E-Mail: martin@griesshaber-family.de.
Eher zufällig Schwarzwald-Guide
Vor rund zehn Jahren hörte Martin Grießhaber zufällig von der interessanten Ausbildung bei der Volkshochschule und meldete sich an. „Zuerst wollte ich gar nicht Schwarzwald-Guide werden“, erinnert er sich. „Ich wollte einfach meinen Horizont erweitern und lernte vieles über die Region, was ich noch nicht wusste.“ Am Ende der Ausbildung mussten die Guides für die Abschlussprüfung zum zertifizierten Natur- und Landschaftsführer eine konkrete Tour vorbereiten und die Prüfer in der Praxis überzeugen. „Ich dachte: Mensch, jetzt habe ich so viel gelernt, jetzt will ich’s auch ausprobieren“, erzählt Grießhaber.
Da kam ihm die Neueröffnung des Tennenbronner Heimathauses gerade recht und er konzipierte eine heimatgeschichtliche Tour zu seinem Heimatort, denn Geschichte hat ihn schon immer interessiert. Die Reformation hat in Tennenbronn zu verzwickten Verhältnissen geführt: „Es gab Grenzen mit Grenzsteinen zwischen katholischen und evangelischen Teilen des Orts. Das hat für lange Zeit auch eine sinnvolle Infrastruktur verhindert. Wir hatten zwei Rathäuser und heute noch gibt es zwei Friedhöfe und zwei Musikvereine aus dieser Tradition heraus“, erklärt der Guide.
Touren auf Burgen
Sein Geschichtsinteresse war auch der Anlass für sein nächstes Tourangebot: Burgen. „Ich habe nach und nach drei, vier Burgen in unserer Umgebung ins Visier genommen, deren Geschichte studiert und Touren dazu ‚gebastelt'“, lächelt der 57-Jährige. Seine Tour „Wir stürmen die Burg Hohenschramberg“ ist zum Beispiel besonders für Familien mit Kindern attraktiv. Sie beginnt in der Stadt und die Gäste wandern von der Gegenwart ins Mittelalter. Am Ende wird die Burg „erstürmt“. Auch die Burgruinen Ramstein, Falkenstein und Berneck gehören zu seinem Repertoire.
„Bauer Anton“ und die Mühle
Kinder sind eine wichtige Zielgruppe für Grießhaber. Ihnen möchte er vermitteln, wie das Leben früher war und dass vieles, was heute selbstverständlich ist, in alten Zeiten mühsam war. Das veranschaulicht er auf seiner Tour „Vom Korn zum Mehl“. In Tennenbronn gibt es eine alte Bauernmühle, die „Wiesenbauernmühle“, die zur Schaumühle ausgebaut wurde. Grießhaber schlüpft in die Rolle des „Bauern Anton“ und zeigt zunächst, wie Korn mit der Sense gemäht wurde. Die kleinen und großen Gäste können mit Dreschflegeln selbst ausprobieren, wie der Weizen von der Spreu getrennt wurde. „So bin ich auch noch Hobbymüller geworden. Nein, kein Müller“, korrigiert er sich selbst gleich, „denn Müller ist ein Lehrberuf. Ich bin einfach derjenige, der die Mühle vorführt.“ Grießhaber ist es ein Anliegen, vor allem Kindern klarzumachen, dass Nahrungsmittel einen Wert haben, wie aufwändig es war, Brot herzustellen und dass es nicht einfach aus dem Supermarkt kommt.
Auf den Auerhahn gekommen
Vor über hundert Jahren gab es in Tennenbronn noch so viele Auerhähne, dass sogar Kaiser Wilhelm II. zur Jagd auf die prächtigen Vögel in den Schwarzwald kam. Heute stehen sie in der Region vor dem Aussterben und sind strengstens geschützt. In und um Tennenbronn herrschen zwar recht gute Lebensbedingungen für den größten Hühnervogel Europas, aber leider lassen sie sich hier seit Langem nicht mehr sehen. „Wir wollten unsere Gemeinde weiterentwickeln und einen zertifizierten Wanderweg einrichten“, erzählt Grießhaber. Und so entstand der Auerhahnweg als Premiumwanderweg und Schwarzwälder Genießerpfad, der im April 2018 eröffnet wurde. Dies war der Aufhänger für Grießhabers nächste Tour. Er recherchierte im fürstlichen Archiv, sprach mit vielen Experten und eignete sich Fachwissen übers Auerhuhn an. „Normalerweise braucht es keine Führung auf einem Weg, der so gut mit Informationsschildern ausgestattet ist“, sagt der Schwarzwald-Guide. „Aber ganz ohne Tourangebot durfte es nicht bleiben. Und so biete ich Touren an, bei denen ich lebensgroße Auerhahnatrappen im Wald verstecke, auch um zu zeigen: Der Auerhahn macht nicht immer seine spektakulären Balzveranstaltungen und schlägt sein Rad, sondern sieht ‚im Alltag‘ ganz anders aus.“ Die Tour „Auf geht’s zur Auerhahnjagd“ führt zu einzelnen Stationen des Auerhahnwegs, aber auch über die AugenBlick-Runde und abseits davon.
Schwarzwald-Guide, Programmierer, Musiker
Im richtigen Leben ist Martin Grießhaber Programmierer in einem Nischenbereich. Er befasst sich mit programmierbaren Logikbausteinen bei einer Firma in Schramberg, die Laser für die Materialbearbeitung herstellt. In seiner Freizeit musiziert er viel mit seiner Familie und tritt oft mit ihr auf. Er und seine Frau spielen Akkordeon, die Tochter ist Klarinettistin. „Unser Herz schlägt für alte Volksmusik, besonders die ‚Oberab-Tänze'“. Zur Erklärung: „Oberab“ heißt auf Badisch „von oben herab“. Grießhaber erläutert es noch genauer: „Die Musik war im Mittelalter von der Obrigkeit, also von ‚oberab‘, verboten wegen Unsittlichkeit, wurde aber später von oben herab auch wieder erlaubt.“ Die Familie ist auch Mitglied im Trachtenverein St. Georgen und spielt bei vielen Festen auf, so auch beim Trachtentag in Schramberg.
Am liebsten hält sich der vielseitige Schwarzwald-Guide in seiner Heimat an Plätzen auf, wo sonst niemand hinkommt: einsame Felsen mit Aussicht, um die Seele baumeln zu lassen.
Sagenwanderung in Tennenbronn
Wann? Freitag, 27. Dezember 2019, 17 Uhr
Wo? 78144 Schramberg-Tennenbronn, Region Rottweil
Treffpunkt: Vorplatz des Rathauses, Hauptstraße 23 in Schramberg-Tennenbronn
Anmeldung und nähere Info: Telefon 07729 929288
E-Mail: martin@griesshaber-family.de.
Web: http://www.griesshaber-family.de/, Schwarwald-Guide-Portal
Länge der Tour: 5 km
Dauer der Tour: 2 Stunden
Alle Schwarzwald-Guide Termine findet ihr hier, ab Anfang 2020 auch die Touren fürs neue Jahr.
(Fotos: Martin Grießhaber, Stefan Dangel/Naturpark)
3.11.2019